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Psalms of Isaak 01. Sündenfall

Psalms of Isaak 01. Sündenfall

Titel: Psalms of Isaak 01. Sündenfall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Scholes
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zurückhaltend an und zog sich dann rasch daraus zurück. Petronus sah, dass er die Hand in der Tasche hatte und mit etwas herumspielte.
    »Wir haben uns Sorgen um dich gemacht«, sagte Petronus. »Unsere Zigeunerfreunde haben gesagt, sie würden sich nach dir erkundigen – ich habe auf Neuigkeiten gewartet.« Er lächelte und klopfte dem Jungen auf den Rücken. »Ich bin froh, dass du wieder da bist.«
    Neb nickte. »König Rudolfo ist zu Verhandlungen eingetroffen, als ich ging.«
    Petronus setzte sich auf ein geschwärztes Mauerstück in der Nähe. Als Neb sich neben ihm niederließ, sagte Petronus: »Alle Könige haben sich heute Morgen zu Verhandlungen getroffen.«
    Neb blickte ihn an, und Petronus sah Sorge in seinem Gesicht. »Was werdet Ihr tun?«
    Petronus blinzelte überrascht, weil der Junge plötzlich so freimütig sprach. Er fragte sich, was ihm im Lager der Sümpfler widerfahren war, und hätte diese Frage auch gestellt, wenn Nebs Tonfall nicht eine ehrliche und sofortige Antwort gefordert hätte. »Ich weiß nicht, was ich tun werde«, sagte er.
    Neb nickte. »Der Sumpfkönig hat von dem wiederauferstandenen Papst gesprochen. Er sagte, dass das Ende des Lichts auch das Ende ihrer Zeit in diesem Land wäre – dass es für sie eine neue Heimat gäbe.«
    Petronus neigte den Kopf. »Das ist der Mystizismus der Sümpfler und nichts weiter.«
    Neb zuckte die Schultern, sagte aber nichts.
    »Ist noch etwas geschehen?«, erkundigte sich Petronus. Es war keine Frage.
    Neb blickte auf, dann sah er zur Seite, sein Gesicht floss über vor widersprüchlichen Gefühlen. Er will es mir nicht sagen, dachte Petronus. »Da war ein Mädchen«, gab er schließlich zu.
    Petronus lachte leise. »In diesem Alter fängt es an«, sagte er.
    Neb blickte zur Seite, und Petronus fiel auf, dass er die Hand immer noch in der Tasche seines Talars vergraben hatte. »Glaubt Ihr, dass Träume wahr sind?«
    »Natürlich«, sagte Petronus. »Die Franziner lehren uns, dass Träume der Pfad sind, den Teile unseres Verstandes beschreiten, um die Reize unserer Erfahrungen im Wachzustand zu verarbeiten.«
    Neb schüttelte den Kopf. »Ich meine – können sie die Zukunft vorhersagen?«
    Petronus lehnte sich zurück. »Manchmal scheint das der Fall zu sein. Du hast geträumt, dass der Sumpfkönig mit seiner Armee Richtung Süden nach Windwir reiten wird, und er hat es getan.«
    Nebs Blick traf den von Petronus. »Das ist nicht alles, was ich in jener Nacht geträumt habe.«
    Petronus wartete.
    Schließlich fuhr Neb fort: »In meinem Traum hat mir Bruder Hebda erzählt, dass ich Euch im Garten der Krönung und Weihe zum Papst erklären würde.«
    Petronus spürte, wie ihm die Farbe aus dem Gesicht wich. Nun griff der Junge in die Tasche und zog etwas Kleines hervor, das matt im grauen, winterlichen Sonnenlicht glänzte. Petronus schielte darauf und schnappte nach Luft.
    Das päpstliche Siegel lag auf Nebs Handteller.
    Der Junge streckte seine Hand aus, sie zitterte leicht.
    Erst nahm Petronus den Ring nicht. Er starrte ihn nur an, spürte, wie die Angst davor ihn in Schüben durchströmte. Nachdem scheinbar Stunden vergangen waren, ergriff er endlich den Ring und wog ihn in seinen Händen.
    »Ihr seid Petronus«, sagte Neb, »der Verschollene König von Windwir und der Verlorene Papst des Heiligen Stuhls des Androfranzinerordens.« Petronus sah den Strom von Tränen, der weiße Linien in Nebs Wangen schnitt. Er spürte, wie sich auch in seinen Augen Tränen sammelten.
    »Ich bin Petronus«, sagte er langsam. Mit angehaltenem Atem steckte er den Ring auf den zweiten Finger seiner rechten Hand.
    Neb stand auf. Er zog eine Phiole aus der Tasche und entkorkte sie. Als er sie an die Lippen hob, erhob sich Petronus und schüttelte den Kopf.
    »Nein«, sagte er und griff nach der Phiole. »Du hast genug getan, Nebios. Lass mich selbst den Papst ausrufen.«
    Neb stieß seinen angehaltenen Atem aus, und Petronus nahm die Phiole aus seiner bebenden Hand.
    Als er sie an den Mund hob, spürte er, wie ihre Macht ihn durchströmte. Es war der Geschmack von Blutmagie, mit Pulvern aus Gewächsen gewürzt, die an dunklen Orten gezogen worden waren. Er trank sie aus und räusperte sich, spürte, wie die Luft wie Donner aus ihm herausströmte.
    Dann richtete Petronus sich zu seiner ganzen Größe auf und rief in den Himmel. »Ich bin Petronus«, sagte er. »Ich bin der gekrönte König von Windwir und der geweihte Papst des Heiligen Stuhls des Ordens der

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