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Psychopath

Psychopath

Titel: Psychopath Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Keith Ablow
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die Schornsteine, die stumm ihren Ruß auf Chelseas Wohnviertel spien, oder die dünnsohligen Turnschuhe der Drogenhändler, die den Broadway entlangschlenderten. Doch das war, bevor sich die Welt am elften September verändert hatte. Jetzt wirkte alles, was in die Luft gesprengt werden konnte, als würde es jeden Moment in die Luft gesprengt werden. Die ganze Nation litt unter einem schweren Anfall posttraumatischer Belastungsstörung. Schlecht für die Menschen. Gut für Eli Lilly und Pfizer und Merck. Am Ende würden sie einfach Prozac und Zoloft und Paxil ins Trinkwasser geben, um zu sehen, ob es die Angstzustände in Schach hielt. Denn niemand wollte mehr wirklich etwas ergründen, nicht wenn die Verschlingungen in der Psyche der Welt sich so fest zusammengezogen hatten, dass man, um sie zu lösen, das eine oder andere Vorurteil aufgeben müsste. Da war es schon besser, für einen steten Strom an Serotonin zu sorgen und unsere Gehirne in den friedvollen Wassern der Leugnung zu baden.
    Das waren die Gedanken, die Clevenger durch den Kopf gingen, als sein Telefon zu klingeln begann. Es klingelte fünfmal, bevor er danach griff. »Frank Clevenger«, sagte er, als wolle er sich selbst vergewissern.
    »Dr. Clevenger, hier spricht Agent Kane Warner«, verkündete eine gereizte Stimme aus der Leitung. Der Mann sagte es so, als sei es eine Frage, mit erhobener Stimme am Ende des Satzes ... Hier spricht Agent Kane Warner?
    Die Leute in LA redeten so, fast als wollten sie sich nie auf etwas festlegen. Clevenger warf einen Blick auf die Rufnummernanzeige. 703. Die Vorwahl von Virginia. Das FBI hatteseine Zentrale in Quantico. »Was kann ich für Sie tun?«, fragte er.
    »Ich bin der Direktor der Abteilung für Verhaltensforschung des Bureau. FBI. Ich würde mich gern mit Ihnen darüber unterhalten, ob Sie uns bei einer Ermittlung helfen könnten.« Warner endete abermals mit jener ihm eigenen, fragenden Hebung: ... helfen könnten?
    »Was für eine Ermittlung?«, wollte Clevenger wissen.
    »Ich würde es vorziehen, wenn wir von Angesicht zu Angesicht darüber sprächen?«
    »Ich bin morgen den größten Teil des Tages in meinem Büro«, sagte Clevenger.
    »Um ehrlich zu sein«, erwiderte Warner, »ich wollte eigentlich mein Büro vorschlagen.«
    »Flugangst?«, feixte Clevenger.
    Warner lachte nicht.
    »Das war ein Scherz«, sagte Clevenger.
    »In Ordnung«, erwiderte Warner steif.
    »Bevor ich mich mit Ihnen treffe, müsste ich wissen ...«, setzte Clevenger an.
    »Ich würde damit wirklich lieber warten, bis wir einander gegenüberstehen«, fiel ihm Warner ins Wort.
    Warner klang nicht freundlich – besonders für jemanden, der um Hilfe bat. »Ich würde lieber nicht warten«, entgegnete Clevenger.
    Eine Pause. »Der Highwaykiller.«
    Clevenger nahm seine Füße vom Schreibtisch und riss seinen Blick vom Hafen los. Er hatte die Berichte und Artikel über den Highwaykiller seit Jahren verfolgt. »Zwölf Leichen, zwölf Bundesstaaten«, sagte er.
    »Dreizehn Leichen«, berichtigte Warner.
    »Seit wann?«
    »Heute Morgen.«
    »Wo?«
    »Ein junges Pärchen, das auf der Route 90 East in New York zu ihrer Skihütte unterwegs war, hat an einem Rastplatz angehalten. Ihr Hund ist ihnen abgehauen. Sie sind ihm in den Wald nachgelaufen, und das Mädel ist über etwas gestolpert und hat sich den Knöchel verknackst. Wie sich herausstellte, war es ein gefrorener Arm.«
    »Mann oder Frau?«
    »Frau«, sagte Warner. »Anna Beckwith. Vierundvierzig. Allein stehend. Aus Pennsylvania.« Er verstummte.
    »Das macht also acht Männer und fünf Frauen«, überschlug Clevenger eilig.
    »Dreizehn Opfer. Dreizehn Bundesstaaten.«
    »Soweit Sie wissen«, entgegnete Clevenger. Er langte nach der Packung Marlboros auf seinem Schreibtisch, zündete sich eine an und atmete den Rauch tief ein.
    Es herrschte ein unbehagliches Schweigen. »Soweit wir wissen«, gestand Warner zu.
    »Warum ich?«, fragte Clevenger, und seine Worte schwebten auf Rauchwölkchen aus seinem Mund. »Sie haben die Experten im Haus.«
    »Es scheint allgemeine Übereinkunft zu herrschen, dass wir einen forensischen Psychiater mit unbefangener Perspektive brauchen könnten. Jemanden von außerhalb des FBI.«
    Es scheint allgemeine Übereinkunft zu herrschen. Clevenger schmunzelte verkniffen. Wie viele Leichen mehr würde es für eine eindeutige Übereinkunft brauchen? »Sie könnten jemanden von außerhalb des FBI brauchen – oder jemanden, der ein bisschen aus der Art

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