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Pubertät – Loslassen und Haltgeben

Pubertät – Loslassen und Haltgeben

Titel: Pubertät – Loslassen und Haltgeben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan-Uwe Rogge
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respektieren, sollten auf Vergleiche verzichten, mit denen sie alle Beteiligten nur unter Druck setzen.
    Den eigenen Körper akzeptieren
    «Jetzt mag ich mich wieder leiden», erzählt Mareike, die knapp 18   Jahre alt ist, «aber als ich anfing zu wachsen, das war fürchterlich. Ich war die Größte in der Klasse und hatte lange Arme wie ein Affe.»
    «Ich hab meinen Busen versteckt. Und dann hab ich gebetet, dass die Regel nicht kommt», berichtet Antje, 16   Jahre. «Und dann war ich doch wieder froh, dass ich sie hab. Ich war schließlich die Letzte in der Klasse.»
    «Als ich größer wurde», so Jonathan, 16   Jahre alt, «als ich gewachsen bin, das war schon gut. Bei mir ging das sehr spät los, das war gar nicht gut. Die haben mich in der Schule laufend gehänselt, aber dann war ich auch andauernd krank.»
    «Manchmal ging es schon gemein zu damals», meint Frederik, jetzt 18   Jahre alt, «als wir unter der Dusche standen und unseren Penis verglichen haben. Als ich meinen nicht steif bekam, haben alle nur gelästert. So könnte ich nie ein Mädchen bumsen!»
    «Blöd waren auch», so Heike, 17   Jahre, «diese dummen Kommentare der Erwachsenen: ‹Wie siehst du denn aus! Bist du aber gewachsen!› Und wenn die dann noch ihre Witze gemacht haben!»
     
    Diese Aussagen von Heranwachsenden, die die erste Phase der Pubertät, also die Zeit zwischen dem 11. und 13.   Lebensjahr, bereits hinter sich haben, machen deutlich, wie sich körperliche Entwicklungsschritte in typischen Etappen vollziehen.
    Bei
Jungen
fangen erste körperliche Veränderungen (Gestalt, Gewicht) ungefähr mit dem 10.   Lebensjahr an: Der Penis vergrößert sich, das Längenwachstum beginnt und hat seinen Höhepunkt im 14.   Lebensjahr. Die Behaarung der Oberlippe, die Schambehaarung sowie eine stärkere Schwellung der Brustdrüsen kann man vom 13.   Lebensjahr an beobachten. Etwa zwei Jahre später kommt es zum Stimmbruch. Hoden und Penis entwickeln sich weiter, geschlechtsreife Spermien bilden sich aus. Bis zum 19.   Lebensjahr hat sich eine Stirnhaargrenze entwickelt. In dieser Zeit kommt es schließlich zum Wachstumsstillstand.
    Bei
Mädchen
fängt das Längenwachstum etwa zwei Jahre früher an als bei Jungen – etwa zwischen dem 8. und dem 10.   Lebensjahr. Parallel dazu reift die Schleimhaut der Vagina. Beginnend mit dem 11.   Lebensjahr wachsen die äußeren wie inneren Genitalien. Diese Veränderung zieht sich bis in das 17.   Lebensjahrhinein. Der stärkste Wachstumsschub erfolgt bei Mädchen zwischen dem 12. und 13.   Lebensjahr. Dann kann die erste Regel einsetzen. Ein Jahr später hat sich eine regelmäßige Monatsblutung ausgebildet. Das Wachstum der Mädchen kommt schließlich um das 17.   Lebensjahr zum Stillstand.
    Nun gibt es – ich hatte darauf hingewiesen – keinen ursächlichen Zusammenhang zwischen körperlicher Entwicklung und geistig-seelischen Prozessen. Es scheint vielmehr, dass die Entwicklungen, die der Körper in der Pubertät durchmacht, die Voraussetzungen für psychische und gefühlsmäßige Veränderungen schaffen. Dennoch ist es unübersehbar, dass Wachstumsschübe mit einer psychischen Destabilisierung, einer gesundheitlichen Belastung sowie Leistungsabfall in Schule und Beruf einhergehen.
     
    Die Veränderungen der Körperproportionen gehen keinesfalls harmonisch vor sich. Ehe Venus oder Apoll sich entwickelt hat, werden Stadien durchlaufen, die keinem Schönheitsideal entsprechen. Arme und Beine wachsen schneller, passen nicht zum Körper, die Bewegungen sind ungeschickt-tapsig, der Gang schaukelnd. Zudem wachsen Hände und Füße zuerst, erst dann folgen Hüfte, Brust und Schulter. Vieles wirkt – vorsichtig formuliert – wie nicht im Lot, sieht ungleichmäßig verteilt aus. Und da zudem die Gesichtsknochen schneller wachsen als der knöcherne Schädel, streckt sich das Gesicht. Nicht selten scheinen Nase und Unterkiefer besonders groß, einfach nicht ins Gesicht zu passen.
    Dies führt zum ständigen Gang vor den Spiegel, um sich einer genauen Prüfung zu unterziehen. Manche Jugendliche ziehen sich in dieser Zeit zurück, andere schminken sich grell, tragen überdimensionierte Ohrringe, verzieren sich Nase und Unterlippe, lieben bizarre Frisuren oder eigenwillige Kleidungskombinationen. All dies sind Methoden, um vom Äußeren abzulenkenoder innere Zerrissenheit darzustellen. Der aus der Balance geratene Körper lässt Heranwachsende schaudern, an ihrer Normalität zweifeln.
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