Psycho Logisch - Nuetzliche Erkenntnisse der Alltagspsychologie
Prozess abzuhalten (anders, wenn sie geldgierig sind oder sich wiederum selbst so überschätzen, dass sie den aussichtslosen Prozess doch nicht für aussichtslos halten …). Aber die wenigsten Mandanten lassen sich davon beeinflussen. Obwohl es sich bei ihnen meist um Laien handelt, sind sie »im Bauch« so stark davon überzeugt, im Recht zu sein, dass nichts und niemand sie aufhalten kann.
Wir können also Menschenleben retten und unseren Geldbeutel schonen, wenn wir uns manchmal fragen: Könnte ich möglicherweise in dieser Sekunde gerade einer Überlegenheitsillusion aufsitzen? Wir können aber auch das Verhalten anderer Menschen besser erklären und voraussagen, wenn wir berücksichtigen, dass auch sie sich in allem für überdurchschnittlich halten (werden). (Wenn Sie also gerade eine Rezension über dieses Buch im Internet veröffentlichen wollten, in der Sie sagen, alles sei falsch und schlecht und Sie wissen alles besser, dann fragen Sie sich … Denken Sie stattdessen daran: Selbstverständlich ist dieses Buch das beste, das je zu dem Thema geschrieben wurde! Weltweit. Ach was, im ganzen Universum …)
Und wenn Sie nun sagen: » Ich leide ganz bestimmt nicht unter Selbstüberschätzung«, dann möchten wir Ihnen noch den sogenannten »bias blind spot« vorstellen, den blinden Punkt in Bezug auf die eigene Voreingenommenheit. Unzählige Experimente zeigen: Es fällt uns leider auch verdammt schwer, unsere eigenen Überlegenheitsillusionen im Einzelfall zu erkennen und auszugleichen. Glauben Sie uns daher am besten einfach (denn wir haben die Weisheit nun wirklich mit großen Schöpflöffeln gefressen): Betroffen sind wir alle.
Buunk, B. P. (2001): Perceived superiority of one’s own relationship and perceived prevalence of happy and unhappy relationships. British Journal of Social Psychology, 40, 565–574
Ehrlinger, J., Johnson, K., Banner, M., Dunning, D. & Kruger, J. (2008): Why the unskilled are unaware: Further explorations of (absent) self-insight among the incompetent. Organizational Behavior and Human Decision Processes, 105, 98–121
Wer andre in der Grube sieht, springt selbst hinein?
Wie Sie durch interventionspsychologisches Mitfühlen Leben retten können
Stellen Sie sich vor: Sie sind auf Reisen, Sie wandern durch einen wunderschönen Wald. Die Natur ist weit über sich hinausgewachsen und hat Ihnen eine unfassbar bezaubernde Szenerie kredenzt.
Plötzlich hören Sie entfernt ein klägliches Wimmern. Sie halten inne, ein wenig erschrocken. Das Wimmern hält an, es scheint gar stärker zu werden. Vorsichtig begeben Sie sich in die Richtung, aus der die Geräusche kommen. Im letzten Moment bleiben Sie wie angewurzelt stehen – puh, um ein Haar wären Sie in eine tiefe Grube geplumpst.
Jetzt wird Ihnen auch klar, woher das Klagen kommt. Ganz tief unten sitzt ein kleines Kind, strampelt mit Armen und Beinen und ruft verzweifelt um Hilfe.
Was machen Sie?
❏ Sie sprechen dem Kind Mut zu und bitten es um Geduld. Sie laufen zur nächstgelegenen Zivilisation, besorgen eine lange Leiter, kehren zur Grube zurück. Sie befreien das vor Dankbarkeit strahlende Kind aus der Grube und bringen es zurück zu seinen überglücklichen Eltern.
❏ Sie sehen das Kind und folgen Ihrem ersten Impuls – und springen hinterher. Auf dem Grubengrund warten Sie und das Kind seitdem gemeinsam darauf, dass zufällig jemand vorbeikommt und eine Leiter dabei hat.
❏ Sie tun so, als hätten Sie nichts bemerkt und trollen sich dezent. Vielleicht ein zaghaftes Liedchen pfeifend …
Jeder einigermaßen »normal« tickende Mensch entscheidet sich für die »Leiter-Variante«. Variante zwei (»Hinterherspringen«) erscheint den meisten wenig sinnvoll, Variante drei (»Trollen«) unverantwortlich. Kommt alles so klar daher, treffen wir leicht die richtige Entscheidung.
Nun sind Gruben und Leitern in unserem Alltag aber oft getarnt und täuschen uns. Das führt dazu, dass wir uns im Alltag häufig für die zweite Möglichkeit entscheiden – und hinterherspringen. Manch einer wählt auch Option drei, weil er die erste Variante (Leiter besorgen) mit der zweiten verwechselt und Angst hat, sich weh zu tun.
Das Hinterherspringen ist ein Sinnbild für Mitleiden. Mitleid empfinden bedeutet, in den Schmerz des anderen, ursprünglich Leidenden hineinzugehen, diesen Schmerz anzunehmen und zu seinem eigenen zu machen. Das Problem dabei ist: Wer selbst leidet, wem es selbst nicht gut geht, der ist nicht mehr in der Lage,
Weitere Kostenlose Bücher