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Prophezeiung

Prophezeiung

Titel: Prophezeiung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sven Böttcher
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Wieso hätte ihm das nicht recht sein sollen, und wieso beides nicht?
    »Zwei und zwei«, sagte sie. »In Rotterdam fliegt ein Hotel in die Luft, weil ein Klimatyp sterben sollte. Mein Bruder, auch’n Klimatyp, stolpert blutend durch die Straßen. Und dann kommt in den Nachrichten auch noch der Hammer, dass ein Kommando Gaia die Bombe gelegt hat. Geil! Da war ich dann aber echt persönlich gepisst, und Diego erst! Also haben wir mal sicherheitshalber beschlossen: Den Jungen holen wir da raus, nicht, dass da nachher noch einer seinen Job zu Ende bringt. Falls er wirklich nur bekifft auf die Fresse gefallen ist, umso besser, kann er ja wieder nach Hause gehen, sobald er wieder gehen kann.«
    »Ihr habt die Bombe gelegt?«
    »Nein, Blödmann. Aber das passiert nicht das erste Mal. Wir haben auch diesen Scheißlaster vor der E .ON -Zentrale nicht hochgejagt, aber irgendjemand haut unsern Stempel gern unter solche Scherze.«
    Beck schüttelte ausgiebig den Kopf und versuchte so, seine Schwester zum Schweigen zu bringen. Oder wenigstens ihr krauses Gerede aus seinen Gedanken zu vertreiben, um irgendeinen Sinn in all den Wörtern und Bildern zu finden, die kreuz und quer durch sein Bewusstsein schossen.
    »Wo ist Mavie?«, fragte er.
    »Wer?«
    »Mavie Heller. Sie war mit mir in dem Zimmer.«
    »Keine Ahnung. Welchem Zimmer?«
    »In Rotterdam. In dem Hotel.«
    »Oh. Nee, in dem Zimmer war nur ein Schotte, McVee oder so. Du warst jedenfalls nicht drin, und erst recht keine Marie.«
    »Mavie.«
    »Egal. Auch nicht.«
    »War sie aber.«
    Sie zuckte die Achseln und bedachte ihn mit dem spöttischen Blick, den er schon immer am meisten an ihr gehasst hatte. »Tja. Dann gib doch mal ’ne Kontaktanzeige auf oder beschwer dich bei CNN .«
    Die Erkenntnis traf ihn wie ein Schlag, und seine Nase war umgehend frei. »Mein Rechner«, sagte er. »Wo ist mein Rechner?«
    »Sicher«, sagte sie und tätschelte seinen Arm. »Haben wir. Der Wahnsinn, kleiner Bruder, der totale Wahnsinn.«
    »Was?«
    »Deine Festplatte. Die Daten. Hammer.«
    Noch ehe Beck zu Ende darüber nachgedacht hatte, was das nun wieder bedeuten sollte und wie er auf »Hammer« zu reagieren hatte, klopfte jemand von außen an die Holztür zu dem kleinen Zimmer, in dem seine Schwester in ihrem schwarzen und ziemlich verdreckten Overall am Fuß seines quiltbedeckten Krankenbettes saß, und im nächsten Augenblick erschien im Türrahmen ein junger Mann in grünem Overall, ebenfalls ungepflegt und mit zu vielen ungewaschenen Haaren unter der Baseballkappe, und sagte nichts weiter als: »Steht! Absolut geil, musst du sehen.«
    »Ich komme«, sagte Paulina.
    »Venceremos!«, sagte der Junge, lachte und verschwand wieder.
    Paulina wandte sich wieder ihrem Bruder zu. Sie lächelte.
    Beck nicht.
    »Was steht?«, sagte er.
    »Diego macht die geilsten Filme der Welt.«
    »Aha«, sagte Beck und verstand nichts.
    »Hast du bestimmt gesehen, einige, sind ja alle bei Youtube und laufen wie bescheuert. Diego Garcia’s Nothing But The Truth. Perfektes Zeug, absolut geil. Und jetzt haben die Jungs ja auch noch mal richtig phattes Material dazu.«
    Beck begriff endlich, was sie sagte. Und hatte das Gefühl, dass der Teufel persönlich ihm schwungvoll den Boden unter den Füßen wegzog. »Ihr habt meine Festplatte gesichtet?«
    Sie zuckte die Achseln. »Logisch. Mussten wir doch. Wollten doch wissen, ob das irgendwas mit deinen weggebombten Beinen zu tun hat. Hat’s ja auch.«
    »Ihr könnt doch nicht einfach meine Sachen …«
    »Ist doch in deinem Sinn. Oder wolltest du das für dich behalten, Bruder?«
    »Sag mir bitte, dass das nicht heißt, dass ihr davon irgendwas ins Netz gestellt habt.«
    Ihr schallendes Lachen war wie ein Sack Eiswürfel in Thilos Kragen. » Irgendwas? Irgendwas! Das geht jetzt ab wie ’ne Batterie Scuds, Mann, und du bist Hermes, der Bote der Götter! Kannst du aufstehen?«
    Er hatte keine Ahnung, ob er konnte. Er wusste nicht mal, ob er wollte.
    »Ja«, sagte er.
    »Dann komm«, sagte sie und hielt ihm die Hand hin wie einem im harten Wettkampf gestürzten Kontrahenten, »lass dich feiern.«

[Menü]
    26 Mavie bedauerte nichts. Es war gut gewesen, alles. Gut, sich gehen zu lassen, gut, sich zu vergessen und den ganzen Rest gleich mit, wenn auch nur für eine Stunde. Sie wäre danach allerdings gern einfach aufgestanden und nach Hause gefahren, denn die Nacht im selben Bett zu verbringen wie ihr Lover war etwas, was sie sich gern für wesentlich später

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