Prosecco um Mitternacht
Kerl.
“Tja, dann wünsch ich dir viel Spaß bei deinem Seminar.”
“Den werde ich haben. Leb wohl.”
“Leb wohl.”
Will legte den Hörer auf. Na großartig! Normalerweise dachte er daran, seine Anrufe auf die Mailbox leiten zu lassen, wenn Renae da war. Und jetzt wusste er auch wieder, weshalb er das machte, denn genau diese Situation hatte er vermeiden wollen.
Heute hatte er es vergessen und war prompt mit heruntergelassener Hose ertappt worden.
Er starrte automatisch nach unten. Von wegen Hose, er hatte ja nicht mal eine an, wie meistens in den letzten fünf Tagen.
Er hörte ein leises Klopfen an der Badezimmertür. Er trat zurück und machte auf. Renae stand da in den Sachen, die sie vor einer Stunde angehabt hatte, als er zu ihr nach oben gegangen war, um sie in seine Wohnung zu locken. Die Caprihose mit Streifen in Weiß und Pink und das weiße Trägerhemd hätten eigentlich nicht so sexy aussehen dürfen, aber sie taten es.
“Habe ich etwas Falsches gesagt?”, fragte er und presste das Telefon an sich.
Renae lächelte. “Ich muss zurück in meine Wohnung.”
“Na klar. Ich verstehe.” Aber verstand er es wirklich? Nein, musste er sich eingestehen.
Ein Mann mit festem Bezug zur Realität war nicht mit der einen Frau zusammen, ohne Sex mit ihr zu haben, während er mit einer anderen, mit der er nicht zusammen war, den heißesten Sex seines Lebens hatte.
“Soll ich dich noch zur Tür bringen?”
Renae schüttelte den Kopf, während sie ihre zweite Sandalette anzog und dadurch Wills Aufmerksamkeit auf ihren gebräunten Fuß mit den pinkfarbenen Fußnägeln lenkte. “Nein, ich kenne den Weg.”
“Wegen morgen früh …”
Sie gab ihm einen Kuss und legte ihm den Zeigefinger auf die Lippen, damit er seinen Satz nicht beenden konnte. “Morgen früh ist morgen früh. Warten wir einfach ab und sehen, was passiert.”
“Gut. Einverstanden.”
Er schien diese albernen Worte in letzter Zeit häufig zu gebrauchen, doch war er viel zu verwirrt, um auf etwas anderes zu kommen. Und irgendwie hatte er den Eindruck, dass es nicht besser werden würde. Er hatte sich da eine Sache eingebrockt, auf die er sich entweder konsequent einlassen oder von der er die Finger lassen musste.
10. KAPITEL
R enae schloss ihre Wohnung auf und war erstaunt darüber, dass sie trotz des überwältigenden Höhepunktes, den sie erst vor wenigen Minuten erlebt hatte, eine innere Unruhe empfand. Ihre Gedanken kreisten unablässig um Will und um das, was eben passiert war.
Einen Moment lang war sie eifersüchtig gewesen.
Einen Moment lang? Als Will vom Bett aufgesprungen und in seiner ganzen nackten Pracht mit dem Telefon im Badezimmer verschwunden war, um ungestört mit der Assistenzärztin sprechen zu können, hatte sie eine solche Eifersucht verspürt, dass es ihr fast den Atem raubte.
Das war nicht gut. Das war ganz und gar nicht gut.
Renae schloss die Tür hinter sich, warf die Schlüssel auf den Flurtisch und suchte einen gewissen Trost in der Vertrautheit der Wohnung, die sie seit sechs Monaten mit Tabitha bewohnte. Seltsamerweise funktionierte es diesmal nicht. Ein Grund dafür mochte sein, dass Nina die ganze Wohnung umdekoriert hatte. Die beruhigenden Erdtöne waren “aufgepeppt” worden, wie Nina es nannte, und zwar mit orangefarbenen und gelben Überwürfen, bei deren Anblick Renae jedes Mal erbleichte, wenn sie sich in der Wohnung umsah. Aber da Tabitha sich an den Veränderungen nicht zu stören schien und die Wohnung schließlich ihr gehörte, hatte Renae sich jeden Kommentar verkniffen.
“Tabby?”
Zwar gab es keinen Grund, davon auszugehen, dass ihre Freundin schon von der Arbeit zu Hause war, aber sie hatte es sich zur Angewohnheit gemacht, sich bemerkbar zu machen. Da Nina vor einem Monat entlassen worden war, war sie normalerweise zu Hause, doch hatte Renae sich nie mit dem Gedanken anfreunden können, ihren Namen zu rufen. Es hatte keinen Sinn, so zu tun, als würde sie die andere Frau mögen. Schließlich war sie nicht diejenige, die mit Nina schlief.
Andererseits war ihr eigenes Urteilsvermögen, was ihre Bettpartner anging, möglicherweise ebenfalls ein wenig gestört.
Sie schlug den Weg zur Küche ein. Zumindest würde ihr Plan für Women Only sie von allem anderen ablenken. Von Will, Nina, Tabitha und der Tatsache, dass, wenn es so weiterging, sie sich bald eine eigene Wohnung würde suchen müssen, ob Tabby nun finanzielle Hilfe brauchte oder nicht. Es war nun einmal so, dass sie
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