Prosecco um Mitternacht
würden sie über das Wetter reden, das im Augenblick sehr heiß war. Das klimatisierte Restaurant war ein Anziehungspunkt für alle, die der Augusthitze entkommen wollten.
“Ich kann diesem Vergleich immer noch nicht ganz folgen.”
Renae legte ihren Hot Dog hin und verschränkte die Arme auf dem Tisch. “Sieh mal, um einen Hot Dog zuzubereiten, braucht man keine besonderen Fertigkeiten. Was ist schon groß dabei? Man macht Würstchen heiß, packt sie zwischen zwei Brötchenhälften, bietet Ketchup, Senf, Gurkenscheiben, geröstete Zwiebeln und eine Tüte Fritten dazu, und fertig ist das Billigmenü. Will hingegen … nun, er ist ein Gourmet-Mahl, zubereitet aus teuren Zutaten, mit Zeit, Aufwand und Wissen.”
“Hm, köstlich”, meinte Lucky.
“Was ist an einem Hot Dog auszusetzen?” Zum Beweis nahm Renae ihren Hot Dog und biss erneut ab.
Lucky lächelte und räusperte sich, als sie merkte, dass Renae keineswegs amüsiert war. “Genau das wollte ich fragen. Was ist an einem Hot Dog auszusetzen? Vorausgesetzt, ich akzeptiere deinen Vergleich zwischen dir und einem Hot Dog.”
Renae brauchte eine Minute, um zu kauen und herunterzuschlucken, bevor sie sprechen konnte. “Zum Beispiel, dass man sich nicht von ihnen allein ernähren kann.”
Lucky hob den Finger. “Mag sein, aber Filet Mignon ist kein amerikanischer Klassiker.”
“Will ist kein Amerikaner.”
Lucky lachte schallend.
Renae verzog nur noch mehr das Gesicht. “Das ist nicht witzig.”
“Das sehe ich aber anders. Ich finde diese ganze Unterhaltung äußerst amüsant.” Lucky machte sich über ihren zweiten Hot Dog her. “Wenn ich deiner Meinung wäre, dann müsste ich nach Hause fahren und Colin aus meiner Wohnung werfen.”
“Ihr zwei wohnt zusammen?”
“Na ja, wir haben keine Nacht getrennt verbracht, seit wir vor zwei Monaten zusammenkamen. Aber jeder hat noch eine eigene Adresse.” Lucky wedelte mit der Hand. “Zurück zu dem, was ich dir klarzumachen versuche. Wenn du behauptest, Hot Dogs und Filet Mignon passen nicht zusammen, tja, dann habe ich selbst ein Problem.”
“Du bist alles andere als ein Hot Dog.”
“Aber du bist einer?”
Renae spürte den Anflug eines Lächelns auf ihrem Gesicht. “Ja, ein wirklich guter sogar.”
Schon nach einigen Minuten mit ihrer Freundin fühlte sie sich besser als in den letzten paar Tagen. Sie hatte so viel zu tun gehabt mit dem Laden und damit, Lucky bei den Vorbereitungen zu ihrer großen Eröffnung in einigen Wochen zu helfen. Außerdem musste sie ständig darauf achten, Will und Nina aus dem Weg zu gehen. Daher hatte sie seit Längerem kein ehrliches Gespräch mehr geführt. Zwar änderte das nichts an ihren Problemen, aber sie hatte wenigstens einmal Luft holen können.
“Hast du Ginger schon angerufen, um sie zum Essen einzuladen?”, erkundigte sich Lucky.
Renae schüttelte den Kopf, fasziniert davon, wie Lucky die Frage formuliert hatte. Sie wusste, dass es um Renaes Plan ging, weil Lucky angeboten hatte, einen Blick darauf zu werfen, als sie ihr davon erzählt hatte. “Ich muss dem Ganzen noch den letzten Schliff geben.”
Lucky sah sie nachdenklich an.
Renae überlegte, ob sie ihr von der anderen lästigen Person in ihrem Leben erzählen sollte, entschied jedoch, dass es zu viel Gejammer wäre.
“Vielleicht benutzt du das Hot-Dog-gegen-Filet-Mignon-Argument nur als Ausrede, um die Beziehung zu Will nicht zu vertiefen.”
Renae starrte sie verständnislos an. “Wie bitte?”
“Ich kenne das Problem aus eigener Erfahrung. Es ist ein Dauerthema zwischen mir und Colin.” Lucky legte ihren zur Hälfte gegessenen Hot Dog hin und wischte sich die Hände an einer Papierserviette ab. “Manchmal habe ich das Gefühl, so verliebt zu sein, dass ich schreien möchte.”
Renae wurde klar, dass sie sich nie Gedanken über die seltsame Verbindung zwischen dem Psychologen Colin und der ehemaligen Kellnerin Lucky gemacht hatte. Ihre Argumentation bröckelte zusehends.
“Vor zwei Wochen hat Colin mich mit in die Oper genommen. Ich hatte nicht die leiseste Ahnung, was ich anziehen sollte. Und was ich sagen sollte, wenn er mich irgendwelchen Leuten vorstellte, die er schon seit Jahren kennt …” Man merkte ihr an, dass sie diese Erfahrung noch immer nicht ganz verarbeitet hatte. “Der Besuch einer solchen Veranstaltung ist für Colin etwas ganz Selbstverständliches. Für mich hingegen …”
“Du bist lieber in einer verräucherten Bar.”
Lucky grinste. “Ja, so
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