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Psychopathen

Psychopathen

Titel: Psychopathen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kevin Dutton
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Nick gleich anbringen wird, ermöglicht, die Signale aus der Tiefe unserer Gehirne einzufangen. Andy hingegen ist auf seine Vorstellungskraft angewiesen.
    »Verdammt«, sagt er und deutet auf die Rolle. »Wenn das die Größe der Klorolle ist, dann bin ich hier raus!«
    Nick führt uns zu den Stühlen und schnallt uns fest. Er schließt uns an Herzfrequenz-Monitore, EEG-Aufzeichnungsgeräte und Geräte zur Messung der elektrodermalen Aktivität an. Als er damit fertig ist, sehen wir zwei aus, als seien wir in einem riesigen Kabelkasten der Telekom gefangen. Das Gel für die Elektroden fühlt sich kalt am Schädel an, doch Andy beklagt sich nicht. Er hat inzwischen herausgefunden, wozu die übergroße Klorolle dient.
    Rund drei Meter von uns entfernt befindet sich an der Wand ein riesiger Videobildschirm. Nick betätigt einen Schalter und der Bildschirm erwacht zum Leben. Dann schlüpft er in die Weißkittel-Rolle. Atmosphärische Musik wabert durch den Raum. Sanft kräuseln sich vor unseren Augen die Wellen auf einem im Halbdunkel liegenden See.
    »Ach du Scheiße«, sagt Andy. »Das ist ja wie ’n Werbespot für Inkontinenzbinden!«
    »Okay«, sagt Nick. »Hört zu. Auf dem Bildschirm vor euch seht ihr gerade eine besinnliche, ruhige Szene, begleitet von leiser, entspannender Musik. Sinn der Sache ist, physiologische Basiswerte zu erhalten, um anschließend eure Erregungsgrade messen zu können.
    Doch irgendwann innerhalb der nächsten sechzig Sekunden wird sich das Bild, das ihr jetzt seht, ändern. Dann werden Bilder ganz anderer Art auf dem Bildschirm erscheinen. Gewalttätige Bilder. Ekelerregende Bilder, die sehr anschaulich und verstörend sein werden.
    Während ihr die Bilder betrachtet, werden Veränderungen eurer Herzfrequenz, Hautleitfähigkeit und EEG-Aktivität überwacht und mit den derzeit aufgezeichneten Daten verglichen. Irgendwelche Fragen?«
    Andy und ich schütteln den Kopf.
    »Alles paletti?«
    Wir nicken.
    »Okay«, sagt Nick. »Dann wollen wir mal loslegen.«
    Er verschwindet hinter uns und überlässt Andy und mich derWerbung für Inkontinenzbinden. Später zeigen die Ergebnisse, dass unsere physiologischen Basiswerte zu diesem Zeitpunkt, wo wir darauf warten, dass etwas geschieht, ziemlich ähnlich sind. Sowohl bei Andy als auch bei mir ist die Pulsfrequenz im Vergleich zu unserem normalen Ruhepuls beträchtlich erhöht.
    Doch als Nick den Hebel betätigt oder was auch immer, um den Szenenwechsel herbeizuführen, wird irgendwo in Andys Hirn ein Übersteuerungsschalter umgelegt.
    Und mit einem Mal tritt der eiskalte SAS-Krieger in Aktion. Als plastische Bilder von Verstümmelung, Zerstückelung, Folter und Hinrichtung auf dem Bildschirm auftauchen (in der Tat so plastische, dass Andy später zugibt, er habe das Blut geradezu »riechen« können: ein »ekelhaft süßlicher Geruch, den du niemals vergisst«), die von plärrenden Sirenen und weißem Rauschen statt von atmosphärischer Wellness-Musik begleitet sind, kehren sich seine physiologischen Messwerte um. Seine Pulsfrequenz verlangsamt sich. Seine Hautleitfähigkeit nimmt ab. Und seine EEG-Aktivität wird schnell sehr viel schwächer.
    Als die Show vorbei ist, liegen bei Andy alle drei physiologischen Messwerte unter den Basiswerten.
    So was hat Nick noch nie gesehen. »Es ist beinahe so, als habe er sich für die Herausforderung gerüstet«, sagt er. »Und als habe sein Gehirn, als er dann schließlich mit der Herausforderung konfrontiert wurde, plötzlich flüssigen Stickstoff in seine Venen injiziert; als habe es mit einem Mal alle ungezähmten Gefühlsregungen ausgeschaltet und sich in einen hypnotischen Zustand äußerster Konzentration begeben.«
    Verblüfft schüttelt er den Kopf. »Wenn ich diese Messwerte nicht selbst aufgezeichnet hätte, würde ich wohl an ihrer Richtigkeit zweifeln«, fährt er fort. »Okay, ich hab vorher noch nie Angehörige einer Spezialeinheit getestet. Und eine leichte Abschwächung würde man wohl erwarten. Aber dieser Typ hatte die Situation vollkommen unter Kontrolle. Er hat sich so auf sie eingestellt, dass es den Anschein erweckte, als habe er völlig abgeschaltet.«
    Die Daten waren so verrückt, dass man sich – so wie auch Bob Hare es getan hatte – wirklich fragte, wie sie zustande kamen.
    Natürlich waren meine physiologischen Messwerte längst nicht so interessant. Sie hatten zwar, als ich auf den Beginn des Blutbads wartete, genau wie Andys um einiges über den Basiswerten gelegen. Aber dort

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