Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Psalms of Isaak 01. Sündenfall

Psalms of Isaak 01. Sündenfall

Titel: Psalms of Isaak 01. Sündenfall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Scholes
Vom Netzwerk:
Kopf. »Nein, das habe ich nicht.«
    »Aber du hast davon gewusst?«
    Er nickte. »Ja. Man ist schon vor Jahren an mich herangetreten, um etwas von großem Wert und großer Gefährlichkeit in den Tresoren der Li Tam aufzubewahren. Unter Papst Introspekt wurde darüber gesprochen, die Fragmente zu trennen, aber diesen Plan hat man schnell verworfen.«
    Petronus betrachtete den alten Mann, dann musterte er sein wahres Gesicht und versuchte einzuschätzen, ob seine Worte eine Lüge verbargen. Aber Vlad Li Tam war ein Meister im Damenkrieg und ein Meister seiner selbst. Man konnte seine Züge nicht vorhersagen, es gab keine verräterische Haltung, nicht den kleinsten Hinweis, um ihn bei einer Lüge zu erwischen. Und nicht einmal die beste franzinische Ausbildung konnte durch diese perfekte Maske blicken. »Dann müssen wir in Erfahrung bringen, wie Sethbert den Bannspruch entdeckt und was ihn zu seiner Tat getrieben hat.«
    Vlad Li Tam schüttelte den Kopf und lachte leise. »Ein Androfranziner durch und durch.«
    Petronus spürte, wie sein Blut aufwallte. Er zeigte auf den gefüllten Graben, dann auf eine Reihe von Totengräbern, die in der Nähe des ehemaligen Stadtzentrums arbeiteten. »Eine Stadt liegt tot darnieder, Vlad. Eine Lebensweise hat ein Ende gefunden. Das Wenige, was vom Licht bleibt, flackert nur noch schwach. Wenn es nicht die Mechoservitoren gäbe, wäre es nun so gut wie erloschen. Ich will wissen, weshalb.«
    »Das wollen wir alle wissen, Petronus. Aber die Strategie gibt vor, dass wir zuerst sichern, was noch übrig ist.« Vlad Li Tam seufzte und sah einen Augenblick zur Seite, ehe er wieder Petronus anblickte. »Ich fürchte, ich bin nicht ganz ehrlich zu dir gewesen.«
    Petronus spürte, wie sich seine Augenbrauen zusammenzogen. »Was meinst du damit?«
    Vlad griff in seine Gürteltasche und zog eine vergilbte Schriftrolle hervor, die sorgfältig aufgerollt und mit dem Violett der Androfranziner verschnürt war. Er reichte sie Petronus.
    Petronus las die Nachricht und wurde blass. Er las sie noch einmal, diesmal langsamer, und die Worte ergaben schließlich einen Sinn. Er blickte auf. »Dies sind Pläne für eine Verlegung des Ordens, weg von Windwir.«
    Er nickte. »Unter dem Siegel von Introspekt.«
    Petronus’ Gedanken wirbelten durcheinander. »Weshalb sollten sie das tun?«
    »Vorsichtsmaßnahmen«, sagte Vlad Li Tam. »Es scheint, als hätten auch sie es im Gespür gehabt, dass sich etwas Derartiges ereignen würde.«
    Petronus zermarterte sich den Kopf, versuchte irgendeinen Fetzen von Erinnerung zu finden, der alldem einen Sinn verleihen könnte. Zweitausend Jahre lang hatten die Große Bibliothek und der Orden in Windwir residiert. Sie waren das Rückgrat der entrolusischen Wirtschaft, zentral angesiedelt, aber trotzdem weit genug von allem entfernt, um ein Mindestmaß an Sicherheit und Ungestörtheit zu bieten.
    Plötzlich sah er Vlad Li Tams Strategie deutlicher und verstand sie. »Die Neun Wälder«, sagte er leise.
    Vlad Li Tam nickte. »Ich erhielt vor beinahe dreißig Jahren, eigentlich kurz nach deinem Abgang, die Heilige Salbung durch den Orden, um Rudolfo darauf vorzubereiten.« Petronus musterte ihn, überrascht, dass Vlad Li Tams wahres Gesicht ihn bei einer so kleinen Lüge verriet: sogar noch länger, wie er erkannte, aber er sagte nichts. Die einzige andere Person außer Vlad Li Tam, die wahrheitsgemäß hätte sagen können, wann all dies begonnen hatte, war bei der Verheerung von Windwir gestorben. Aber Petronus nahm an, dass das Werk – sowohl die Erforschung des Bannspruchs als auch die Pläne, Windwir umzusiedeln – schon weit vor seiner Abkehr vom Papsttum und seiner Rückkehr zum Fischen seinen Anfang genommen hatte.
    Noch ein Grund, weshalb du hättest bleiben sollen, alter Mann.
    Petronus zwang seine Gedanken zurück zur Sache. »Hast du also vor, Introspekts Plan weiterzuführen?«
    Vlad Li Tams Augen waren hartes, blaues Glas. »Das hängt vom Befehl meines Papstes ab.«
    Petronus nickte. »Versteht Rudolfo, was das bedeuten würde?«
    Vlad Li Tam zuckte die Schultern. »Vielleicht oder vielleicht auch nicht. Ich werde es ihm nicht sagen, ich bin durch die Heilige Salbung gebunden. Und es hat gewisse« – er hielt inne, um nach dem richtigen Wort zu suchen – »Schwierigkeiten bei der Ausführung der Strategie der Androfranziner gegeben. Du hast den Weg der Franziner studiert. Menschen können auf eine Rolle vorbereitet werden, aber fast immer beinhaltet diese

Weitere Kostenlose Bücher