Prosecco um Mitternacht
Geländewagen zurücksetzte, vom Parkplatz fuhr und sich in den dichten Verkehr einfädelte.
“Tut mir leid.”
Renae warf Lucky einen wütenden Blick zu.
“Ehrlich, es war ein Versehen. Der Wagen sah genauso aus wie seiner.”
“Und wie fünf Prozent der Autos in Toledo.”
Lucky versuchte, nicht zu grinsen und fuhr fort, etwas für eine Kundin einzuwickeln. “Ich habe doch gesagt, dass es mir leid tut.”
“Miss Truesdale, ist alles in Ordnung?”
Renae hatte die junge Bewerberin beinah vergessen.
Jenny Naxos war einundzwanzig und mit ihrer Erfahrung im Einzelhandel mehr als qualifiziert für den Job. Sie arbeitete derzeit in einem Laden im Einkaufszentrum, der Modeschmuck verkaufte. Doch es war der sanfte Ausdruck in ihren dunklen Augen und weniger ihre Bewerbung, der Renaes Sympathie gewann.
“Alles bestens”, versicherte sie ihr. “Sehr gut sogar. Sie haben den Job.”
Sie hatte kaum mehr als fünf Minuten mit der jungen Frau gesprochen, aber das war egal. Als Renae vor Monaten Lucky eingestellt hatte, hatte sie auch auf ihren Instinkt gehört. Und es nie bereut.
Renae fand, dass es am wichtigsten war, welches Gefühl man bei einem Menschen hatte.
“Wie bitte?”, flüsterte Jenny und starrte sie an.
“Ich sagte, Sie haben den Job. Natürlich nur, wenn Sie ihn noch wollen.”
“Ob ich ihn noch will? Du meine Güte!”
Sie überraschte Renae, indem sie sie kurz, aber heftig drückte.
Na schön, dachte Renae perplex, am Auftreten müssen wir vielleicht noch ein wenig arbeiten. Andererseits, überlegte sie lächelnd, war es vielleicht gar nicht verkehrt, wenn hier jemand arbeitete, der keine Angst hatte, seine Gefühle zu zeigen.
“Willkommen in der Familie”, sagte Lucky zu Jenny, nachdem die Kundin, die sie bedient hatte, gegangen war.
Während Lucky und die neue Angestellte sich unterhielten, schaute Renae aus dem Schaufenster zu dem Platz, auf dem der Geländewagen gestanden hatte.
Wenn das, was sie gerade gedacht hatte, stimmte, was sagte ihr Instinkt ihr dann zu Will Sexton?
Tja, das war ein Thema, über das sie ein wenig nachdenken musste.
Okay, sehr viel.
Das Trauma-Zentrum des Krankenhauses war ruhiger, als es den Rest der Woche über gewesen war.
Und Will war kurz davor, aus der Haut zu fahren.
Es hatte nicht nur damit zu tun, dass er bei Renae langsam und geduldig vorgehen musste. Er hatte seine Kündigung vor Dienstbeginn persönlich im Büro des Personalchefs abgegeben, und jetzt lag es nur noch bei Nealon, die Kündigung offiziell zu akzeptieren und ihn von seinen Pflichten im Krankenhaus zu entbinden.
Er trat vor der Krankenstation von einem Bein auf das andere und unterschrieb den Bericht eines Assistenzarztes. Dabei stellte er fest, dass es sich um Evan Hadleys Bericht handelte.
Interessant, nur konnte er sich nicht daran erinnern, den Mann in den letzten zwei Stunden gesehen zu haben. Oder am Abend zuvor. Dabei waren sie sich sonst beim Kommen und Gehen ständig über den Weg gelaufen.
Er gab die Patientenkarte der diensthabenden Schwester und machte sich auf den Weg, um sich umzuschauen. Zum Glück brauchte er sich keine Sorgen zu machen, Janet zu begegnen. Zwar hatte er sie während der Nachtschicht kennengelernt, doch war sie vor einigen Monaten in die Tagesschicht versetzt worden. Evan jedoch …
Er schaute in ein paar Untersuchungsräume und fand Evan schließlich im vierten, wo er sich Notizen auf einem Block machte. Er war allein.
Will stieß die Tür ganz auf. “Da bist du ja.” Bildete er es sich nur ein, oder erschrak Evan?
Nein, es war keine Einbildung. Der junge Assistenzarzt sah aus, als würde er gleich selbst medizinische Hilfe benötigen. “Will!”, krächzte er.
Will verzog das Gesicht und warf einen Blick in den Flur hinter sich. “Hast du jemand anderen erwartet?”
“N… nein. Ja!”
Angesichts des Gestammels hatte Will keinen Zweifel mehr daran, dass Evan ihm wegen Janet aus dem Weg gegangen war. Er wollte dem Kollegen gerade versichern, dass er sich keine Sorgen machen musste, da er und Janet sich freundschaftlich getrennt hatten – freundschaftlich zumindest von Wills Seite –, als ihn das boshafte Verlangen überkam, die Sache noch ein bisschen in die Länge zu ziehen.
“Janet hat mir erzählt, dass ihr zwei euch in L.A. begegnet seid.”
Evan sah ihn mit großen Augen an. “Äh, ja, das stimmt.”
Evan selbst hatte es ihm erzählt, aber er schien in einem Zustand zu sein, in dem er sich an solche Details nicht
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