Pubertät – Loslassen und Haltgeben
Vorschlägen, um Gewalt vorzubeugen –, dann schälen sich zwei Grundgedanken, die ich später noch erläutern möchte, heraus:
Es geht durch die Förderung sozialer Kompetenzen, z. B. der Konfliktfähigkeit, um eine Verbesserung des Schulklimas. Die Aggressionen von Kindern und Jugendlichen werden nicht ausgegrenzt, sie werden als Teil ihrer Entwicklung begriffen. Heranwachsende werden dazu gebracht, zerstörerische Impulse zu begrenzen und nach Konfliktlösungen zu suchen, die gegenseitige Achtung und gegenseitigen Respekt zulassen.
Es soll in den Projekten Mitgefühl geweckt und Einfühlungsvermögen gestärkt werden. Im Zentrum steht die Kultivierung von Aggression: deren schöpferischen Anteil zu erhalten, die destruktiven Anteile beherrschen zu lernen.
GEWALT, MEDIEN UND DIE FASZINATION DES COMPUTERS
BRUNO – «Beim Spielen mit dem Computer, da kann man was vergessen oder phantasieren»
Bruno ist 17, Malerlehrling und regelmäßiger Besucher einer Spielhalle mit Spielautomaten. Bruno ist allein: «Ich bestell ’n Bier und geh dann an meinen Apparat, fast immer an den gleichen. Einige Leute kenne ich schon vom Sehen, weiß, an welchen Apparat die gehen, aber gesprochen, geredet haben wir noch nicht, höchstens darüber, dass es mal überhaupt nicht läuft.» Er erklärt mir «sein» Spiel: «Ich hab hier vier Kanonen und hier vier Bomben. Die müssen für das ganze Spiel reichen. Du musst also sparsam damit umgehen, sonst hast du gleich verloren. Wenn’s da mal gefährlich wird, schieß ich oder lass ’ne Bombe fallen. Alles, was dann vorher auf dem Bildschirm war (…), pass auf, jetzt gleich (…).» Er drückt ab. «Jetzt ist es dann weg. Siehst du? (…) Was einen aufhält, musst du eben wegmachen.» Es ist nicht einfach, sich mit ihm während seines «Kampfes» gegen die Invasoren aus dem Weltraum zu unterhalten. «Wenn ich rede, verliere ich. Ich muss aufpassen.» Er ist konzentriert, angespannt, beißt die Zähne aufeinander. Sein Blick ist starr auf den Bildschirm gerichtet, sein rechter Fuß zuckt nervös, nonverbale Reaktionen überwiegen. In seine Feuerstöße legt er mehr Kraft, als die elektronischen Knöpfe es erfordern, ein Kopfschütteln selbst dann, als er ein Freispiel gewonnen hat. «Das war knapp. Heute läuft’s nicht.» Bruno kommt nicht jeden Tag in die Spielhalle, «aber doch regelmäßig. Und wenn ich dann zehn, zwölf Euro eingesetzt habe, gehe ich.» Über Computerspiele hat er sich nicht informiert, «die sind mir zu teuer, wenn ich sie zu Hausehabe». Außerdem will er gar nicht zu Hause spielen. «Ich bin froh, wenn ich weg bin (…). Die Eltern glotzen doch nur rund um die Uhr.» Brunos Vater ist Frührentner («Der kommt mit der Technik sowieso nicht mehr klar!»). Seine Mutter arbeitet als Verkäuferin. («Die ist abends so kaputt, die will sich nur noch berieseln lassen.») «Ich glotz auch fern, aber nicht zu Hause, nur bei meinem Freund. (…) Am liebsten bin ich aber in der Disco oder in der Kneipe, da ist was los.» Bruno besucht auch das Kino («Horror- und Actionfilme») oder liest Comics: «Ich mach das, um mich abzulenken. Ich will, dass was los ist. Beim Spielen mit dem Computer, da kann man was vergessen oder phantasieren. Die Musik, die lauten Töne, die Bilder, alles um dich herum. Das ist geil. Ich weiß auch, du kannst den Alltag nicht wegschicken, mit solchen Spielen nicht, sonst machst du dir selbst was vor. Aber das Kribbeln, wenn ich spiele. Wenn ich drin bin im Spiel, vergess ich alles, die 1000 Geräusche vom Gerät, den Disco-Sound, das Gemurmel. Du bist wie eingehüllt, fast wie schwebend. Wenn ich dann manchmal rausgeh, merk ich, wie ich das behalten will.»
ARTHUR – «Ich bin ganz kurz vorm Untergehen. Die Blasen steigen schon auf»
Arthur, 17 Jahre, Berufsschüler, lebt auf dem Land, gilt als Schrecken des Dorfes. Freitags und samstags fährt er mit seinem Moped in die nächste Stadt, holt sich Videos, «meist so Rambo-Dinger oder so, da, wo einer kämpft, ganz allein ist, der sich beweisen muss. Den zieh ich mir rein, mal zwei-, dreimal hintereinander.» In einem anderen Gespräch erzählt er mir: «Von diesen Dingern, von diesen Filmen eben, kann ich voll was lernen, mehr als in der Schule. Da geht’s zur Sache. Entweder du überlebst oder gehst unter. Ist doch ganz einfach!» Er macht eine kurze Pause, fährt dann fort: «Ich bin schon ganz kurz vorm Untergehen. Die Blasensteigen schon auf.» Arthur haut mit
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