P.S. Ich liebe Dich
wäre eine Filmcrew im Pub gewesen und hätte stundenlang alles für eine Katastrophenszene vorbereitet. Und die hätte kaum besser klappen können.
Der Moderator baute Holly mächtig auf, nachdem sie ihm erzählt hatte, sie wäre eine professionelle Sängerin. Gerry brachte vor Lachen schon kein Wort mehr heraus, aber Holly hatte sich nun einmal in den Kopf gesetzt, ihm zu zeigen, dass sie immer noch in der Lage war, sich gnadenlos zu amüsieren. Er brauchte die Scheidung noch nicht einzureichen! Spontan beschloss sie, »Like a Virgin« zu singen und den Song dem jungen Mann zu widmen, der am nächsten Tag heiraten wollte. Doch sie hatte kaum richtig angefangen, als das Publikum auch schon in laute Buhrufe ausbrach. So etwas hatte Holly in ihrem Leben noch nicht gehört, aber sie war so betrunken, dass es ihr nichts ausmachte. Unbeirrt sang sie weiter, inzwischen nur noch für ihren Mann, denn er war der Einzige, der kein angewidertes Gesicht machte.
Schließlich begannen die Leute Gegenstände auf die Bühne zu werfen, und als der Moderator das Publikum anfeuerte, noch lauter zu buhen, fand Holly endlich auch, dass es reichte. Sie gab dem Moderator das Mikrophon zurück, und in diesem Augenblick brandete der Applaus so heftig auf, dass die Gäste aus dem Nachbarpub angelaufen kamen, um zu sehen, was hier los war. Leider mit dem Erfolg, dass noch mehr Leute mitkriegten, wie Holly auf ihren Plateau-Absätzen umknickte und so unglücklich die Treppe hinunterfiel, dass ihr Rock hochrutschte und man ihren Slip sah – der vor Urzeiten einmal weiß gewesen war. Man brachte sie ins Krankenhaus, wo ihre gebrochene Nase verarztet wurde.
Damals hatte Holly sich geschworen, nie wieder Karaoke zu singen.
Zwölf
»Holly Kennedy? Wo sind Sie denn?«, dröhnte die Stimme des Moderators durch den Saal. Der Applaus verebbte zu einem lauten, aufgeregten Gemurmel, während alle sich umdrehten und nach Holly Ausschau hielten. Die können lange suchen, dachte sie, während sie den Toilettensitz herunterklappte und sich darauf niederließ, um zu warten, bis der Trubel sich legte und man an ihrer Stelle das nächste Opfer aufrief. Sie stützte den Kopf in die Hände und betete, dass es möglichst schnell vorüberging. Wäre sie doch nur schon wieder zu Hause, wäre es nur schon eine Woche später. Sie schloss die Augen, zählte bis zehn, flehte um ein Wunder und machte die Augen dann vorsichtig wieder auf. Sie war immer noch in der Toilette.
Draußen im Club herrschte auf einmal absolute Stille, und Erleichterung machte sich in Holly breit – sie nahmen tatsächlich den nächsten Kandidaten dran! Ihr Körper entspannte sich: Die verkrampften Schultern, die geballten Fäuste, die zusammengebissenen Zähne, alles wurde lockerer. Sie konnte sogar wieder atmen. Aber sie beschloss, sicherheitshalber erst dann endgültig das Weite zu suchen, wenn der nächste Song angefangen hatte.
Da hörte sie, wie die Tür zur Toilette aufging und sich leise wieder schloss. O je, jetzt kam doch noch jemand, um sie zu holen! Wieder begann ihr Herz zu pochen. Inzwischen musste es schon völlig erschöpft sein.
»Holly?«
Es war Sharon.
»Holly, ich weiß, dass du da drin bist, also hör mir bitte zu, ja?«
Holly schniefte die Tränen zurück, die überzulaufen drohten.
»Okay, ich weiß, dass das ein absoluter Albtraum für dich ist, aber du musst dich entspannen, in Ordnung?«
Sharons Stimme klang so beruhigend, dass Hollys Herzklopfen sich tatsächlich wieder etwas beruhigte.
»Also. Ich habe eine Riesenangst vor Mäusen, das weißt du ja, Holly.«
Holly runzelte die Stirn.
»Mein schlimmster Albtraum ist, in ein Zimmer gehen zu müssen, in dem es von den Biestern wimmelt. Also, was würde ich in dem Fall wohl machen?«
Holly lächelte bei dem Gedanken an Sharons Phobie und ihr fiel ein, wie ihre Freundin einmal für zwei Wochen zu Gerry und ihr gezogen war, weil sie in ihrem Haus eine Maus entdeckt hatte.
»Ich wäre genau da, wo du jetzt bist, und nichts auf der ganzen Welt könnte mich da rausholen.«
Sie hielt inne.
»Was?«, hörte man die Stimme des Moderators durchs Mikrophon, dann lachte er. »Meine Damen und Herren, wie es aussieht, ist unsere Sängerin gerade auf der Toilette.« Brüllendes Gelächter erschütterte den Saal.
»Sharon!« Hollys Stimme zitterte. O Gott, der Mob würde die Klotür eintreten, ihr die Kleider vom Leib reißen und sie zur Exekution auf die Bühne schleppen! Hastig fuhr Sharon fort: »Was ich damit
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