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Prophetengift: Roman

Prophetengift: Roman

Titel: Prophetengift: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nick Nolan
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einfach ...«
    »Aber was mich am meisten ärgert«, fuhr Reed fort und sah ihn wütend an, »wenn ein Mann mir keine einzige Frage über mich stellt, dann geht das über schlechte Manieren hinaus. Denn in Wirklichkeit heißt das, ich bin ihm schlicht egal. Irgendwie bin ich nicht die Mühe wert, dass er mir wenigstens ein paar höfliche Fragen stellt, und er ist nicht bereit, auch nur eine Sekunde lang so zu tun, als wäre ich intelligent oder witzig genug, seinen endlosen Monologen etwas hinzufügen zu können. Und das macht mich so wütend!«
    »Ich ... verstehe dich.«
    »Du weißt, dass es sich gut anfühlt, wenn jemand Interesse an deinem Leben zeigt. Richtig?«
    Sebastian nickte. »Natürlich.«
    »Warum kann dann ein Mann – vor allem einer, der angeblich Gedanken lesen kann – nicht begreifen, dass Frauen oder zumindest diese Frau«, sie zeigte mit dem Daumen auf ihre Brust, »es gern hat, dass man ihr auch mal ein, zwei Fragen über sie selbst stellt? Wieso?«.
    »Ich habe das Gefühl«, sagte Sebastian leise, »dass es hier nicht nur um mich geht.«
    Reed blickte ihn schuldbewusst an und seufzte. »Du hast recht. Es ist nur so, dass ich mich vor einer Woche von meinem Freund getrennt habe und irgendwie ... wütend auf mich bin, dass ich es so lange mit ihm ausgehalten habe. Aber du musst ja wohl trotzdem zugeben, dass du dich hier draußen ziemlich dicke gemacht hast.«
    »Stimmt, das habe ich.« Er lachte. »Also, was war mit diesem Typen?«
    »Ich möchte nicht darüber sprechen.«
    »Bitte.« Er hob die Brauen. »Ich möchte es wissen.«
    Reed blickte zum Horizont und trank einen großen Schluck aus ihrer Wasserflasche. »Es gab da eine andere.«
    »Und wie heißt sie?«
    Reed sah ihn an. »Lindsay. Sie ist seine neue Chefin bei Google.«
    »Oh.« Er lachte. »Dass man einer ›Lindsay‹ nicht trauen kann, weiß doch jedes Kind.«
    »Was sagt eigentlich deine Religion über Menschen, die anscheinend niemand finden, den sie lieben können? Oder ist das ewige Alleinsein das unausgesprochene schmutzige Geheimnis dieses kommenden Massensterbens?«
    »Möchtest du das wirklich wissen? Ich habe nämlich jetzt irgendwie Angst, irgendetwas zu sagen.«
    Reed sah ihn an lächelnd an. »Ich habe dich gefragt. Jetzt hast du deine Chance.«
    »Wir glauben«, sagte er, »dass es dort draußen für jeden jemanden gibt, aber man vielleicht im Leben nicht nur mit einem Menschen zusammen sein sollte. Ich meine, man schaue sich doch nur mal an, wie viele Ehen geschieden werden und wie viel Untreue es unter Eheleuten gibt – selbst diese alten weißen Senatoren bei den Republikanern, die ständig über Familienwerte faseln, betrügen doch ihre Ehefrauen. Wie es scheint, ist Monogamie wider die menschliche Natur.«
    »Ich bin da völlig anderer Meinung«, erklärte Reed. »Ich finde, Treue ist in einer Beziehung absolut notwendig, ob man nun bisexuell, hetero, schwul oder lesbisch ist. Natürlich kommt es vor, dass andere Menschen einen in Versuchung führen, aber das gilt doch in vielen Lebensbereichen. Wenn ich eine große Tüte Nacho-Doritos, einen Vanille-Milchshake oder Zwiebelringe auf der Speisekarte im Jack in the Box sehe – glaubst du, ich würde da nicht gern futtern, bis ich platze? Aber ich weiß: Wenn ich es tue, werde ich fett, darum halte ich mich zurück und esse nur so viel, wie ich brauche. Und ähnlich muss es auch zwischen Mann und Frau – oder Lebenspartnern – zugehen, glaube ich.«
    »Interessant.« Er blickte sie an. »So habe ich das noch nie gesehen.«
    »Das liegt daran, dass du ein Mann bist, und Männer können essen, was sie wollen – zumindest bis sie dreißig sind. Oh!« Reed blickte auf ihre Armbanduhr. »Jetzt muss ich aber los.«
    »Ich habe gewusst, dass du das sagst.«
    »Hast du ... meine Gedanken gelesen?«
    »Ich habe auf die Uhr gesehen«, sagte Sebastian, drehte sein Handgelenk hin und her und zeigte ihr seine Rolex. »Und es ist schon nach zwei.« Er stand vom Tisch auf, trat zur Ankerkette und zog den Anker aus dem Wasser, so mühelos, als handele es sich um einen nassen Karton Müsli. »Aber ich möchte es wiedergutmachen«, sagte er über die Schulter gewandt, »und dir beweisen, dass ich in Wirklichkeit ein guter Gesellschafter bin. Einverstanden?«
    Reed zuckte die Achseln. »Ich überleg’s mir.«
    »Also vielleicht«, sagte er, während er an ihr vorbeiging, sich die Hände an den Jeans abwischte und den Steuerstand betrat, um die Motoren anzulassen,

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