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Prophezeiung

Prophezeiung

Titel: Prophezeiung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sven Böttcher
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und gar nicht.«
    »Ich hatte vorhin schon versucht, Sie zu erreichen. Sind Sie gut angekommen?«
    »Ja.«
    »Und Bjarne hat Sie angemessen begrüßt und aufgenommen?«
    »Sehr nett, ja. Ich danke Ihnen für die … Vermittlung, ich hätte Sie ohnehin in den nächsten Tagen angerufen, ich dachte nur – hatten Sie nicht gesagt, Sie sind in Asien?«
    »Doch. Noch drei Tage, in Tokio, dann geht es nach Rotterdam. Sehen wir uns da?«
    »Ich denke ja. Akkreditiert bin ich seit Monaten, und sofern Professor Gerrittsen mir erlaubt …«
    »Das wird er. Sonst rufen Sie mich an.«
    »Ja, danke.«
    »Ist wirklich alles in Ordnung?«
    Sie schwieg für einen langen Moment. Offensichtlich klang sie genauso, wie sie sich fühlte.
    »Nein«, sagte sie. »Offen gestanden, nein.«
    Und wieder schwieg sie. Was sollte sie sagen? Was konnte sie sagen? Natürlich konnte sie ihm vertrauen, und natürlich war das, was sie gefunden hatte, ungeheuer wichtig für ihn, der rund um die Welt Vorträge über den Klimawandel und die Möglichkeiten der Menschheit hielt, diesen Wandel aufzuhalten, aber musste er nicht längst wissen, was sie erst an diesem Abend erfahren hatte? Er kannte und unterstützte Gerrittsen, Eisele musste doch wissen, was der Professor tat?
    »Was ist los, Mavie?«, fragte Eisele und klang ernstlich besorgt.
    »Kennen Sie Prometheus ?«
    Für einen Augenblick war es still in der Leitung. Dann sagte Eisele: »Ich habe davon gehört. Warum?«
    »Kennen Sie die Prognosen?«
    »Prognosen? Meines Wissens macht das Programm keine Prognosen.«
    »Das behauptet Gerrittsen jedenfalls, aber es stimmt nicht.«
    »Sagt wer?«
    »Sage ich.«
    »Wie kommen Sie darauf?«
    »Weil ich sie gesehen habe.«
    Wieder schwieg Eisele, aber diesmal wartete Mavie nicht auf seine Antwort. » Prometheus prognostiziert eine monatelange Dürre für den Süden sowie ebenso langen Dauerregen auf der Nordhalbkugel – alles bei konstant höheren Temperaturen als im Jahresmittel der letzten Jahrhunderte. Ich weiß noch nicht, von welchen exakten Folgen für die Meere und die Windverhältnisse das System ausgeht, aber es greift auf Daten zu, vor allem auf Datenmengen, wie sie kein anderes System verarbeitet – glauben Sie mir, ich habe so etwas noch nie gesehen, ich habe mir nicht einmal vorstellen können, dass das je möglich sein würde. Prometheus berücksichtigt reihenweise Faktoren, die kein anderes Programm berücksichtigt, und ich verstehe bislang höchstens die Hälfte der Kürzel. Alles andere, alles, womit wir arbeiten, sind Krücken, und das haben wir immer gewusst – Herrgott, unsere Modelle berücksichtigen ja nicht einmal Wolkenbildung und Wasserdampf, weil wir all das nicht erfassen, geschweige denn berechnen können – aber Prometheus arbeitet damit.«
    »Das ist unmöglich«, sagte Eisele, aber sie hörte ihn kaum. Ihre Gedanken rasten, und plötzlich begriff sie, was sie in der rechten Menüleiste gesehen hatte. SHR . Marginale Ausschläge in den roten Bereich. Von 1,35 auf 1,37. Das war keine kleine Veränderung, das war – unmöglich.
    »Das Observatorium«, sagte sie, mehr zu sich selbst.
    »Was?«
    Sie dachte schnell und sprach ihre Gedanken ebenso schnell aus. » Solar heat radiation, das ist SHR , abgeleitet aus E 0 , aber ein Mittelwert, keiner für irgendwelche Höhenlagen, er berechnet die Einstrahlung, deshalb Kilowatt pro Quadratmeter, und deshalb springt der Wert Mitte Januar in den roten Bereich.« Sie verhaspelte sich, während sie weiter sprach, laut dachte, ohne überhaupt noch wahrzunehmen, dass sie auch noch mit jemand anderem sprach. »1,37 ist unmöglich hoch, aber die Veränderung geht ja auch graduell vor sich, in wenigen Monaten, beginnend mit leichten Ausschlägen im Dezimalbereich, das sind maximal 5 Watt pro Quadratmeter, aber welche Erwärmung haben wir mit dem gesamten Treibhausgasausstoß ausgelöst, anderthalb Watt?«
    »Mavie«, sagte Eisele.
    »Wir müssen wissen, aufgrund welcher Messergebnisse er zu diesen Werten kommt, wir brauchen die Algorithmen und Parameter, die das Programm verwendet, ich weiß nicht einmal genau, woher die restlichen Daten kommen – abgesehen von denen, die hier vom Observatorium direkt eingespeist werden. Und auch auf die brauchen wir Zugriff.«
    »Mavie«, sagte Eisele etwas lauter, aber immer noch sehr ruhig.
    »Ja.«
    »Wir reden von einer Simulation, richtig?«
    »Ja«, sagte sie und war selbst erstaunt, wie verärgert sie klang. »Wovon sonst, das ist unser Job. Ich habe

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