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Prophezeiung

Prophezeiung

Titel: Prophezeiung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sven Böttcher
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Gerrittsen einigermaßen vage als Mitarbeiter der Geschäftsleitung.
    Mavie schüttelte Hände, lächelnd, und die Herren erwiderten das Lächeln ökonomisch. Bis auf Beck, der Mavie unverhohlen ablehnend musterte.
    »Thilo wird Sie unter seine Fittiche nehmen«, sagte Gerrittsen, und Becks Blick wurde noch ein bisschen finsterer. »Aber natürlich werde auch ich mich um Sie kümmern. Sofern meine Zeit es erlaubt.«
    »Architektur?«, fragte Mavie und ließ ihr Lächeln zwischen Beck und Gerrittsen hin und her pendeln.
    »Ja«, sagte Gerrittsen. »Auch ein Universalgenie braucht irgendeinen Titel. Und Institutsleiter war schon vergeben.«
    Die Herren lachten. Sogar Beck lachte höflich mit. Aber mit dem Blick, den er dabei mitten in Mavies Augen abfeuerte, hätte man den Rest von Grönland im Vorbeigehen eisfrei bekommen.

[Menü]
    4 Nach drei Tagen unter Thilo Becks sogenannten Fittichen gab Mavie die Hoffnung auf, den arroganten Rollkragenpullover mit irgendetwas gnädig stimmen zu können. Er reagierte nicht auf Höflichkeit, nicht auf intelligentes Nachfragen, nicht auf ihre dezenten Hinweise, sie habe zeit ihres Studienlebens keinen Repetitor gebraucht, sondern sei immer die Beste ihres Jahrgangs gewesen, und es beeindruckte ihn erst recht nicht, und zwar nicht im Geringsten, dass der große Fritz Eisele große Stücke auf sie hielt.
    Am ersten Tag hatte Mavie noch geduldig gelächelt und ihn sehr höflich darauf hingewiesen, sie brauche keinen kompletten Grundkurs für Idioten in Sachen Klimamodelle und Geoengineering, aber das hatte Beck offenbar erst recht davon überzeugt, dass sie außer guten Zähnen nichts im Kopf hatte, denn seine Ausführungen waren von da an noch ein gutes Stück gründlicher und langatmiger geworden. Ihr Job, erfuhr Mavie, würde zunächst darin bestehen, Datensätze zu überprüfen. Das klang ungefähr so anspruchsvoll wie »Kaffee kochen«, und am Abend des zweitenTages fragte sie Beck, ob das IICO für derartige Tätigkeiten keine Praktikanten habe.
    Er beantwortete die Frage mit einem dünnen Lächeln. Mehr musste er auch nicht tun, um Mavie klarzumachen, wofür er sie hielt.
    Den dritten Tag verbrachte sie im langweiligsten Teilbereich der langweiligsten Datenbank, die sie je gesehen hatte, einem Teilbereich, in dem Siebzigerjahre-Klimadaten aus dem Großraum Bonn erfasst worden waren; Niederschlagsmengen, Tages- und Nachttemperaturen, Wind, Luftdruck. Sie fand keinen einzigen Fehler. Jedenfalls nicht in den Daten. Aber sie vermutete einen in ihrem Leben, und der hieß, sofern nicht ein Riesenmissverständnis vorlag, IICO .
    Am Abend trat sie an Becks Schreibtisch, verschränkte die Arme vor der Brust und sagte, ohne zu lächeln: »Wir müssen reden.«
    »Worüber?«, sagte Beck, ohne den Blick von seinem Display zu wenden.
    »Über meine Aufgabe.«
    »Qualitätssicherung. Wird unterschätzt, ist aber essenziell.«
    »Ohne Frage. Ich mach’s auch gern weiter, sofern ich neben meiner eigentlichen Tätigkeit dazu komme. Aber dazu brauche ich ein paar grundsätzlichere Ausführungen. Sollte Fritz Eisele mich als Mädchen für die Qualitätssicherung empfohlen haben, müsste ich nämlich mal ein ernstes Wort mit ihm sprechen.«
    Beck sah sie kurz an und wieder auf das Display. »Ich sehe seine schuldbewussten Sorgenfalten förmlich vor mir.«
    Mavie atmete tief ein und gründlich wieder aus. »Was soll das?«, sagte sie.
    »Was?«
    »Das. Hab ich irgendwas verpasst? Kennen wir uns von früher oder aus einem früheren Leben? Und hab ich dich unwissentlich verletzt oder schwer beleidigt? Was hab ich gemacht? Deine Katze überfahren? Deine Sartre-Sammlung versehentlich in Brand gesetzt?«
    Für einen Augenblick dachte sie, er werde sie anschnauzen oder, schlimmer noch, einfach weggehen und sie kommentarlos stehen lassen.
    Aber sein finsterer Blick hielt diesmal nicht lange. Sondern verwandelte sich nach und nach in ein feines, wenn auch fast unmerkliches Lächeln. Als er mit der Metamorphose fertig war, schnaubte er belustigt. »Camus«, sagte er.
    »Gut«, sagte sie ernst. »Wollte ich trotzdem nicht, das Feuerzeug ist mir aus der Hand gefallen. Außerdem war das meine letzte Inkarnation, und in dieser bin ich wesentlich netter.«
    Das Lächeln stand ihm viel besser als der finstere Blick. Es blieb zwar nicht lange in seinen Mundwinkeln, aber es blieb in seinen Augen. Er nickte fast unmerklich.
    »Nett wäre eine Zugabe. Entscheidend ist was anderes.«
    »Intelligenz?«
    »Würde

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