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Prophetengift: Roman

Prophetengift: Roman

Titel: Prophetengift: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nick Nolan
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den Scharen attraktiver Frauen und Männer, mit denen er angeblich ins Bett gegangen war, oder an seiner zweifelhaften Behauptung, einer neuen Spezies Mensch anzugehören, sondern am dramatischen Schwarz-Weiß-Foto seiner Mutter, die in einem schmalen weißen Sessel posierte. Die Bildunterschrift lautete: »Coole, coole Kitty Black«.
    Das Gesicht der Frau ließ tief in Chuck eine Saite anklingen.
    Er fasste das Foto genauer ins Auge, kam aber nicht darauf, wo er sie schon mal gesehen hatte. Also stiefelte er die Treppe hinunter zu dem Computer, der von allen Hausbewohnern benutzt wurde – er stand in einer Ecke des Wohnzimmers, damit die hausansässigen Sexsüchtigen ihre spezielle Form von Abstinenz nicht brechen konnten –, und gab bei Google »Kitty Black« ein.
    Seite um Seite bot wenig schmeichelhafte Anekdoten, Klatschgeschichten und Spekulationen, aber kaum Fotos von der Frau. Also gab er ihren Namen noch einmal bei Google Images ein.
    Eine Nanosekunde später starrte Chuck auf das älter gewordene, aber immer noch schöne Gesicht eines Mädchens, das er vor vielen Jahren einmal auf einer Party getroffen hatte – nur dass sie damals nicht Kitty hieß, sondern ... Katie . Ja, Katie. Sie hatten den Abend damit zugebracht, sich mit Zimtschnaps zuzudröhnen, der schmeckte wie Lavoris-Mundwasser. Chuck war echt nervös gewesen und hatte kaum glauben können, dass er wirklich eine Chance bei einem so hübschen Mädchen haben
sollte. Später hatten sie etwas hawaiianischen Hasch aus einer Wasserpfeife geraucht und der Rest der Nacht war nur noch wie ein ausgelassener, lebhafter Taumel gewesen. Doch egal, wie hinüber er gewesen war oder wie viele Jahre inzwischen vergangen waren, den Augenblick, als er und Katie kichernd in ein leeres Schlafzimmer getorkelt waren und die Tür hinter sich geschlossen hatten, hatte er nie vergessen.
    Obwohl die kurze Zeit, die sie miteinander verbracht hatten, sehr schön gewesen war, hatte er nie versucht, sich danach bei Katie zu melden. Er hatte damals eine feste Freundin, er kannte Katies Nachnamen nicht und zudem hatte er sich gedacht: Wenn sie wieder nüchtern ist, will sie bestimmt nichts mit einem hochgewachsenen, ausgeflippten, arbeitslosen Surfer zu tun haben.
    Und wenn man bedachte, in welchen Kreisen sie sich jetzt bewegte, hatte er damit wohl goldrichtig gelegen.
    Also das war die kleine Katie? Er lächelte das Foto an. Sie hatte es ja ziemlich weit gebracht im Leben.
    Er drückte seine Kippe im Aschenbecher aus und stiefelte, Zeitschrift in der Hand, in die Küche hinunter, um Hank bei der Zubereitung des Abendessens zu helfen – sie waren heute mit Kochen dran.

8
    Donnerstagmorgen
     
    Sebastian hatte kaum geschlafen. Gedanken, Sorgen und Reue gingen ihm im Kopf herum wie auf einem Hamsterrad. Als die ersten Vögel zu zwitschern begannen – noch bevor der Himmel heller wurde –, sank er dann in einen tiefen Schlaf. Ihm träumte, er fuhr mit einem knatternden Moped eine unbefestigte Straße entlang, an hohen, belaubten Maispflanzen vorbei ... er hielt vor einem weißen, zweistöckigen Bauernhaus mit hohem Giebeldach und einer breiten, freundlichen Veranda ... eine stämmige alte Frau in einem langem Kleid mit Schürze trat aus der Tür und winkte ihm zu. Oma!
    Das Zimmer war von Licht erfüllt. Zeit zum Aufstehen.
    Fluchend stützte Sebastian sich auf den Ellbogen auf, gähnte und studierte den sonnendurchfluteten Raum, in dem er sich befand.
    Die »Curcio-Suite« war eigentlich nur ein Schlafzimmer mit großzügigen Fenstern und einem Blick auf den ruhigen Ozean, der ihm von seinem Bett aus den Eindruck vermittelte, auf einem Schiff auf hoher See aufzuwachen. Die Wände waren mit Kiefernholz getäfelt und die Rahmen der vorhanglosen Fenster waren buttergelb gestrichen. Auf dem Dielenboden lag eine Ansammlung verblichener bunter Flickenteppiche, auf denen Maxi – den er in der Nacht vom Bett geschubst hatte – zusammengerollt lag und aussah wie eine missgelaunte Pelzmütze.
    Noch ganz verschlafen schwang Sebastian die Beine aus dem hohen Bett. Er stand auf, streckte sich und tapste zur Fensterfront hinüber. Als seine schlafmüden Augen das Panorama vor sich aufnahmen – die felsige Steilküste am östlichen Ende der Bucht, den zerfallenden Pier im Westen und den fernen Silberfaden des Horizonts, der Himmel und Erde teilte – umwölkte sich plötzlich sein Blick und er sah Libby und Tess in einem Zimmer. Dem Sprechzimmer eines Arztes.
    Sie hielten

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