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Psychologische Venentherapie

Psychologische Venentherapie

Titel: Psychologische Venentherapie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berndt Rieger
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zu ertragen. Manche Menschen haben sich innerlich so weit vorbereitet, dass sie wirklich absolut nichts spüren, außer einer großen freudigen Erwartung. Das Gros der Patientinnen berichtet von einem Krampf, der nicht weiter dramatisch wahrgenommen wird. Einzelne Menschen erleben diesen Schmerz aber sehr intensiv, beißen die Zähne zusammen, werden blass. Was geht hier vor? Es sind Menschen, deren Krampfadern das Resultat eines tiefen Schmerzes, einer Bitterkeit, eines alten Grams sind. Wenn sich diese Manifestationen auflösen, werden diese Gefühle wieder aktiv, treten in den Vordergrund. Es ist das vergleichbar einer Katharsis, als würde ein Knoten im Gefühl platzen. Diese Empfindung dauert vielleicht eine Minute und lässt macht dann dem Gefühl einer starken Erleichterung und Entlastung Platz. Die Menschen lächeln, sind beschwingt, sprechen viel und gerne, mitunter über sehr Tiefgehendes. Ich habe das zum ersten Mal wahrgenommen, als mir eine Patientin kurz nach der Behandlung vom Kindesmissbrauch sprach, den sie im Alter von vier Jahren erlebt hatte. Eine brutale Vergewaltigung mit starker Blutung. Wenn man berücksichtigt, dass ihre Krampfadern im Ausbreitungsgebiet jener Nerven lagen, die auch die Geschlechtsorgane versorgen, war der Zusammenhang offensichtlich. Das Besondere an dem Fall: Sie erzählte davon freudig, und sagte dazu: Es ist so schön, wenn man das endlich einmal jemandem erzählen kann. Sie wirkte ungemein erleichtert. So kann Krampfadertherapie tiefe ganzheitlich heilende Wirkung annehmen. 
     
    Diese Begebenheiten sind vielleicht auch der Grund dafür, dass es nur sehr selten vorkommt, dass Menschen vor der Behandlung nach einer „Vereisung“, einer Lokalanästhesie, fragen. Interessanterweise sagen die meisten Patienten vielmehr, dass sie diesen Krampf durchaus ohne Hilfsmittel aushalten können. Schließlich dauert er nur eine Minute und lässt dann schnell nach, wie sie zurecht argumentieren. Wer schon mehrmals Kochsalz gespritzt bekommen hat, weiß genau, worauf er sich dabei einlässt und ist in der Hinsicht gelassen. Ich habe in letzter Zeit kaum mehr eine Lokalanästhesie durchgeführt. Und es geht mir genauso gut dabei wie den Menschen, denn sie spüren instinktiv, dass der Krampf sie von einer inneren Blockierung befreit und nicht nur der Körper bei der Behandlung Hilfe bekommt, sondern auch die Seele.
     
    Danach lasse ich die Patientin ein bisschen auf und ab gehen, um sie selbst überprüfen zu lassen, dass alles okay ist. Viele äußern in diesem Stadium Überraschung, weil sie gar nichts mehr merken. Sie können es selbst kaum glauben. Bei manchen ist das krampfartige Gefühl zuvor intensiv, doch es verfliegt binnen kurzer Zeit und es bleibt nichts davon zurück. Es ist eine gute Sache, wenn Sie bei der Aufklärung der Patienten schon vorher darauf aufmerksam machen, dass das krampfende Gefühl nicht länger als eine Minute dauern wird und man dann, sobald es eingetreten ist, sich bewusst daran erinnern soll, dass es nur vorübergehend ist. Dieser Gedanke ist für den Betroffenen ungewöhnlich hilfreich. Denn wenn der Krampf anflutet, ruft der bei manchen Patienten eine kleinlaute Stimmung hervor, die Frage, ob sie das überhaupt aushalten können, wenn es noch schlimmer wird oder nicht mehr vergeht. Wenige Sekunden später flaut der Krampf ab und es ist da eine große Erleichterung. Vergehen dann noch einige Sekunden, ist er spurlos verschwunden. Wie schon oben erwähnt, ist die Schmerzverarbeitung aber sehr unterschiedlich und hängt davon ab, was in der Seele bei der Auflösung der Krampfader frei wird. Auch hier ist das Reden sehr wichtig. Wenn man sich nicht zu sehr auf die Vorgänge konzentriert und plaudert, kommt es häufig vor, dass Patientinnen automatisch auf seelische Schmerzen zu sprechen kommen, die über Jahre zur Ausweitung der Adern geführt haben. Dadurch kann der psychische Heilungsvorgang unterstützt werden, weshalb ich solche Gespräche ermutige.
     
    Nach der Behandlung sind Patientinnen fröhlich, beschwingt, fühlen sich wie befreit. Sicherlich auch, weil die Prozedur hinter ihnen liegt, und sie die „Prüfung“ bestanden haben. Doch die Begeisterung, die jetzt aufkeimt, geht weit über solche Beweggründe hinaus. Schließlich ist ja auch ein wesentlicher Teil der Krampfaderbehandlung die Befreiung von unschönen Adern, einem Makel, während durch die anfängliche Verschweißungsreaktion das Bein ja auch plötzlich schön aussieht. Die

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