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Psalms of Isaak 01. Sündenfall

Psalms of Isaak 01. Sündenfall

Titel: Psalms of Isaak 01. Sündenfall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Scholes
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ausgeschwärmt waren, hatte Petronus Vögel nach Caldusbucht und in zwei weitere Dörfer geschickt, die Neb nicht kannte, und er war zu weit entfernt, als dass er hätte lesen können, an wen sie gerichtet waren. Schließlich schrieb er noch eine lange Botschaft in einer Schrift, von der Neb nur wusste, dass sie von irgendwo an den Smaragdküsten stammte. Diese knüpfte er an den Vogel, der am stärksten und schnellsten aussah, und in die Ohren dieses Vogels flüsterte er am längsten, ehe er ihn zum Himmel hob.
    Als sie fertig waren, nahm Petronus Neb mit in die Schenke, und sie stopften sich mit Wels und gebratenem Brot voll.
    Als Neb den Rest des Eintopfs mit seiner letzten Brotkruste aus der Schüssel tunkte, lächelte er den alten Mann an.
    Petronus lächelte auch. »Wir haben ein gutes Tagwerk verrichtet.«
    Neb nickte. Das hatten sie. Und obwohl er eigentlich selbst nicht viel getan hatte, hatte er auf eine Art und Weise gelernt, wie er es in der Waisenschule noch nie getan hatte: einfach dadurch, diesen Mann bei der Arbeit zu beobachten, wie er Vertrauen hier und Argwohn dort aufbaute, dem einen ein Grinsen entlockte, dem anderen ein Nicken. Er hatte noch nie etwas Vergleichbares gesehen, und es wühlte etwas in ihm auf. Plötzlich wurde er in seine Vergangenheit zurückgeworfen.
    »Aber ich weiß nicht, was ich einmal sein möchte«, hatte er seinem Vater während eines Besuchs gestanden.
    Bruder Hebda hatte gelächelt. »Sei nicht das, was du tust«, sagte er. Er war in den Franzinischen Lehren ausgebildet, und Neb hatte es immer gefallen, ihre Umsetzung im echten Leben zu sehen. »Tun und Sein sind nicht dasselbe.«
    »Aber ist nicht das, was ich bin, von dem bestimmt, was ich tue?«
    Auf dem Gesicht seines Vaters zeigte sich ein noch breiteres Lächeln. »Manchmal. Aber was du tust, kann sich von Situation zu Situation ändern. Kann ein guter Mann töten?«
    Neb schüttelte den Kopf.
    »Aber die Grauen Gardisten töten … Sind sie gut?«
    Darüber dachte Neb nach. »Ich denke, das sind sie. Weil sie ihrer Aufgabe nachgehen, um das Licht zu schützen.«
    Bruder Hebda nickte. »Das tun sie. Aber nimm an, ihnen wurde befohlen, einen Mann zu töten, weil er ein Ketzer war, aber in Wahrheit war er der Feind eines rachsüchtigen, betrogenen Ehemannes. Ist dann die Graue Garde von dem bestimmt, was sie tut?«zu
    Neb lachte. »Ich habe doch nur gesagt, dass ich nicht weiß, was ich sein will, wenn ich erwachsen bin.«
    Bruder Hebda lachte auch. »Oh. Nun, das ist einfach.«
    »Wirklich?«
    Sein Vater nickte und beugte sich vor. »Halte nach jenen Ausschau, die dich mit offenem Mund starren machen. Studiere sie, finde heraus, was sie lieben und was sie fürchten. Grabe den Schatz in ihren Seelen aus, und halte ihn ans Licht.« Er beugte sich noch näher heran, so dass Neb den Wein in seinem Atem riechen konnte. »Und dann sei wie sie.«
    Er erinnerte sich daran, wie er in diesem Augenblick gedacht hatte, dass er ein Mann wie Bruder Hebda sein wollte. Noch in diesem Winter hatte Neb seine erste Bitte abgegeben, in der er die Bewilligung beantragte, unter der Aufsicht einer Expedition in den Ödlanden studieren zu dürfen, am liebsten als Lehrlingsschüler, Hebda Garl zugeteilt.
    Inzwischen, nach nur einem Tag, an dem er Petronus – oder Petros – bei der Arbeit beobachtet hatte, hatte er jemand anderen gefunden, dem er ähnlich sein wollte.
    Nach dem Essen gingen sie hinaus zu der Menge, die sich versammelt hatte. Es war keine große Menge. Nicht alle waren gekommen. Aber genug. Und sie standen zwischen den Zelten und Karren auf dem Marktplatz, in der Nähe der offenen Tür der Schenke. Sie standen um einen umgedrehten Bottich herum, auf den der alte Mann kletterte, während er eine Schaufel über den Schultern hielt.
    Neb beobachtete alles aus dem Abseits. Der Bürgermeister, der zuvor nichts als Zustimmung gezeigt hatte, schien nun aufgeregt und auf eine Ansprache aus zu sein. Neb fragte sich, was sich geändert hatte.
    »Ich werde es kurz machen«, sagte Petronus, ehe der Bürgermeister versuchen konnte, ihn vorzustellen. Er ließ die Schaufel von der Schulter gleiten und zeigte damit nach Norden. »Ihr alle wisst, was mit Windwir geschehen ist. So weit man sehen kann, ist es ein Feld aus Asche und Knochen.« Aus der Menge drang gedämpftes Keuchen. »Wir sind alle Kinder der Neuen Welt, und an irgendeinem Punkt unserer Abstammung verbindet uns alle die Bundschaft miteinander. Wir wissen, dass das wahr ist.«

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