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Prophezeiung

Prophezeiung

Titel: Prophezeiung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sven Böttcher
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selbst erteilt hatte.
    »Anglerhosen, Gummistiefel?«, rief er zur Besatzung des Kreuzers hinüber, und als Edward bejahte, wies Philipp ihn an, sein eigenes Boot zu Wasser zu lassen und ihm und Mavie zu folgen. Zwei Zodiacs reichten, um die drei im Haus Eingeschlossenen zu evakuieren, man würde versuchen, möglichst bis auf die Terrasse zu paddeln, je nachdem, wie tief das Wasser dort noch war.
    »Kapitän und Flugkapitän bleiben an Bord«, rief Philipp. »Und die junge Frau Heller natürlich auch, wenn sie es vorzieht, hier zu warten.«
    »Die junge Frau Heller begleitet ihren Vater«, sagte Mavie.
    »Das muss aber nicht sein«, erwiderte Edward.
    »Ihr zwei müsst paddeln, da könnt ihr schlecht Kinder festhalten, wenn wir wieder losfahren. Ende der Durchsage, Herr Luftkissenadmiral«, rief Mavie zurück.
    Nachdem sie zu Edward in den Zodiac gestiegen war und ihren Platz am Bug eingenommen hatte, drehte sie sich halb um und lehnte sich, so gut es ging, nach hinten, um ihren Vater vorsichtig, aber lang und fest zu umarmen.
    »Danke«, sagte sie und lächelte. »Du bist ein sehr unvernünftiger Mann, aber ich liebe dich für deinen Irrsinn.«
    »Hilfsbereitschaft ist Irrsinn? Du gibst mir viel zu denken. Gestatte aber, dass ich das auf später verschiebe, wenn ich wieder vor meinem Kamin sitze.«
    »Ich bitte darum«, sagte Mavie lächelnd, wandte sich nach vorn und sah, dass Philipp mit seinem Boot bereits die ersten fünfzehn Meter in Richtung Haus zurückgelegt hatte. Sie stieß das Zodiac mit dem Paddel vom Schwimmer des Wasserflugzeugs weg und ignorierte das Frösteln auf ihrer Haut, als sie das Holz ins Wasser gleiten ließ, durch den leichten Widerstand der unter der Oberfläche beiseitegleitenden Flussbewohner.
    Es war verblüffend einfach, ans Haus heranzukommen. Der ganze Plan funktionierte reibungslos, und alles, was Mavie sich an Hindernissen ausgemalt hatte, glänzte durch Abwesenheit. Die Uferstraße stand fast anderthalb Meter hoch unter Wasser, ebenso wie die hohen Laubbäume hinter dem überschwemmten Erdwall, der als Deich nichts getaugt hatte. Die Hecke, die Philipps Grundstück von der Straße trennte, hatte sich in eine nur mehr zehn Zentimeter hohe und zudem leicht beiseitezuschiebende Hürde vor dem Bug der Boote verwandelt. Unter Wasser hingegen bildete das dichte Immergrün der Hecke eine Barriere, die die Quallen aufhielt, sodass das Elbwasser, das die gepflegte Rasenfläche vor der Schenck’schen Villa überschwemmt hatte, vergleichsweise klar war und schon vor Erreichen der Terrasse den Blick auf den Rasengrund freigab. Die Terrasse selbst, von der aus man unter normalen Bedingungen über mehrere Stufen die zum Fluss hin abfallende Rasenfläche erreichte, stand lediglich fünfzehn oder zwanzig Zentimeter tief unter Wasser, dennoch ließen Edward, Mavie und Philipp die Boote kurz vor der Terrasse liegen, wo das Wasser einen knappen halben Meter tief war, und befestigten sie am Stamm einer Eiche. Denn der Hausherr wies zu Recht darauf hin, Karlas Rosensträucher, mit denen die Terrasse unterseeisch vom Rasen getrennt sei, würden den Zodias nicht unbedingt Freude bereiten.
    Als sie durch das flache Wasser auf die Terrasse traten, wurde die Terrassentür geöffnet, und die Frau, die ihnen in Gummistiefeln, Jeans und gelber Regenjacke entgegentrat, sah ganz anders aus, als Mavie sich Karla von Schenck vorgestellt hatte. Nach allem, was Philipp ihr geschildert hatte, war Karla eine anorektische Gewitterziege, verbittert und vorzeitig gealtert, die es nur auf sein Geld abgesehen hatte und verantwortungslos das Leben seiner Kinder aufs Spiel setzte. Die Frau hingegen, die sie mit einem ebenso erleichterten wie warmen Lächeln begrüßte, sah nicht nur hinreißend aus, sondern sprach auch mit einer Stimme, die ganz und gar anders klang als Philipps Keifen, wenn er sie imitierte.
    »Gott sei Dank, es geht euch gut«, sagte sie zu Mavie und Edward, stellte sich als Karla vor, nickte beiden zu, als sie ihre Namen nannten, bedankte sich für die Hilfe, trat auf Philipp zu und öffnete die Arme. Die beiden umarmten sich, lang und fest. Mavie ertappte sich bei der Frage, wieso sie das zwar nett, aber irgendwie auch völlig unpassend fand, und dann drückte Philipp seiner zukünftigen Ex, die er nach eigenem Bekunden hasste wie die Cholera persönlich, einen zärtlichen Kuss auf die Stirn und fragte: »Wo sind die beiden …?«
    Sie wandte den Kopf leicht nach links, aber er hatte Hannah und Max

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