P.S. Ich liebe Dich
bedeutete, dass sie ihn inzwischen längst angerufen hatte.
Als Holly den Weg zur Haustür hinaufging, stutzte sie unwillkürlich. War das nur ihre Einbildung, oder sah der Garten heute irgendwie ordentlicher aus?
Dann hörte sie einen Rasenmäher und drehte sich um. Es war ihr Nachbar, der in seinem Garten zugange war, und sie winkte ihm dankbar zu, weil sie annahm, dass er sich nebenbei auch um ihren gekümmert hatte. Der Nachbar winkte freundlich zurück.
Der Garten war immer Gerrys Angelegenheit gewesen. Zwar war er auch nicht gerade ein passionierter Gärtner, aber da Holly in diesem Bereich absolut unfähig war, hatte er das übernommen. Der Garten war immer sehr schlicht gewesen: ein kleiner Rasen mit ein paar Büschen und Blumen darum herum. Gerry verstand allerdings auch nicht viel von Pflanzen, setzte sie oft zur falschen Jahreszeit, sodass sie eingingen und nur die widerstandsfähigen Büsche übrig blieben. Jetzt sah es aus wie ein verwildertes Feld. Mit Gerrys Tod war auch der Garten gestorben.
Dabei fiel Holly Richards Orchidee ein, und sie lief schnell ins Haus, füllte einen Krug mit Wasser und goss es über die halb verdurstete Pflanze. Sie sah nicht gerade gesund aus, aber Holly schwor sich, dass sie sie nicht eingehen lassen würde.
Sie schob ein Hähnchencurry in die Mikrowelle und setzte sich an den Küchentisch. Auf der Straße draußen hörte man noch Kinder spielen. Das hatte sie als kleines Mädchen immer sehr geliebt: Wenn die hellen Abende kamen, hatten Mum und Dad sie abends lange draußen herumtoben lassen, ohne auf die Schlafenszeit zu achten, und das war immer etwas ganz Besonderes gewesen. Holly ließ sich den Tag noch einmal durch den Kopf gehen und kam zu dem Schluss, dass er insgesamt gut gewesen war. Abgesehen von einer Sache …
Sie blickte auf ihren Ehering und bekam sofort ein schlechtes Gewissen. Als dieser Rob abgehauen war, hatte Holly sich schrecklich gefühlt. Sie hatte einem anderen Mann in die Augen geschaut und daran gedacht, mit ihm auszugehen. Auch in den Jahren ihrer Ehe mit Gerry hatte sie ab und zu andere Männer attraktiv gefunden, aber das war etwas anderes gewesen. Damals waren gut aussehende Männer für sie kein Thema gewesen, denn sie kehrte ja immer nach Hause zu ihrem Mann zurück, den sie liebte, und dachte nicht mehr an den anderen. Jetzt hatten sich die Dinge drastisch verändert. Aber Hollys Herz gehörte immer noch Gerry. Sie konnte nicht plötzlich so tun, als liebte sie ihn nicht mehr, nur weil er nicht mehr da war. Sie fühlte sich immer noch verheiratet, und wenn sie heute Mittag mit Rob einen Kaffee getrunken hätte, wäre sie sich vorgekommen, als würde sie ihren Mann betrügen. Ihr Herz, ihre Seele und ihre Gedanken gehörten immer noch Gerry. Aber er war nicht mehr da.
Gedankenverloren drehte sie an ihrem Ehering. Wann würde sie ihn ablegen? Inzwischen war Gerry schon fast ein halbes Jahr tot. Wann war der richtige Zeitpunkt, den Ring abzunehmen und sich klarzumachen, dass sie nicht mehr verheiratet war? Gab es irgendwo ein Handbuch für Witwen, in dem so etwas stand? Wo sollte sie den Ring aufbewahren? War es besser, ihn wegzuwerfen? Oder ihn nebens Bett zu legen, damit sie sich jeden Tag an ihn erinnerte? Fragen über Fragen. Nein, sie war noch nicht bereit, Gerry aufzugeben, für sie lebte er noch. Die Mikrowelle piepte, das Essen war fertig. Sie holte es heraus und beförderte es auf direktem Wege in den Abfall. Ihr war der Appetit vergangen.
Später rief Denise an. Sie war in heller Aufregung. »Mach das Radio an, auf Dublin FM, schnell!«
Holly rannte zum Radio. »Ich bin Tom O'Connor, und Sie hören Dublin FM. Falls Sie gerade erst eingeschaltet haben – wir unterhalten uns gerade über Türsteher, die Rausschmeißer der einschlägigen Clubs. Angesichts der Überredungskünste, die die ›Girls and the City‹ zum Einsatz bringen mussten, um ins ›Boudoir‹ zu gelangen, möchten wir gerne wissen, wie Sie über Türsteher denken. Finden Sie die Kerle in Ordnung? Oder eher nicht? Machen Sie ihren Job richtig? Rufen Sie uns an, die Nummer ist … «
Holly griff wieder zum Telefon.
»Was haben wir da bloß ausgelöst, Denise?«
»Ja, nicht wahr?«, kicherte sie. Anscheinend fand sie es ganz wunderbar. »Hast du die Zeitungen heute schon gesehen?«
»Ja, aber das ist doch alles ein bisschen albern. Okay, es war eine gute Dokumentation, aber die Artikel waren ziemlich blöd, fand ich.«
»Ich find’s toll! Ich komme drin
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