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Pubertät – Loslassen und Haltgeben

Pubertät – Loslassen und Haltgeben

Titel: Pubertät – Loslassen und Haltgeben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan-Uwe Rogge
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kommt, dass sich Pubertierende ständig miteinander vergleichen und man schon geringe Normabweichungen überbewertet. Zweifel, Unzufriedenheit, Zukunftsängste und Weltschmerz sind ebenso unverkennbar wie Erschöpfungs- und Ermüdungszustände, die allerdings mit Phasen der Euphorie und einer Kraftmeierei wechseln. Doch auch Einschlaf-, Magen- und Darmprobleme, Schwindel und Kopfschmerz können die Folge von körperlichen Wachstumsprozessen sein. Knapp die Hälfte aller Mädchen und mehr als ein Drittel der Jungen sorgen sich um das körperliche Aussehen: Während für die männlichen Heranwachsenden Kraft, sportliche Vergleiche und eine muskulöse Gestalt wichtig sind, ragen für die Mädchen Figur, Gesicht und Haut hervor. Diese positiv besetzten Eigenschaften sind zwischen dem 11. und 15.   Lebensjahr mit einem Mal in Frage gestellt.
    Die Größe der Geschlechtsmerkmale bringt für Jugendliche weitere Probleme mit sich. Sie wird aus Sicht der Jungen – zu Unrecht – in Zusammenhang mit Männlichkeit und Potenz gebracht. Etwa ein Jahr nach Beginn des Hodenwachstums kann es zum ersten Samenerguss kommen. Er tritt in der Mehrzahl nicht als «zufälliges» nächtliches Ereignis auf, sondern wird durch Masturbation herbeigeführt. Damit ist meist ein Orgasmus verbunden.
    Bei Mädchen spielt die Menstruation
die
entscheidende Rolle. Sie stellt sich um das 13.   Lebensjahr herum ein, kann jedoch auch schon früher (vom 10.   Lebensjahr an) auftreten. Andere Mädchen haben ihre erste Regel erst zwischen dem 15. und 16.   Lebensjahr. Die Menstruation ist ein herausragender Einschnitt, der keine Entsprechung im Pubertätsverlauf der Jungen findet. Die Menstruation weist auf beginnende erwachsene Sexualität und Fruchtbarkeit hin.
    Bei der Ausbildung von sekundären Geschlechtsmerkmalen (Wachstum der Brust, Schambehaarung) kann man geschlechtsgebundene Unterschiede beobachten. Während Mädchen auf entsprechende Veränderungen häufig mit Scham reagieren, interpretieren Jungen eine solche Entwicklung mit Stolz, deuten dies als beginnende Männlichkeit. Mädchen machen sich Sorgen, die Brust entwickele «sich nicht richtig», ja, ihnen macht manchmal eine ungleiche Entwicklung der Brust Angst. Auch bei Jungen kann es zu einer Vergrößerung der Brustdrüsen kommen, die fälschlicherweise als Verweiblichung interpretiert wird. Scham- und Gesichtsbehaarung sind für Jungen aus psychosozialen Gründen wichtig. Männliche Pubertierende, bei denen dies verspätet einsetzt, werden nicht selten gehänselt, als «Milchbubis» verspottet.
    Der Stimmbruch hat mit der Vergrößerung des Kehlkopfs zu tun, der ebenfalls durch den Wachstumsschub ausgelöst wird. Der Stimmbruch äußert sich bei Jungen stärker, ist mit erheblichen Schwankungen in der Stimmlage verbunden. Zieht sich der Stimmbruch über längere Zeiträume hin, kann er von Pubertierenden als belastend erlebt werden, weil er nicht selten als Anlass zu Häme und Spott genommen wird.
    Die körperlichen Veränderungen kommen bei Jungen wie auch bei Mädchen durch ein Zusammenspiel von Sexual- und Wachstumshormonen zustande. Alle Hormone und Drüsenfunktionen sind auf die Umgestaltung des Körpers ausgerichtet, die einer Art zweiter Geburt gleichkommt: Die Pubertierenden lassen einen kindlichen Körper zurück, entwickeln eine erwachsene Gestalt. Dies kostet Kraft und Energie, die aus anderen Bereichen abgezogen werden. Kein Wunder, wenn es in dieser Phase zu Leistungsabfällen in der Schule, zu einem Rückzug aus der Welt kommt. Die Körper der Heranwachsenden sind wie eine einzige «Chemiefabrik»: Während bei Jungen die Produktion von Testosteron die Wachstumsschübe anregt, bewirken beiMädchen das Östrogen und das Progesteron, hergestellt in den Eierstöcken, die körperlichen wie seelischen Veränderungen.
     
    Die angegebenen Lebensalter, in denen sich körperliche Veränderungen zeigen sollen, stellen nur Richtwerte dar. Es kann zu erheblichen Abweichungen kommen. Dann sorgen sich Eltern, zeigen sich ebenso bedrückt wie die Heranwachsenden. Mein Eindruck ist, dass viele Eltern nur wenige Informationen über die körperlichen Entwicklungsabläufe besitzen. Diese Wissenslücken führen zu manchen Fehleinschätzungen und Handlungsunsicherheiten. Manche Eltern reagieren über, wenn körperliche Veränderungen vermeintlich zu spät oder verfrüht einsetzen, andere verfallen in Trübsal wegen der Stimmungsumschwünge, die ihre Sprösslinge durchleben. Oder es macht

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