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Prophezeiung

Prophezeiung

Titel: Prophezeiung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sven Böttcher
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denn die DF ?«
    »3 MT .«
    Der andere Mann pfiff und urinierte gleichzeitig. »’Ne Menge.«
    »Hat ja auch keine von unseren.«
    »Wo hast du das her?«
    »Postman. Und der hat’s von Marsh.«
    »Na, dann wird’s wohl stimmen.«
    Milett wartete. Nacheinander wurden Reißverschlüsse zugezogen, Spülungen betätigt, und den nächsten Satz verstand er im Rauschen nur halb. »Aber großartig, dass alle so zusammenstehen. Wie der alte Milett es wollte.«
    »Hätte keiner gedacht«, sagte der andere Mann.
    »Unterschätz nie einen Engländer.«
    Die Stimmen entfernten sich. Wasserhähne wurden aufgedreht, aber obwohl Milett akustisch wieder mehr verstand, verstand er inhaltlich immer weniger.
    »Oder die britische Diplomatie«, sagte die erste Stimme, wobei ein Fragezeichen mitschwang.
    »Na«, sagte die zweite Stimme, verneinend. »Niemand hört auf die Briten, erst recht nicht in Asien. Vielleicht haben wir uns einfach nur getäuscht, und die Chinks sind doch nicht alle beschissen. Die sind ja auch die Einzigen, die jeden im Land zwingen, Bäume zu pflanzen.«
    »Ist wahr?«
    »Jeden Bürger.«
    Die Schritte entfernten sich. Die Stimmen hoben wieder an, einer der beiden machte eine offenbar belustigte Bemerkung, die Milett aber wegen der nun hinter den beiden zugleitenden Tür nicht mehr verstand. Er hörte ihr leises Lachen auf dem Korridor. Ihre Schritte, die sich entfernten, immer weiter, leiser werdend. Und schließlich verklangen.
    Milett setzte die Füße vorsichtig wieder auf die Kacheln.
    Er blieb sitzen.
    Und wartete auf die endgültige Rückkehr der Geister, die er gerufen hatte. Seiner Lebensgeister. Der enthusiastischen, energiegeladenen Geister, mit denen er die Welt aus den Angeln heben konnte, die ihn beflügelten, seinen Körper wie seinen Verstand. Die klugen, hochfliegenden Geister, die ihm schon so oft wunderbare Dienste geleistet hatten.
    Als sie ganz zu ihm zurückgekehrt waren und er das Gefühl hatte, wieder alles zu sehen, alles zu erkennen, alles zu durchschauen, wusste er, dass etwas nicht stimmte. Oder besser: Es war alles nicht ganz richtig.
    Sie würden die Chinesen nicht fragen. Europa bereitete sich auf einen »humanitären« Alleingang vor, auf eine Sprengung, von der die Amerikaner offiziell nichts wussten – weil sie, die Europäer, ebenso genau wie die Amerikaner wussten, dass China der Sprengung des Emi Koussi nicht zustimmen würde. Sofern man China fragte.
    DF -5A? Drei Megatonnen? Die stärkste europäische Nuklearwaffe, eine französische, brachte es nach Miletts Wissen auf höchstens 800 Kilotonnen Sprengkraft.
    Und wieso stellten die Chinesen ihre stärkste Waffe zur Verfügung, obwohl sie seines Wissens nicht einmal über den Plan informiert worden waren?
    Milett machte sich gerade und holte tief Luft.
    Er war klar.
    Aber er brauchte noch wesentlich mehr Klarheit. Er musste dringend mit Eisele sprechen. Ganz gleich, mit wem der gerade telefonisch konferierte.
    Sollten die Camerons und Sarkozys doch zurückrufen. Später. Nachdem Eisele die wichtigsten Fragen des wichtigsten aller Menschen zufriedenstellend beantwortet hatte. Seine Fragen.
    Stolzen Schrittes verließ Leland Milett den Waschraum, aufgeladen mit Kraft und dem bedeutenden Gefühl, maßgeblichen Einfluss auf den Lauf der Dinge nehmen zu können.

[Menü]
    54 Als Thomas den Kajütkreuzer langsam und vorsichtig quer vor die Nase des Wasserflugzeugs schaukeln ließ, war Philipp bereits durch die Kabine auf den zweiten Schwimmer geklettert, hatte eine Taschenlampe herausgezogen und blinkte Signale in Richtung der großen Terrassentüren der weißen Villa, die dunkel in etwa 200 Meter Entfernung aus dem flachen Wasser ragten.
    Die Antwort kam, wie nicht nur Philipp sah, sondern auch Mavie, Edward und Thomas, aus den Fenstern im ersten Stock: ein langes Blinken, ein kurzes Blinken, eine kurze Pause, ein kurzes Blinken.
    Mit einem zufriedenen und sehr lauten »Yessss!« ließ Philipp die kleine Taschenlampe in seine Öljacke gleiten und krabbelte durch die Maschine zurück auf den linken Schwimmer, wo Mavie auf ihn wartete, das am Bug des Schlauchbootes befestigte Seil in der Linken.
    »Von wegen«, sagte Philipp zu Mavie und imitierte Blick und Tonfall einer genervten und nicht sehr hübschen Frau, » was soll der Quatsch, dass du deinen Kindern das Morsen beibringst! Wichtiger als der Scheiß-Geigenunterricht.« Er winkte Edward und Thomas zu, die den Gruß erwiderten, und behielt das Kommando inne, das er sich

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