Prophetengift: Roman
anfühlt, als wären wir, na ja, miteinander verwandt.«
Kitty lachte. »Das haben Sie also vor?«
Chuck spürte, wie er wütend wurde. »Du weißt, dass ich einen DNA-Test verlangen könnte, und wie ich höre, sind die Tests heutzutage ziemlich treffsicher.«
»Und wen genau könnten Sie fragen? Sebastian ist über achtzehn, also müsste er einem solchen Test zustimmen – was er ohne meine Einwilligung aber nie tun würde.«
»Dann vergiss, dass ich’s je erwähnt habe.« Chuck nippte an seinem Kaffee. »Ich weiß nur einfach nicht, was ich sonst tun soll. Es ist eine völlig bizarre Situation, mit der ich, na ja, nicht gerechnet habe.« Er blickte auf den zerkratzten weißen Kaffeebecher zwischen seinen Händen und drehte ihn nervös herum.
»Mal angenommen« – Kitty nahm ihre Brille ab – »ich würde Ihnen erlauben, sich mit meinem Sohn zu treffen.«
Chuck blickt auf. »Ja?«
»Wenn ich das täte, müssten Sie sich allerdings an einige strenge Richtlinien halten.«
»Tatsächlich?« Chuck blickte sie forschend an, wobei seine petersiliengrünen Augen mit den tiefen Ringen ein wenig hervortraten. »Zum Beispiel? Ich würde beinahe alles tun, was du von mir verlangst.«
Kitty trank noch einen Schluck Wein. »Wir haben da ein kleines Problem, Mr Niesen. Es gibt nämlich ein von der Öffentlichkeit akzeptiertes Geheimnis um Sebastians Vaterschaft ... und wenn Sie letztens mal in den Spiegel geblickt haben, dürften Sie erkennen, dass Sie wohl kaum wie ein Mann aussehen, der den großartigen, begabten, erstaunlichen Sebastian Black gezeugt haben könnte. Bevor wir also unser Gespräch über dieses Thema fortsetzen, müssen Sie diese Geheimhaltungsvereinbarung unterschreiben.« Sie zog ein gefaltetes Blatt Papier aus der Handtasche und reichte es ihm, dazu einen dicken goldenen Kugelschreiber. »Darin steht, dass Sie unter gar keinen Umständen an die Presse gehen oder irgendjemandem sonst auf diesem
Planeten ein Sterbenswörtchen über unser Gespräch sagen dürfen, einschließlich jedweder Information, dass Sie möglicherweise Sebastians Vater sein könnten.«
Chuck ignorierte das Papier in Kittys Händen. »Ich erinnere mich nicht, in diesem Vanity-Fair -Artikel etwas darüber gelesen zu haben, wer Sebastians Vater ist. Ist er Superman oder ein Außerirdischer oder so was Ähnliches?«
»Sagen wir einfach, dass ich in der Hinsicht stets absichtlich vage geblieben bin«, entgegnete Kitty und ließ den Vertrag auf den Tisch fallen. »Aber meine Stellungnahme für die Öffentlichkeit wird lauten, dass der Vater ein spirituell Erleuchteter mit erstaunlichen körperlichen Attributen war – und deshalb imstande, meinen Sohn mit solch außergewöhnlichen Fähigkeiten auszustatten.«
»Das ist doch ausgemachter Unsinn«, erwiderte Chuck und lachte. »Sebastian sieht genauso aus wie ich in seinem Alter, bis hin zu der Haar- und Augenfarbe. Und sein Alter – ich habe es auf dieser Internetseite Wikipedia nachgeschaut – führt direkt zurück zu jener wunderbaren Nacht, die wir gemeinsam verbracht haben.«
»Sie sind nicht der Vater meines Sohnes«, entgegnete Kitty. »Das muss zwischen uns klar sein.«
»Du lügst. Das sehe ich doch.«
»Ich bin völlig aufrichtig«, gab Kitty zurück und griff nach ihrer übergroßen Louis-Vuitton-Handtasche. »Und wenn Sie die Vereinbarung hier nicht unterschreiben, dann gehe ich.«
»Hey, bleib doch«, sagte Chuck flehend. »Du bist von so weit gekommen, um dich mit mir zu treffen, dafür muss es doch einen wichtigen Grund geben.«
Kitty kniff die Augen zusammen, legte ihre Handtasche auf den Tisch und zog den Reißverschluss auf. »Wie viel wollen Sie? Ist das der Grund, weshalb Sie nicht unterschreiben wollen?«
»Hey, ich will dein Geld nicht«, protestierte Chuck, obwohl ihm der Gedanke durchaus gekommen war. »Es ist nur so: Nach meiner Festnahme hat mein Pflichtverteidiger mir eingeschärft, nur etwas zu unterschreiben, wenn er dabei ist.«
»Alle wollen mein Geld! Meine Anwälte, meine Hypothekenbanken, mein Friseur und alle anderen, mit denen ich in Kontakt komme, einschließlich der Obdachlosen an den Straßenecken. Entschuldigen Sie also bitte, wenn ich Ihre Aufrichtigkeit anzweifle.«
»Weißt du, Katie«, begann Chuck, »wenn du ehrlich in dieser Sache wärst, bräuchte ich nur mal vertraulich mit meinem Jungen unter vier Augen zu sprechen, und dann würde ich vielleicht verschwinden. Vielleicht will er auch gar nichts mit mir zu tun haben,
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