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Prophetengift: Roman

Prophetengift: Roman

Titel: Prophetengift: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nick Nolan
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sind absolut wahr. Nicht alles, was wir predigen, basiert auf einer Lüge.«
    »Sie geben es also zu!«, rief Tess aus. »Vieles von dem, was Sie vertreten, ist unwahr.«
    »Und ... ich gehe.« Sebastian drehte sich um und trat zu seiner Reisetasche, die auf dem Boden lag.
    Mit einem selbstgefälligen Ausdruck im Gesicht schaute Tess Libby an.
    Libby warf ihr einen missbilligenden Blick zu. »Müssen Sie schon so bald aufbrechen?«, fragte sie Sebastian.
    »Ja«, warf Tess ein, »muss er.«
    »Ich mache es Ihnen nicht zum Vorwurf«, sagte Sebastian zu Tess und griff nach seiner Reisetasche, »dass Sie nicht an meine Arbeit glauben. Manchmal fällt es mir selbst schwer, das alles zu glauben.«
    »Tatsächlich«, erwiderte Tess, die auf dem Weg zum Büro war. »Sie bekommen Ihre Karte gleich zurück – vorausgesetzt, alle Handtücher sind noch da.«
    Libby stand auf, um ihn zur Tür zu begleiten. »Wenn es in Sausalito nicht so klappt, wie Sie sich das vorgestellt haben – wir sind hier«, sagte sie mit besorgtem Blick zu Sebastian. »Wirklich.«
    »Ja, danke«, murmelte er und fischte seine Schlüssel aus der Tasche.
    Ihre Hand schoss hervor und packte ihn am Arm.
    »Was ist?« Er zuckte zurück, aber Libby hielt ihn nur noch fester und ihre blauen Augen musterten ihn forschend. »Ich meine es ernst«, sagte sie. »Sie wirken viel zu nervös für einen jungen Mann in Ihrem Alter. Sie sind schreckhaft wie ein Kaninchen und irgendetwas beschäftigt sie offenbar. Ich glaube, Sie befinden sich in einer Krise, und ich würde Ihnen gerne helfen.« Sie ließ seinen Arm los und drückte sanft seine Hand. »Manchmal hilft ein Gespräch.«
    »Ich muss jetzt wirklich los«, sagte Sebastian hastig zu Libby und zu Tess, die noch im Büro war. »Aber danke. Ehrlich.«

    Etwas später fuhr er weiter Richtung Norden auf dem kurvigen Highway 1, links den glitzernden kobaltblauen Ozean, rechts die schroffen, zerklüfteten Berge. Er hatte das Schiebedach geöffnet, die manuelle Einstellung gewählt und die Fenster geschlossen, um den V8-Motor besser hören zu können, wenn er durch die engen Kurvenfolgen wedelte. Wegen der Überzahl langsamerer Fahrzeuge – Mietwagen vollgestopft mit Touristen und schwerfällige, von Rentnern mit schwachen Augen gesteuerte Wohnmobile – ließ er das Fernlicht an und stellte fest, dass schon ein kurzes dichtes Auffahren die übrigen Verkehrsteilnehmer ermutigte, in Richtung Standspur auszuweichen, sodass er vorbeirasen konnte.
    Aber als Schilder auftauchten, die Carmel-by-the-Sea anpriesen, fiel ihm ein, dass er ganz vergessen hatte, Coby anzurufen, um seine Ankunft anzukündigen.
    Er hielt in der nächsten Parkbucht, zog sein neues iPhone aus der Konsole, holte Cobys Nummer aufs Display und drückte auf die grüne Anruftaste. Er ignorierte die Freisprechanlage, drückte sich das Telefon ans Ohr und lauschte.
    Es klingelte lange, dann wurde er mit Cobys Mailbox verbunden.
    Sebastian wartete.
    »Hi Coby, ich bin’s, Sebastian. Ich bin gleich in San Francisco, also sag Bescheid, ob du da bist. Ich brauche einen Platz, wo ich für ein paar Nächte pennen kann. Ruf mich an, Digger, und sag Bescheid, ob das okay ist.«
    Als er den Anruf beendete, kam der buntstiftblaue Mustang mit Faltdach, den er vor ungefähr einer Meile überholt hatte, laut hupend vorbeigerast.
    Der Fahrer zeigte ihm den Stinkefinger.
    Sebastian schaute in beide Spiegel und drückte aufs Gaspedal. Gerade als er wieder dicht auf der Stoßstange des Mustangs aufsaß, klingelte sein Telefon.
    Er schaute auf das Display: Coby. Er verlangsamte das Tempo und nahm den Anruf an. »Cobes?«
    »Hi Sebby, schön, von dir zu hören, Digger. Was läuft ’n so?«
    »Ich brauchte mal Urlaub, und da dachte ich, ich guck mal, ob du da bist. Bist du der Sache gewachsen?«
    »Oh Mann, ich wünschte, ich hätte gewusst, dass du kommst! Ich bin gerade auf dem Weg zum Flughafen, aber ich bin in ein paar Tagen zurück, am ... Freitag. Komm doch dann vorbei, und wir machen einen los. Okay?«
    Sebastian zögerte. »Kein Problem.« Er achtete darauf, sich die Enttäuschung nicht anmerken zu lassen – was nicht weiter schwer war, solange er weiter Cobys Jugend-Slang nachplapperte. »Freitag wäre cool. Ich such mir einfach was, wo ich bis dahin abhängen kann.«
    »Was ist denn los? Ist irgendeine Schnecke hinter dir her und will Unterhalt für ihr Kind?«
    Er brachte ein Lachen zustande. »Zu Hause ist Zoff und ich brauchte mal etwas Abstand. Ich

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