Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Prophezeiung

Prophezeiung

Titel: Prophezeiung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sven Böttcher
Vom Netzwerk:
hochschnellende Durchschnittswert für SHR , die solare Wärmestrahlung, denn zum einen veränderte sich diese im Jahresmittel nur minimal, zweitens befand sich die Erde, was ihre Achsneigung betraf, keineswegs am Minimalpunkt von 24,5 Grad, sondern bei etwa 23,6 Grad, was abermals keine hinreichende Erklärung für das prognostizierte Szenario lieferte.
    Woher hatte Prometheus diesen Wert, diese Prognose?
    Niemand verfügte über exakte historische Daten, was die Strahlungsintensität der Sonne betraf. Die ältesten Messdaten waren keine hundert Jahre alt, daraus ließen sich keine Gesetzmäßigkeiten ableiten. Woher nahm Prometheus sein Wissen, über das niemand sonst verfügte? Niemand verfügen konnte?
    Prometheus wusste nichts, korrigierte sich Mavie. Er meinte nicht einmal, etwas zu wissen. Er rechnete. Er fraß Daten und Formeln, emotionslos, unbestechlich. Er verliebte sich nicht in Ideen, wie es Menschen, Wissenschaftler gewohnheitsmäßig taten, und er verrannte sich nicht. Sondern rechnete. Und sah offensichtlich Dinge in diesem Meer aus Informationen, die sie, die Menschen, nicht sehen konnten.
    Was sah er?
    Milankovic hatte ein ganzes Menschenleben gebraucht, um der Natur wenigstens ein paar wenige Gesetzmäßigkeiten abzutrotzen. Aber er war ja nicht der Einzige gewesen. Klimatologen, Astronomen, Paläontologen, Forscher aus allen Disziplinen hatten Zyklen entdeckt, aber bislang hatte niemand sie in einen sinnvollen, aussagekräftigen Zusammenhang bringen können. Bis jetzt?
    Wie viele x, y und z, wie viele nachgewiesene Zyklen hatte Gerrittsen an seine Kreation verfüttert? Außer denen, die Milankovic, Bond und Heinrich gefunden hatten? Bond war bis zu seinem Tod im Jahr 2005 überzeugt gewesen, die »kleine Eiszeit« vom 17. Jahrhundert bis etwa 1850 sei wie die mittelalterliche Warmzeit zwischen 900 und 1400 auf einen zyklisch auftretenden Sonnenpuls zurückzuführen, der regelmäßig etwa alle 1500 Jahre zu massiven und vor allem sehr raschen Klimaänderungen führte – ganz unabhängig von Milankovics großen orbitalen Zyklen. Und Hartmut Heinrich, Mavies persönlicher Held und Eiskernforscher, hatte erst in jüngerer Zeit, nämlich den 1980er-Jahren, den zweifelsfreien Nachweis erbracht, dass es weitere Zyklen gab, die verblüffend regelmäßig auftraten und Sedimentschichten zurückließen, die auf dramatische Weise anders zusammengesetzt waren als all jene aus den vergleichsweise ruhigen Jahrhunderten dazwischen. Die »Heinrich-Ereignisse« wiesen auf großflächige Vereisungen und Eisbergwanderungen alle 8000 Jahre hin, aber dazwischen pulsierte der ganze Planet ganz offensichtlich in Zyklen zwischen sehr kalt und sehr warm – regelmäßig, aber das sprunghaft. Heinrich hatte den Finger auf die Erde gelegt und einen Puls gefunden.
    Was hatte Prometheus gefunden?
    Dansgaard-Oeschger fügte Mavies Unterbewusstsein der Formel hinzu. Hatten D&O nicht weitere dramatische Klimaverwerfungen gefunden, neben dem Zyklus, der ihren Namen trug? Und zwar nicht abrupte Abkühlungen wie die der jüngeren Dryas, sondern abrupte Erwärmungen, global belegt durch veränderte Sauerstoffisotop- und Berillyum-18-Veränderungen in den Sedimentschichten nicht nur im grönländischen Eis, sondern auch in Proben aus der Karibik und chinesischen Höhlen? Und wie passte Schwabes Elf-Jahres-Zyklus in dieses Bild? Wann hatte der jüngste begonnen, der vierundzwanzigste? 2009, 2010? Was war mit den anderen Schwabe-Zyklen, dem 85er und dem 210er? Was war mit dem Periphel, dem sonnennächsten Punkt, den die Erde in diesem Jahr auf ihrem 26 000 Jahre währenden Präzessionsschwanken um die eigene Achse durchlief? Irrte sie sich, oder korrespondierte das Datum mit dem, das Prometheus für den Beginn der Katastrophe angegeben hatte? 12. Januar? Dieses Jahres, ausgerechnet? Loutre und Berger, flüsterte ihr die nächste nervige Stimme zu. Interferenz der Laufbahnparameter, Dummkopf. Ausnahmezustand seit 2012. Erdbahn nahezu kreisfömig, keine Ellipse, zum ersten Mal seit 400 000 Jahren.
    Und was hatten Svensmark und Christensen damals veröffentlicht, über Sonnenwind, cosmic rays und – Wolken? Es gab, verdammt, einen Zusammenhang zwischen SHR , Schwefelsäure und Wasserdampf, zumindest theoretisch, aber das war, erst recht verdammt, so ganz und gar nicht ihr Spezialgebiet.
    Und sie hielt sich den brummenden Kopf, schüttelte ihn und wusste, dass sie vor allem anderen, vor allen weiteren Überlegungen, Telefonaten und

Weitere Kostenlose Bücher