Psychose: Thriller (German Edition)
Boden, die unter ihren Füßen zerbrechenden Äste. Er wusste ungefähr, wo der Fluss sein musste, und war davon überzeugt, dass er ihn nicht verfehlen konnte, wenn er sich rechts hielt, aber trotzdem verlor er langsam die Orientierung und sein Richtungssinn schien ihn in die Irre zu führen.
»Ich sehe ihn!«, schrie ein Mädchen.
Ethan sah nach hinten, er drehte nur kurz den Kopf, doch sein Timing hätte nicht schlechter sein können: Er kam zu einem Windbruch, wo sein Fuß in den kreuz und quer liegenden Ästen und Wurzeln hängen blieb. Er stürzte zu Boden und die Taschenlampe und die Machete fielen ihm aus den Händen.
Schritte aus jeder Richtung.
Sie kamen von allen Seiten.
Ethan versuchte aufzustehen, aber sein rechter Fuß hatte sich in einer Ranke verfangen und er brauchte fünf Sekunden, bis er sich endlich befreit hatte.
Die Taschenlampe war bei seinem Sturz ausgegangen und er konnte weder sie, noch die Machete oder sonst irgendetwas sehen. Voller Verzweiflung tastete er mit den Händen am Boden herum, stieß jedoch nur auf Wurzeln und Ranken.
Er rappelte sich auf und kämpfte sich blindlings durch den Windbruch, während die Lichter und die Stimmen immer näher kamen.
Ohne Taschenlampe war er nahezu gelähmt.
Er konnte nur noch mit vor sich ausgestreckten Händen laufen, um nicht versehentlich gegen einen Baum zu prallen.
Wild umherzuckende Lichtstrahlen kreuzten sich vor ihm, wodurch er flüchtige Blicke auf das Gelände werfen konnte: ein Pinienwald voller dichtem Unterholz, der schon längst ein reinigendes Feuer benötigt hätte.
Kinderlachen, sorgenfrei, fröhlich, manisch, erfüllte die Luft.
Eine albtraumhafte Version eines gut bekannten Kinder-spiels.
Ethan taumelte ins Freie auf ein Feld oder eine Wiese – er konnte zwar nichts sehen, aber der Regen prasselte nun ungehindert auf ihn herab, da er nicht mehr durch die Baumkronen abgemildert wurde.
Er glaubte, voraus das Rauschen des Flusses zu hören, aber dann hörte er nur noch das Keuchen hinter sich.
Etwas krachte in seinen Rücken. Der Schlag war nicht besonders kräftig, reichte aber aus, um ihn beim nächsten Schritt aus dem Gleichgewicht zu bringen.
Und beim nächsten …
Und beim nächsten …
Und beim nächsten …
Und beim nächsten, und dann fiel Ethan zu Boden, sein Gesicht drückte sich in den Schlamm und alles ging im Gelächter der Kinder unter, von jeder Seite und aus jedem Winkel schlugen sie auf ihn ein – oberflächliche Schläge, die ihm nicht schaden konnten, leichte Schnitte, hin und wieder traf ihn ein stumpfes Objekt etwas härter am Kopf und mit jeder verstreichenden Sekunde wurde es schlimmer. Es kam ihm vor, als würde ihn ein Piranhaschwarm attackieren.
Etwas stach in seine Seite.
Er schrie auf.
Sie verspotteten ihn.
Ein weiterer Stich – und ein unglaublicher Schmerz.
Sein Gesicht wurde vor Zorn ganz rot, er riss seinen linken Arm frei und seinen rechten.
Er legte die Handflächen auf den Boden.
Stieß sich ab.
Etwas Hartes, ein Stein oder ein Baumstamm, donnerte gegen seinen Hinterkopf, dass seine Zahnfüllungen vibrierten.
Seine Arme gaben nach.
Er fiel mit dem Gesicht voran in den Schlamm.
Sie lachten.
Jemand sagte: »Schlag ihm gegen den Kopf.«
Doch er rappelte sich erneut auf, diesmal schreiend, und offensichtlich hatte er die Kinder damit überrascht, denn für den Bruchteil einer Sekunde schlug ihn niemand mehr.
Mehr Zeit brauchte er nicht.
Ethan zog die Beine an und stand auf. Er schlug in das erste Gesicht, das er sah und das einem großen zwölf- oder dreizehnjährigen Jungen gehörte, den er sofort k. o. schlug.
»Verschwindet«, zischte er.
Es war hell genug, sodass er zum ersten Mal wirklich sehen konnte, mit wem er es zu tun hatte: Zwei Dutzend Kinder zwischen sieben und fünfzehn Jahren umkreisten ihn. Die meisten hielten Taschenlampen und diverse behelfsmäßige Waffen wie Stöcke, Steine, Steakmesser, sogar einen splittrig abgebrochenen Besenstil, in den Händen.
Sie sahen aus, als hätten sie sich für Halloween verkleidet: Sie trugen alle zerschlissene, selbst angefertigte Kostüme, die sie augenscheinlich aus dem Kleiderschrank ihrer Eltern zusammengestellt hatten.
Ethan war fast schon dankbar, dass er die Machete verloren hatte, denn er hätte diese kleinen Scheißer in Stücke gehackt.
Auf seiner linken Seite entdeckte er eine Schwachstelle im Kreis, die er hätte ausnutzen können, indem er zwei Kinder, die ihm gerade mal bis zur Hüfte
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