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Psalms of Isaak 01. Sündenfall

Psalms of Isaak 01. Sündenfall

Titel: Psalms of Isaak 01. Sündenfall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Scholes
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sehen, war ein beängstigendes Resultat. Nachdem sich die Menge aufgelöst hatte, waren nur der Sumpfkönig, Rudolfo und Königin Meirov geblieben, und Petronus war mit ihnen fortgegangen, während sie sich mit leisen Stimmen unterhielten. Neb war in das Lager zurückgekehrt und hatte, nach einem Abendessen, das er kaum angerührt hatte, hier im Schnee gewartet.
    Schließlich kam der alte Mann. Er sah den Jungen und schenkte ihm ein grimmiges Lächeln. »Es musste getan werden, Neb«, sagte er.
    Neb nickte. »Es tut mir leid.«
    Petronus zog die Zeltklappe auf. »Das muss es nicht. Aber ich verstehe, wenn du so fühlst.« Er hielt inne, halb im Zelt verschwunden. »Und ich frage mich, was du noch in deinen Träumen gesehen hast.«
    Neb brachte es nicht über sich, es ihm zu erzählen. »Nichts, was einen Sinn ergibt«, sagte er schließlich. »Ihr solltet Euch ausruhen, Eure Exzellenz.«
    Petronus nickte. »Dann also Gute Nacht.«
    Nachdem der alte Mann ins Zelt geschlüpft war, spazierte Neb durch das Lager.
    Die Arbeiter schnarchten in ihren Zelten, die kleinen androfranzinischen Heizungen bliesen durch lange Messingkamine Dampf in die kalte Luft. Ansonsten war das Lager ruhig. Inzwischen fiel Schnee, und Neb war sich nicht sicher, wie lange sie noch hier ausharren konnten. Da Petronus nun in Windwir bleiben würde, würden keine weiteren Vorratswagen von Sethbert mehr kommen. Dafür hatten sie jetzt, nachdem Petronus sich ausgerufen hatte, Zugang zu den Geldern auf den Konten der Androfranziner beim Haus Li Tam. Die Wachposten der Entrolusier wurden unterdessen durch Sumpfleute oder Zigeunerspäher ersetzt. Und er nahm an, dass Rudolfos Streunende Armee auf dem Weg war.
    Der Gedanke an das Sumpfvolk brachte die Erinnerung an das Mädchen zurück. Er konnte sie nicht lange aus seinem Bewusstsein verdrängen – sie drang regelmäßig wieder ein.
    Er hatte sich auch so schon zu ihr hingezogen gefühlt, aber der Kuss hatte es besiegelt. Er fragte sich, was sie gerade machte und ob er sie wiedersehen würde. Sie hatte gesagt, dass das der Fall sein würde, aber Neb nahm dieser Tage nur weniges wörtlich. Diesen Rudolfo zum Beispiel. An der Oberfläche schien er ein Geck zu sein, aber aus der Nähe sah Neb Stahl in den Augen dieses Mannes. Deswegen war er dankbar dafür, dass Petronus ihm die Wacht über das Licht anvertraut hatte, und noch viel dankbarer war er, dass Petronus den Metallmann in die Obhut des Zigeunerkönigs gegeben hatte.
    Neb schritt über die Grenzen des Lagers hinaus. Der Mond war wieder aufgegangen, stand inzwischen hoch über ihm, blau, mit Grün gesprenkelt. An manchen Tagen konnte man den Turm des Mondhexers kaum erkennen, man sah ihn nur, wenn der Mond tief, nahe am Horizont stand.
    Der Mondhexer war freilich eine ferne Erinnerung aus der Ersten Welt. Und alle Bücher, die Legenden von seinen Heldentaten enthielten, waren nun noch Asche. Bruder Hebda hatte ihm ein Pergament mit einem frühen Text über die Mondexpedition des Zaren aus der Welt vor der Zeit des P’Andro Whym gezeigt. Sie hatten sich während eines der Besuche seines Vaters darüber unterhalten und waren gemeinsam spazieren gegangen.
    »Ich will tun, was du tust«, hatte Neb gesagt. Er hatte das Pergament nicht berühren dürfen, aber er hatte sich weit vorgebeugt, um es genau zu mustern. »Ich will die verschollenen Pergamente der Alten Welt finden.«
    Ein Schatten legte sich auf Bruder Hebdas Gesicht. »Nicht alle davon sollten gefunden werden«, murmelte er mit leiser Stimme.
    »Bruder Hebda?«
    Er blickte auf. »Es tut mir leid, Neb. Ich bin heute Abend ein wenig zerstreut. Ich denke, dass wir etwas gefunden haben, das besser unentdeckt geblieben wäre.«
    Neb sah zu ihm auf. »Was ist es?«
    Bruder Hebda schüttelte den Kopf. »Das weiß ich nicht. Und wenn ich es wüsste, könnte ich es dir nicht sagen. Aber ich habe ein schlechtes Gefühl.«
    Sein Vater hatte recht behalten.
    Neb hörte eine leise, vertraute Stimme.
    »Nebios ben Hebda.« Er konnte ihren Moschusduft riechen, und ohne Vorwarnung spürte er warme Lippen, die über seine Wange strichen. »Der Sumpfkönig ist sehr zufrieden mit dir«, sagte sie.
    Der Kuss ließ ihn zusammenzucken. Nachts war der Zauber der Magifizienten beinahe undurchdringlich. »Winters?«
    Aber sie war schon fort und rannte in die Nacht zurück.
    Vlad Li Tam
    Vlad Li Tam lächelte und sog Rauch durch den langen Stiel seiner Pfeife. Immer wieder hatte er die Ereignisse des Tages

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