Pubertät – Loslassen und Haltgeben
wird zueinem Kampffeld. Neben der Adipositas sind es die Magersucht und die Bulimie, die hier Beachtung verdienen.
Magersucht tritt vor allem bei Mädchen in der Vorpubertät bzw. Pubertät auf. Diese Störung ist durch eine extreme Gewichtsabnahme bzw. Verweigerung der Nahrungsaufnahme gekennzeichnet. Die magersüchtigen Mädchen haben Angst, dick zu werden, obgleich nicht selten ein Untergewicht vorherrscht. Auffällig ist eine gestörte Körperwahrnehmung, d. h., die magersüchtigen Mädchen fühlen sich hinsichtlich ihres Gewichtes, ihrer Größe und der Körpergestalt unwohl. Steht die Erkrankung am Beginn der Pubertät, dann kann man eine Verzögerung der körperlich-hormonellen Entwicklung beobachten (z. B. Ausbleiben der Regel, verzögerte Entwicklung der Brust).
Magersüchtige haben verschiedene Strategien, um den Gewichtsverlust herbeizuführen, z. B. durch Erbrechen, durch Abführmittel, durch extreme körperliche Aktivitäten oder durch die Einnahme von Appetitzüglern.
Die Magersucht erfordert eine professionelle Beratung. Die psychischen Ursachen liegen nicht selten in den komplexen familiären Lebens- und Kommunikationsmustern:
Da kann man einerseits einen überbehütenden Erziehungsstil, der über wenig Konfliktlösungspotenzial verfügt, festmachen. Da herrscht ein Familienklima vor, das sich durch gefühlsmäßige Kälte und unklare Grenzen sowie Bindungslosigkeit auszeichnet.
Auffällig ist, dass Essstörungen unter verwandten Familienmitgliedern gehäuft vorkommen, wie der Jugendpsychiater Remschmidt feststellte.
Unter Bulimie versteht man ein «episodisch heißhungerartiges Essen» großer Nahrungsmengen, auf das ein selbst herbeigeführtes Erbrechen folgt. Kriterien für die Bulimie sind
eine ständige Beschäftigung mit dem Essen und dann das Gefühl, sich während des Essanfalls nicht unter Kontrolle zu haben,
ein selbst herbeigeführtes Erbrechen, zeitweise starkes Fasten und der Missbrauch von Abführmitteln,
das ständige Reden über Figur und Gewicht.
Entstehung und Aufrechterhaltung der Bulimie können nicht auf einzelne Faktoren zurückgeführt werden. Vielmehr muss man ein Zusammenspiel mehrerer Aspekte annehmen: ein niedriges Selbstwertgefühl, das mit einer gefühlsmäßigen Instabilität (Stimmungsschwankungen, fehlende Frustrationstoleranz) und einer Fixiertheit auf den Körper einhergeht. Diese unbeholfenen Lösungsversuche hinterlassen aber Minderwertigkeits- und Versagensängste, denen mit erneuten «Fressattacken» begegnet wird. So entsteht ein verhängnisvoller Teufelskreis, der aus eigener Kraft nicht zu durchbrechen ist.
Tattoos und Piercing
Janine ist 15 Jahre alt. Bis zu ihrem zwölften Geburtstag war sie ein mehr oder minder angepasstes Mädchen, wie sich ihre Eltern erinnern. Sie erschien freundlich, hilfsbereit, ging auf andere zu. Ihre schulischen Leistungen waren überdurchschnittlich. «Doch mit dem 13. Lebensjahr, da ging es los», erzählten die Eltern. Sie ließ sich die Haare kurz schneiden, «ihre schönen Haare», wie die Mutter etwas wehmütig sagt. Dabei schüttelt sie den Kopf. Janine färbte sich das kurzgeschorene Haar mal pink, mal lila, mal gelb. Eines Tages – sie war 14 – entdeckten die Eltern ein Bauchnabelpiercing. Janine hatte ihre Eltern nicht um Erlaubnis gefragt. Sie hatte es sich heimlich machen lassen. Da es unprofessionell gemacht war, entzündete sich der Bauchnabel.
Janine wurde ziemlich krank. Aber nachdem sie gesund war, erklärte sie ebenso bestimmt wie trotzig, sie werde sich ein Neues machen lassen, nur nicht so schnell. Die Eltern versuchten, auf sie einzureden, doch Janine blieb stur. Als sie aus London zurückkam – sie war dort anlässlich eines Schüleraustausches –, hatte sie einen gepiercten Ring in der linken Augenbraue, ein Schmetterlingstattoo in der Höhe des Bauchnabels. «Wir waren erschrocken, als wir das sahen», erzählen die Eltern. Die Mutter atmet tief aus. «Aber völlig durcheinander waren wir, als wir merkten, dass Janine sich den rechten Unterarm mit einem Messer geritzt hatte.» Janine trug die Wunden, die sie sich, wie sie später berichtete, im Kreis von zwei Freundinnen selbst zugefügt hatte, ganz offen zur Schau.
Das sei eine Mutprobe gewesen, kommentiert sie. Einige Freundinnen hätten Angst davor gehabt, andere hätten es aber nur cool gefunden. «Ich wusste», schmunzelt Janine, «dass meine Eltern durchdrehen, weil sie denken, dass ist der erste Schritt zum
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