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Prophezeiung

Prophezeiung

Titel: Prophezeiung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sven Böttcher
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der Natur auseinandersetzen müssen.«
    »Pass auf dich auf«, sagte sie.
    »Und du auf dich.«
    Sie legte auf, nahm Philipp mit einem dankenden Nicken das eine Glas aus der Hand und sah kurz fragend hinein.
    »Wodka«, sagte er. »Ich dachte, wir brauchen jetzt langsam mal was Stärkeres. Und das«, sagte er und wandte sich seiner Begleiterin zu, »ist Donna Harris, Guardian .«
    Harris streckte Mavie eine kleine feingliedrige Hand entgegen und begrüßte sie mit einem interessierten, aber auch sehr wachsamen Lächeln. »Freut mich«, sagte sie. »Sie sind diejenige, die für die Wiedergeburt von Heiland Lee verantwortlich ist? Sind Sie denn sicher, dass das eine gute Idee war?«
    Mavie warf Philipp einen entgeisterten Blick zu. Er zuckte entschuldigend die Achseln, aber er lächelte dabei, und dann hielt er sein Wodkaglas etwas höher, in ihre Richtung.
    Ebenfalls lächelnd, wenn auch deutlich gequältere, stieß sie mit ihm an und nahm einen tiefen Schluck, ehe sie sich Harris zuwandte und zu relativieren begann, was ihr geschwätziger Begleiter offenbar erzählt hatte – im Wissen, dass sie mit dem einen Glas garantiert nicht auskommen würde, und in der Hoffnung, dass Philipp den Weg zur Quelle kannte.

[Menü]
    33 Thilo Beck verzichtete auf das gemeinsame Frühstück. Er erwachte um sechs Uhr morgens und blieb wach, mit geschlossenen Augen, in seiner Koje im Schlafsaal liegen, während die anderen sich aus den Federn wälzten, unter den Duschen im angrenzenden Waschraum das gesamte Warmwasser verbrauchten und nach und nach aufbrachen ins Haupthaus, wo allmorgendlich um sieben Uhr gefrühstückt wurde. Thilo blieb bis Viertel nach sieben liegen, bis die letzten Gaias weg waren, dann stand er auf und ging duschen. Kalt.
    Als am Vorabend die Übertragung von Miletts Presseansprache begonnen hatte, war er genauso angespannt gewesen wie die Gaias, aber nicht so optimistisch wie seine Gastgeber, denn im Gegensatz zu Diego und seinen Freunden hielt er nicht viel von Milett. Die Begeisterung der anderen über das Idol, das nun mit ihnen gemeinsame Sache machte, hatte sich dann allerdings binnen Minuten in entsetztes Schweigen verwandelt, als der perfekt frisierte ältere Herr auf dem Schirm sie und all ihre Brüder und Schwestern im Geiste in die Pfanne gehauen hatte, und das öffentlich, vor den Augen und Ohren der ganzen Welt.
    Niemand hatte während Miletts restlichem Vortrag gesprochen. Und nachdem er fertig gewesen war, hatte auch Thilo aus dem Augenwinkel zu Diego geschielt, dorthin, wohin alle anderen sahen, und war gespannt auf dessen Reaktion gewesen.
    Diego hatte nicht gebrüllt. Diego war ganz ruhig geblieben. Hatte lediglich vor versammelter Mannschaft eingeräumt, er sei enttäuscht, hatte gelächelt und seine Kameraden aufgefordert, nun erst recht alles zu geben, um die Menschen zu warnen – und sie zu einem zukünftig achtsameren Umgang mit der wütenden Mutter Gaia zu inspirieren. Der zweite Teil ihres Aufklärungsfilmes musste noch besser, noch klarer, noch eindeutiger werden als der erste. Die Brüder und Schwestern in Afrika mussten erfahren, dass der Westen ihnen nicht helfen würde, sofern sie nicht auf die Barrikaden gingen. Und sie, die Gaias, würden sich nicht von einem ondulierten Kokser auf der Payroll der europäischen Machthaber davon abhalten lassen, diese Nachricht in die Welt zu tragen. Sein abschließendes Venceremos! hallte aus fünfzehn Kehlen wider, trotzig und entschlossen.
    Thilo beabsichtigte nicht, sich beim Frühstück in eine Arbeitsgruppe einteilen zu lassen. Alles ging schief, alles ging in die völlig falsche Richtung, und er würde nicht dazu beitragen, alles noch zügiger und frontaler gegen die Wand zu fahren. Er hatte schon genug angerichtet, zuerst durch sein zu langes Schweigen, dann dadurch, dass er überhaupt mit Mavie gesprochen hatte.
    Alles war falsch.
    Und obwohl er es für mehr als unwahrscheinlich hielt, dass überhaupt noch irgendjemand irgendetwas verhindern konnte, nachdem der fatale Zug endgültig mit Volldampf rollte, gab er die Hoffnung nicht auf, dass Bjarne Gerrittsen noch lebte. Und dass ausgerechnet der ihm helfen würde, den Fuß auf die Bremse zu bekommen.
    Er ersparte sich eine genauere Kalkulation der Eintrittswahrscheinlichkeit seiner Hoffnung. Er war schon frustriert genug und erinnerte sich lieber an die Worte seines ersten Professors, auch Statistiker spielten Lotto. Deshalb würde er weiter Nachrichten auf Mailboxen und Anrufbeantwortern

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