Psycho Logisch - Nuetzliche Erkenntnisse der Alltagspsychologie
dass Sie ihn in einer Stimmung erwischen, die überdurchschnittlich genug ist, um wesentlich hilfsbereiter zu sein. Und da Sie jetzt wissen, welche Kleinigkeiten schon ausreichen, können Sie auch leicht ein bisschen nachhelfen …
Nun wird es aber noch überraschender: Menschen sind auch dann besonders hilfsbereit, wenn es ihnen besonders schlecht geht! Dabei scheinen in unterschiedlichen Situationen unterschiedliche Mechanismen zu wirken. Geht es uns schlecht, weil wir uns wegen etwas schuldig fühlen, so neigen wir dazu, unsere Schuldgefühle auszugleichen, indem wir an anderer Stelle Gutes tun. Die gute Tat neutralisiert in unserem Kopf die schlechte und damit unser schlechtes Gewissen. So spenden Menschen, die zur Beichte gehen, etwa vor der Beichte mehr als nach der Beichte, denn nach der Beichte haben sie ihre Buße bereits empfangen.
In anderen Fällen leiden wir selber, wenn wir andere leiden sehen. Wird zum Beispiel jemand vor unseren Augen verprügelt, dann ist das auch für uns selbst eine unangenehme Situation. Das hat mit der Empathie zu tun (von der früher schon die Rede war) – wir fühlen uns in die geschlagene Person ein und erleben deren Schmerzen mit. Wir verbessern also auch unsere eigene Stimmung, wenn wir die Polizei rufen oder gar selbst eingreifen.
Schließlich gibt es Fälle, in denen kein sachlicher Zusammenhang besteht zwischen unserer eigenen schlechten Laune und der Hilfe, die wir leisten. Generell zeigen aber Versuche: Versetzt man Menschen in eine traurige Stimmung, so werden sie hilfsbereiter. Wie lassen sich solche Fälle erklären? Zum einen werden wir wohl empfänglicher für Schicksalsschläge anderer Menschen, wenn wir selber gerade einen Schicksalsschlag erleben. »Priming« (siehe das Kapitel »Wie zum Stöhnen die Lust kommt – oder der Schmerz«) und das Ähnlichkeitsprinzip (»Ziehen sich Gegensätze an oder aus?«) sorgen dafür, dass wir uns eher mit der Not anderer Menschen beschäftigen und Sympathie für sie entwickeln.
Die sogenannte »Negative-State-Relief«-Hypothese geht aber noch weiter. Sie besagt: Geht es uns schlecht, suchen wir systematisch nach Möglichkeiten, um uns besser zu fühlen. Eine davon kann sein, anderen Menschen zu helfen. Tun wir Gutes, bessern wir unsere eigene Gefühlsbilanz auf.
Helfen wir also am Ende immer nur aus egoistischen Gründen? Über diese Frage streitet die Wissenschaft seit Langem. Die sogenannte »Empathie-Altruismus«-Theorie geht davon aus, dass wir durchaus zu wirklich altruistischer, uneigennütziger Hilfe fähig sind, wenn wir wahre Empathie für jemanden entwickeln. Aber wie eng auch Mitgefühl mit eigenen Interessen verknüpft sein kann, haben wir bereits gesehen. Letztlich ist es auch weniger wichtig, warum genau Menschen helfen, sondern dass sie helfen – und dass sie wissen, wie sie am ehesten Hilfe bekommen können. Und das wissen Sie nun.
Cialdini, R. B., Darby, B. L. & Vincent, J. E. (1973): Transgression and altruism: A case for hedonism. Journal of Personality and Social Psychology, 9, 502–516
Isen, A. M. & Levin, P. F. (1972): Effect of feeling good on helping: Cookies and kindness. Journal of Personality and Social Psychology, 21, 384–388
McMillen, D. L., Sanders, D. Y. & Solomon, G. S. (1977): Self-esteem, Attentiveness, and Helping Behavior. Personality and Social Psychology Bulletin, 3, 257–261
North, A. C., Tarrant, M. & Hargreaves , J. (2004): The Effects of Music on Helping Behavior. Environment and Behavior, 36, 266–275
Warum Sie die Peitsche nie zum Zuckerbrot machen sollten
Mit »Konditionierung« kriegen Sie dauerhaft, was Sie wollen
Ihre Verabredung kommt mal wieder zu spät; die Kinder spielen trotz Verbot heimlich Computer; die Kollegen erledigen ihre Aufgaben zum wiederholten Male nicht pünktlich …
Und was machen Sie? Weil Sie ein höflicher Mensch sind und gut erzogen wurden, sehen Sie in zwei von drei Fällen gnädig darüber hinweg. Erst beim dritten Mal »ahnden« Sie den Verstoß mit einer freundlichen, doch bestimmten Ansage. Strafen ab, um dem Spuk ein Ende zu bereiten.
Und was passiert dann? Genau das Gegenteil: Ihre Verabredung kommt noch häufiger noch später; die Kinder werden noch dreister; die Kollegen tun fast gar nichts mehr …
Ja, kann es vielleicht sein, dass Ihr Verhalten irgendwie kontraproduktiv ist – und alles regelrecht noch schlimmer macht?
Die Antwort liegt buchstäblich auf der Pfote – und zwar in der Lernpsychologie. Entdecken Sie mit
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