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Prophezeiung

Prophezeiung

Titel: Prophezeiung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sven Böttcher
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nahmen ihre Pillen. Lediglich Filmore verzichtete, mit Hinweis auf seinen Herzschrittmacher und der Bemerkung, ein spontaner Exitus würde bestimmt noch einen mieseren Eindruck auf die Genfer Runde machen als ein spontanes Nickerchen.
    Die Nachrichtenlage blieb unübersichtlich. Die Schätzungen der Opferzahlen gingen weit auseinander, manche Sender gingen von 500 Toten in den europäischen Hauptstädten aus, andere von bis zu 5000. Die Sachschäden waren hoch, denn unvermeidlich hatten, wie bei jedem größeren Stromausfall in der Geschichte, Vandalen und Plünderer im Schutz der unverhofften Dunkelheit – sowie des unverhofften Ausfalls der meisten Alarmsysteme – Schaufenster eingeschlagen, Kaufhäuser geplündert und am Straßenrand geparkte Autos angezündet. Wenigstens das hatte aber keine Folgen gehabt, denn sich ausbreitende Brände waren im Dauerregen ausgeschlossen.
    Mavie fragte sich, wieso niemand die Sender anrief und ihnen die exakte Zahl der Opfer dieses ersten Katastrophentages mitteilte. 2704. Sie mussten doch nur in die Prognose schauen, denn das war der Wert, den Prometheus vorhergesagt hatte, für den europäischen Raum. Sie verscheuchte den Gedanken. Erst recht den an die doppelt so hohe Prognosezahl für den heutigen Tag, erst recht den zehnmal so hohen Wert für Afrika, erst recht den steilen Anstieg in den kommenden Tagen und Wochen. Sie würden das nicht zulassen.
    Milett versicherte der Runde, Genf sei sicher. Zwar flackerten auch dort gelegentlich die Lampen, aber das Kongresszentrum, in dem sie mit den EU -Fachleuten zusammentreffen würden, war nicht nur buchstäblich bombensicher, sondern auch mit Generatoren ausgestattet. Man würde also bei der Rettung der Welt nicht aus dem Dunklen heraus operieren. Oder allenfalls im übertragenen Sinn.
    Milett nahm die Fernbedienung von der glänzenden Mahagoniplatte und schaltete durch die Nachrichtensender. Die Bilder auf den europäischen Kanälen glichen einander, selbst die meisten Privatsender hatten ihr Konservenprogramm eingestellt und sendeten von überall her live.
    Für den Rest der Welt allerdings waren die paar dunklen Stunden in Europa nicht der Rede wert. Al Jazeera zeigte eine halbe Minute lang das dunkle London von oben, ein Kommentator sprach kurz von Verwüstungen und Vandalismus, dann schaltete man wieder zu den wahren Brennpunkten der Erde, in die afrikanischen Hafenstädte, die inzwischen lichterloh brannten. Milettschaltete weiter, durch die amerikanischen Networks, und blieb bei FOXN ews hängen, wo links von einem wütenden Ansager wieder einmal die chinesische Flagge eingeblendet war, diesmal geformt wie ein nach unten rasender Marschflugkörper mit hasserfüllt glühendem Gesicht.
    Milett ließ die Runde ein verächtliches Schnauben hören, während er weiterschaltete, zu NBC , CBS , ABC und zurück zu CNN .
    »Kriegsgewinnler«, sagte er und schüttelte verächtlich den Kopf.
    Ausgerechnet Philipp meldete sich zu Wort, mit halb vollem Mund, weil er gerade von seinem Croissant abgebissen hatte, und fragte: »Was soll jetzt der Scheiß?«
    »Welcher Scheiß? «, fragte Milett höflich in das folgende Schweigen.
    »Der Chinesenscheiß. Das machen die schon die ganze Zeit, die Amis. Was soll das?«
    »Nicht nur die Amis«, sagte Milett. »Wir machen mit. Auch wenn das gerade ein bisschen untergeht in der Berichterstattung über verletzte Fußballfreunde. Auch unsere Medien schlagen in die gleiche Kerbe. China war’s.«
    »War was? Hat die Sonne angezündet?«
    »Das wäre wohl auch den Dümmsten schwer weiszumachen. Aber diese Dümmsten – gehen wir getrost davon aus, dass es sich um neunzig Prozent der Weltbevölkerung handelt –, wissen ja dank Al Gore, IPCC und der jeden sensationellen Unsinn devot nachbetenden Mainstream-Medien, dass allein CO 2 für die globale Erwärmung verantwortlich ist. Und die Chinesen sind praktisch allein verantwortlich für das weltweit emittierte CO 2 – lassen wir dabei doch einfach unter den Tisch fallen, dass praktisch alle in China hergestellten Produkte von uns bestellt und verbraucht werden, lassen wir erst recht unter den Tisch fallen, dass unsere anderthalb Milliarden chinesischen Sklaven trotzdem nur fünfzehn Prozent des CO 2 in die Luft blasen, wir 600 Millionen Europäer und Amerikaner hingegen vierzig Prozent. Schon das ist dem durchschnittlichen SUV -Fahrer aus dem Mittleren Westen zu kompliziert und dem europäischen Vernissage-Abonnenten erst recht, kurz: China, die gelbe

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