Psychose: Thriller (German Edition)
ab.«
Es ist das Foto eines Mannes, der in diesem Raum ebenfalls an den Handgelenken von der Decke baumelt.
Ein Amerikaner. Möglicherweise ein Soldat. Man kann es nicht erkennen.
Ethan ist seit drei Monaten hier, aber eine solche Verstümmelung hat er noch nie gesehen.
»Ihr Landsmann ist auf diesem Foto noch am Leben«, sagt sein Folterknecht mit erkennbarem Stolz in der Stimme.
Ethan versuchte, die Augen zu öffnen und Pope anzusehen. Er spürte, dass er bald das Bewusstsein verlieren würde, was ihm recht war, da er dann sowohl die Schmerzen nicht mehr ertragen musste als auch das perfekte Bild ausblenden konnte, das sein Verstand von Aashif in diesem Folterkeller gespeichert hatte.
»Die nächste Person, die an dieser Decke hängt, wird ein ähnliches Bild von Ihnen zu sehen bekommen«, sagt Aashif. »Haben Sie verstanden? Ich kenne Ihren Namen. Und ich habe eine Webseite. Ich werde Fotos von dem, was ich Ihnen antue, veröffentlichen, damit die Welt sie sehen kann. Vielleicht wird Ihre Frau sie ebenfalls sehen. Schreiben Sie alles auf, was ich wissen will, was Sie bisher zurückgehalten haben.«
»Wer sind Sie?«, fragte Pope.
Ethans Arme fielen zur Seite.
»Wer sind Sie?«
Er versuchte nicht mehr, sich zu verteidigen, und dachte:
Ein Teil von mir hat diesen Raum in Falludschah nie verlassen, in dem es nach ranzigem Blut gestunken hat.
Er wartete auf den letzten Schlag von Pope, der ihn endlich bewusstlos werden ließe, der die alten Erinnerungen ebenso wie seine jetzigen Schmerzen auslöschen würde.
Zwei Sekunden später kam er, ein Hieb, der ihn am Kinn traf und eine blendend weiße Explosion in seinem Kopf auslöste, als wäre eine Glühbirne zerplatzt.
KAPITEL 6
Die Spülmaschine war voll und lief, und Theresa, die über den Punkt der völligen Erschöpfung längst hinaus war, stand am Spülbecken und trocknete die letzte Servierplatte ab. Sie stellte sie in den Schrank, hängte das Geschirrtuch an die Kühlschranktür und machte das Licht aus.
Als sie durch das dunkle Wohnzimmer auf die Treppe zuging, fühlte sie etwas in sich, das viel schlimmer war als die emotionalen Überreste dieses langen Tages.
Eine alles umfassende Leere.
In wenigen Stunden würde die Sonne aufgehen, und in vielerlei Hinsicht wäre das der erste Morgen vom Rest ihres Lebens ohne ihn. Am vergangenen Tag hatte sie sich verabschiedet und versucht, so viel Frieden zu finden, wie es in einer Welt ohne Ethan geben konnte. Ihre Freunde hatten ihn betrauert und würden ihn zweifellos vermissen, aber sie würden weitermachen – was sie jetzt schon taten – und ihn irgendwann vergessen.
Sie konnte das Gefühl nicht abschütteln, dass sie vom nächsten Tag an alleine sein würde.
Mit ihrer Trauer.
Mit ihrer Liebe.
Mit ihrem Verlustgefühl.
Allein der Gedanke bewirkte, dass sie sich schon jetzt unendlich einsam fühlte, am Fuß der Treppe stehen blieb, die Hand auf das Geländer legte und tief Luft holte.
Das Klopfen erschreckte sie und ihr Herz begann zu rasen.
Theresa drehte sich um und starrte die Tür an, wobei sie schon glaubte, sich das Geräusch nur eingebildet zu haben.
Es war 4:50 Uhr.
Wer könnte um diese Zeit …
Es klopfte erneut. Energischer als beim ersten Mal.
Sie ging mit nackten Füßen zur Tür und stellte sich auf die Zehenspitzen, um durch den Spion zu sehen.
Im Licht der Verandalampe stand ein Mann unter einem Regenschirm.
Er war klein. Komplett kahl. Sein Gesicht ein ausdrucksloser Schatten unter dem tropfenden Schirm. Er trug einen schwarzen Anzug, bei dessen Anblick sich etwas in ihrer Brust zusammenzog – ein Bundesagent mit Neuigkeiten über Ethan? Welchen anderen Grund konnte es geben, dass jemand zu dieser Uhrzeit an ihre Tür klopfte?
Aber die Krawatte passte nicht.
Sie war gelbblau gestreift und damit viel zu stilvoll und modern für einen Bundesagenten.
Durch den Spion beobachtete sie, wie der Mann die Hand hob und erneut klopfte.
»Mrs. Burke«, sagte er. »Ich weiß, dass ich Sie nicht aufwecke. Ich habe Sie vor wenigen Minuten noch in der Küche stehen sehen.«
»Was wollen Sie?«, fragte Sie durch die Tür.
»Ich muss mit Ihnen reden.«
»Worüber?«
»Über Ihren Mann.«
Sie schloss die Augen und machte sie dann wieder auf.
Der Mann war noch immer da und jetzt war sie hellwach.
»Was ist mit ihm?«, wollte sie wissen.
»Es wäre einfacher, wenn wir uns hinsetzen und das von Angesicht zu Angesicht besprechen könnten.«
»Es ist mitten in der Nacht und ich
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