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Psychopathen

Psychopathen

Titel: Psychopathen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kevin Dutton
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theoretischen Verwerfungslinie zwischen den verschiedenen Sektoren der klinischen und forschenden Bruderschaften und ihrer Art, Psychopathen zu sehen: eine althergebrachte Kluft zwischen zwei analytischen Traditionen. Zwischen einer qualitativen psychologischen Ausrichtung und einer quantitativen behavioristischen Ausrichtung.
    In dem einen der beiden Lager befanden sich die Anhänger Cleckelys, deren Hauptinteresse der Psychopathie als Persönlichkeitseigenschaft galt, im anderen die Behavioristen, die sich dem
DSM
und dem Evangelium der Antisozialen Persönlichkeitsstörung verpflichtet fühlten und dazu neigten, sich auf das kriminelle Formblatt zu konzentrieren. Eine solche Spaltung war natürlich weder einer kohärenten empirischen Forschung noch einem diagnostischen Konsens förderlich. Ein Individuum, das einerseits alle notwendigen Voraussetzungen für eine psychopathische Persönlichkeit besaß, andererseits aber kein wiederkehrendes antisoziales Verhalten an den Tag legte – eine von Mullins-Sweatts »subklinischen« Spielarten z. B. –, würde bei den Verfechtern des persönlichkeitsorientierten Ansatzes alsPsychopath gelten, von den Behavioristen, wie Lilienfeld und Andrews feststellten, bei denen Taten mehr zählen als Worte, jedoch schnell der Tür verwiesen werden.
    Und die Dynamik wirkt in beide Richtungen. Wie wir bei Ian und Jimmy gesehen haben, ist nicht jeder, der gewohnheitsmäßig kriminellen Aktivitäten nachgeht, ein Psychopath. Tatsächlich trifft dies nur auf eine kleine Minderheit zu. Etwas musste geschehen, um die rivalisierenden Konzepte einander anzugleichen, um wieder eine Übereinstimmung zwischen diesen sehr unterschiedlichen Perspektiven herzustellen.
    Und Lilienfeld und Andrews hatten die Antwort.
    Das Psychopathic Personality Inventory (kurz PPI genannt) besteht aus 167 Items. 47 Es ist nicht gerade der prickelndste Fragebogen der Welt. Aber das Thema, um das es darin geht, ist ja auch nicht unbedingt prickelnd. Dieser psychometrische Koloss setzt sich aus acht verschiedenen Persönlichkeitsdimensionen zusammen und ist damit einer der bislang umfassendsten Psychopathietests. Interessanterweise deckt unser alter Freund Faktorenanalyse ein bekanntes Muster auf. Die acht unabhängigen Satellitenstaaten der psychopathischen Persönlichkeit – Machiavellistischer Egoismus (ME), Rebellische Risikofreude (RR), Schuldexternalisierung (SE), Sorglose Planlosigkeit (SP), Furchtlosigkeit (F), Sozialer Einfluss (SOE), Stressimmunität (STI) und Kaltherzigkeit (K) – spalten sich auf und formieren sich neu entlang übergeordneter Achsen ...
Egozentrische Impulsivität (ME + RR + SE + SP)
Furchtlose Dominanz (SOE + F + STI)
Kaltherzigkeit (K)
    ... und enthüllen, sobald sich die mathematischen Staubwolken gesetzt haben, die strukturelle DNA reiner, unverfälschter Psychopathie. Dies war das Genom, das Cleckley ursprünglich sequenziert hatte und dem weder die Zeit noch die kontroversen Diskussionen etwas hatten anhaben können. Und bei sogut wie jedem ließe sich wohl eine positive Übereinstimmung feststellen.
    Der Tequila fließt. Und während wir die Tortillas verputzen, erklärt Lilienfeld enthusiastisch, was die Persönlichkeit des Psychopathen tatsächlich ausmacht.
    Er erläutert die empirischen Gründe für die Entwicklung des PPI: »Das Problem mit den existierenden Messinstrumenten für das Syndrom war damals, dass die meisten von ihnen auf kriminelle oder delinquente Populationen zugeschnitten waren. Wir wissen jedoch, dass Menschen mit psychopathischen Merkmalen ›nach außen hin‹ sehr gut funktionieren – und dass einige von ihnen äußerst erfolgreich sind. Skrupellosigkeit, mentale Härte, Charisma, Fokus, Überzeugungskraft und Kaltblütigkeit unter Druck sind Qualitäten, die sozusagen auf breiter Front die Spreu vom Weizen trennen. Wir mussten also irgendwie eine Brücke schlagen zwischen den inhaftierten, ›forensischen‹ Psychopathen und ihren elitären, äußerst funktionsfähigen Kollegen. Mit Ersteren kannten wir uns aus. Was aber war mit den leichten Jungs?
    Wir überlegten, dass Psychopathie auf einem Spektrum angelegt ist. Und natürlich werden einige von uns bei einigen Merkmalen hohe Werte erzielen, bei anderen hingegen nicht. Sie und ich könnten beim PPI dieselbe Gesamtpunktzahl erzielen, und dennoch könnten sich unsere Profile in Bezug auf die acht Skalen vollkommen unterscheiden. Sie könnten eine hohe Punktzahl bei Sorgloser Planlosigkeit erzielen, aber

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