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Prophetengift: Roman

Prophetengift: Roman

Titel: Prophetengift: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nick Nolan
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hielt mit kreischenden Bremsen. Ein Mann und eine Frau stiegen aus und eilten zur Hilfe. Ein halb betäubter Mann, der sich den Schädel rieb, kletterte aus dem Unfallwagen, der noch auf der Straße stand. Jemand rief etwas. Sebastian sah etwas auf der Straße liegen – es war ein junger Mann mit dunklem Haar. Er war aus dem Auto katapultiert worden und schwer verletzt. Doch der andere Mann, der im Wrack eingeklemmt war, war dem Tode nahe. Sein Kopf hing nach hinten – viel zu
weit nach hinten –, als würde er in die Wolken schauen. Sein blonder Kopf war links ganz voller Blut. Ein altmodischer weiβer Kombi mit Holz an der Seite hielt mit kreischenden Bremsen. Zwei Männer sprangen aus dem Wagen. Der Mann in dem Wrack stieß ein letztes Keuchen aus und war still.
    Wie betäubt von der Vision ließ Sebastian sich zurück auf die Bettkante sinken.
    Die Unfallszene löste sich langsam auf, wie ein Wölkchen Zigarettenrauch in einem geschlossenen Raum.
    »Was ... zum Teufel ... war das denn?«
    Er rieb sich die Augen und kratzte sich an der Brust.
    Als er die Orientierung zurückgewonnen hatte und seine Augen nicht länger getrübt waren, ging er erneut durchs Zimmer, griff nach seinem iPhone und las die E-Mail von Kitty:

    Wenn du in 24 Stunden immer noch nicht wieder da bist, gebe ich ihn zurück.

    Er öffnete den Anhang. Das winzige Glas-Display wurde hellrot wie Nagellack. Sebastian stellte die Bildgröße neu ein. Und sah ein geflügeltes Silberemblem mit zwei sehr berühmten, wohlklingenden Namen: Aston Martin.
    Sein Herz hämmerte. Augenblicklich sah er sich selbst hinter dem Steuer dieses fantastischen Sportwagens sitzen: Die lange rote Motorhaube erstreckte sich vor ihm, hinter ihm röhrte der Auspuff, der Wind strich über sein Gesicht, das Auto nahm die Kurven, als wären seine Räder an Achterbahnschienen befestigt, und aus dem Lautsprecher dröhnte Sebastians Lieblingssong von Coldplay.
    Er schaute sich das Foto noch einmal an, um festzustellen, ob sein neuer Wagen bereits Chromfelgen hatte, und überlegte gleichzeitig, für wann am heutigen Nachmittag er Kitty sein Eintreffen ankündigen sollte. Aber als er anfing, seine Nachricht an
sie einzutippen, verschwamm wieder alles vor ihm und er sah, wie verschiedene Personen versuchten, eine schlaffe Gestalt aus dem Wrack am Straßenrand zu ziehen.
    Wieder überkam ihn dieses schwächende Gefühl wie von Reisekrankheit: Übelkeit im Magen und hämmernde Kopfschmerzen zu gleichen Teilen. Er packte den Bettpfosten, um sich zu stützen.
    Habe ich gerade die Zukunft gesehen ... oder die Vergangenheit?
    Wie auch immer, er wusste, es hatte nichts Gutes zu bedeuten.
    Nach einigen Minuten des Nachdenkens griff er wieder nach dem iPhone:

    Ich kann jetzt nicht nach Hause kommen. Bring ihn zurück, wenn’s sein muss. Tut mir leid.

    Kitty lächelte. Sie war nach ihrer zweiten Tasse Kaffee zu ihrem Laptop zurückgekehrt, in der Erwartung, eine begeisterte Antwort Sebastians auf ihre frühmorgendliche Mail vorzufinden. Sie war aufgeregt, denn sie ging davon aus, dass er bereits auf dem Weg nach Hause war, begierig, seinen Preis in Empfang zu nehmen, der momentan unten in der Tiefgarage stand, glänzend unter den Leuchtstoffröhren, von anschmachtenden Angestellten umhegt.
    Mit Erleichterung stellte sie fest, dass Sebastian fast sofort auf ihre Nachricht mit dem Foto von sich hinter dem Steuer des Wagens geantwortet hatte.
    Sie klickte die Nachricht an, musste seine Antwort dann aber zweimal lesen, bevor sie begriff, was da stand. »WAS?«, brüllte sie ins leere Penthouse. »Habe ich etwa dieses blöde Auto wegen nichts und wieder nichts gekauft?« Und dann traf sie eine
weitere Erkenntnis, die noch mehr schmerzte als der Verlust ihres geliebten Geldes: Er hasst mich. Er kann es nicht ertragen, in meiner Nähe Zu sein.
    Der Gedanke versetzte ihr einen Stich, aber Kitty unterdrückte das Gefühl, las Sebastians Antwort ein letztes Mal und ließ dann das Ortungssystem in seinem iPhone feststellen, wo er sich gerade aufhielt.
    Er bleibt, wo er ist. Das verschafft mir ein wenig Zeit, und ich kann mir überlegen, wie ich am besten vorgehen soll.

    Viel später, als sie ihren zweiten Martini schlürfte und sich lustlos eine Wiederholung der Sitcom Alle lieben Raymond ansah, senkte sich eine Eingebung auf sie herab, als hätte Gott selbst ihr ins Gesicht geschlagen.

29
    »Ich habe eine Sea Ray von siebenundzwanzig Fuß«, sagte die sonnengegerbte alte Frau – die

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