Psalms of Isaak 01. Sündenfall
was sich unbehaglicher anfühlte – der Mystizismus der Sümpfler oder Winters’ Hand, die seine Wange umfasste. Er spürte, wie eine Wärme durch ihn strömte und etwas in seiner Brust und seinem Magen zu flattern begann.
Winters ließ ihre Hand sinken, und der Ausdruck auf ihrem Gesicht machte ihm klar, dass auch sie das Unbehagen gespürt hatte. Sie sah zur Seite und errötete.
»Das verstehe ich nicht«, sagte Neb schließlich. Er meinte sowohl die seltsamen Gefühle, die dieses mit Dreck verschmierte Mädchen in ihm aufwühlte, als auch die Prophezeiungen des Sumpfkönigs.
»Wir sind am Ende unseres Aufenthalts hier angelangt, Nebios ben Hebda«, sagte sie. »Während alles, was von unseren Völkern übrig war, aus den Ländern jenseits der Mahlenden Ödlande in diese Neue Welt kam, kleidete sich der erste Sumpfkönig in Sack und Asche, wusch sich im Staub der Erde, von der er gekommen war, und rief seine Kinder dazu auf, es ihm gleichzutun. Als Fremde in diesem Land scheuten wir die Androfranziner und ihr Licht, wir waren den Schatten zugetan, denn wir erkannten, dass das Wissen der Vergangenheit keine sicherere Zukunft schaffen konnte – es würde nur die Vergangenheit wieder heraufbeschwören. Selbst P’Andro Whym wusste, dass ein Tag kommen würde, an dem seine Sünden auf seine Kinder zurückfallen würden.« Die Worte sprudelten aus ihr heraus, ihre Augen leuchteten, während sie sprach, und ihre Sätze verliefen ineinander. »Wir werden ausziehen und die Heimat aus unseren Träumen suchen, und in diesen Träumen, wachend wie schlafend, bist du der eine, der uns auf unserer Pilgerfahrt heimwärts führen wird.«
Plötzlich sprach sie in Zungenrede wie der Sumpfkönig, ihre Augen groß vor Erstaunen und Furcht. Neb sah, wie sich ihre Kiefermuskeln verkrampften, als sie versuchte, gegen die ekstatischen Äußerungen anzukämpfen, aber sie schaffte es nicht.
Neb öffnete den Mund, um sie zu fragen, ob es ihr gut gehe, ob es etwas gebe, das er tun könne, aber sein Verstand war nicht fähig, die Worte zu einer Frage zusammenzufügen. Er spürte, wie eine Art von Entsetzen in ihm aufwallte, das in seinem Magen begann und sich in seinem Körper ausbreitete. Er fühlte Erregung und Angst und Begeisterung, während seine Haut von Kopf bis Fuß kribbelte.
Er öffnete den Mund, um zu fragen, was mit ihm geschah, und als er es tat, stellte er fest, dass er plötzlich in Zungenrede mit dem Sumpfmädchen sprach, dass sich ihre Stimmen ineinander verwoben und wieder trennten, während sie die Sätze des anderen in einer Sprache vollendeten, die keine Sprache war, sondern Sehnsucht und Grauen und furchtbare Traurigkeit.
Winters’ Augen waren weit nach hinten gerollt, sie kippte von ihrem Stuhl und lag zuckend auf dem Boden. Neb spürte, wie auch seine eigenen Muskeln ihn hinabzogen, aber er zwang sich auf die Beine und ging zu Winters, ehe er vor ihr auf die Knie fiel.
Wie Schlangen umfingen ihre Arme seinen Körper, ihre starken Finger gruben sich in seine Haut und zogen ihn in den Schmutz hinab. Neb hielt das Mädchen fest umschlungen und ließ die Worte durch sich hindurch- und aus sich herausfließen, tanzte mit ihren Worten, während sie sich auf dem Boden liegend aneinander festhielten. Schließlich endete der Redeanfall, und sie lagen ruhig da, mit geschlossenen Augen, ihr abgehackter Atem das einzige Geräusch im Raum.
Als er die Augen öffnete, starrte sie ihn an. Er spürte den Schmerz in seinem Kiefer und wie rau sein Hals war – zerfetzt von Worten, die zu sprechen er nicht gewohnt war. »Ich verstehe nicht, was da passiert ist«, sagte er, seine Stimme heiser und leise. »Ich verstehe nicht, wie ich daran teilhaben konnte.«
Sie reckte ihren Hals und küsste ihn auf die Wange. »Lieber, süßer Traumjunge«, sagte sie mit einer Stimme, die von weither zu kommen schien. »Es ist nicht immer notwendig zu verstehen.«
Nebs Muskeln taten weh, und plötzlich fiel ihm auf, dass er noch immer mit dem Mädchen verschlungen lag. Das Kribbeln war zu etwas anderem geworden. Die Wärme ihres Körpers und die Kraft ihrer Hände, mit der sie ihn hielt, ließen in ihm etwas entstehen, das furchterregend und beglückend zugleich war.
Er machte sich rasch von ihr los und stemmte sich auf die Füße. Sie tat das Gleiche, und er stellte fest, dass ihr Gesicht genauso rot war wie seines. »Es tut mir leid«, sagte er.
Sie lachte. »Dir muss nichts leidtun. Der Geist regt sich, wie es ihm gefällt, ebenso der
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