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Pubertät – Loslassen und Haltgeben

Pubertät – Loslassen und Haltgeben

Titel: Pubertät – Loslassen und Haltgeben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan-Uwe Rogge
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Internet), so bedeutsam ist die Verwischung von Grenzen beim Hören, Zuschauen, Lesen oder beim Kommunizieren. Vor 15   Jahren waren Radio und Tonträger die zentralen Hörmedien, war das Lesen ausgerichtet auf Printmedien, waren Fernsehen, Kino und Video die visuellen Medien schlechthin, traf man sich persönlich, um miteinander zu kommunizieren. Diese Grenzen haben sich verwischt: Die Zugänge zum Internet, vor allem über Handys sind multimedial, sodass alle Aktivitäten zugleich befriedigt werden können. Ob in diesen Möglichkeiten nicht auch Nachteile liegen, steht auf einem anderen Blatt, gehen doch damit die spezifischen Qualitäten des Lesens, Hörens, Sehens und Kommunizierens vielleicht verloren. Nicht vergessen sollte man: Auch wenn die Medien massenhaft genutzt werden, versperren Statistiken den Blick auf einen gewichtigen Aspekt: Pubertierende versinken nicht in der Medienflut, die direkte Begegnung, der Kontakt mit Freunden, Spiel und Bewegung sind ihnen bedeutsamer.
    Musik
    «Ich drehe nochmal durch», erzählt mir Hannes Schröder, Vater zweier pubertierender Söhne, «wenn die die Musik so laut machen. Die haben ihre Zimmer unterm Dachboden, aber wenn die ihre Bässe aufdrehen, dröhnt es durch das ganze Haus.»
    «Ich weiß nicht», fragt sich Rosi Schramm, Mutter der dreizehnjährigen Karin, «wir haben ja öfter auch viel gehört, aber diese Musik, ich weiß nicht, ob das wirklich gut ist. Meine Tochter fährt auf diese Teenie-Gruppen ab, diese Milchbubis, die den Mädchen den Kopf verdrehen. Ich meine, wir waren ja früher auch verrückt, aber das Ganze nimmt Ausmaße an, da kann ich nicht mehr mit. Ehrlich! Und als diese eine Gruppe mal auseinander ging   …, irgendwas mit That   …»
    «Sie meinen Take That?»
    «…   da hat sie fast einen Nervenzusammenbruch gekriegt, eine richtige Depression!»
    «Und ich kriege eine Depression, wenn ich diese Sprache in den Liedern höre. Doch nur Scheiße, Arschloch, eine richtige Fäkalsprache», empört sich Anja Ropers, Mutter des vierzehnjährigen Carlos, «das geht doch in den Liedern zu wie auf der Toilette. Da kann man doch gar nicht mehr gegensteuern. Und dann diese Lautstärke. Carlos hört das sogar noch, wenn er seine Hausaufgaben macht. Der kann sich gar nicht richtig konzentrieren. Aber wenn ich was sage, ist die Hölle bei uns los. Altmodisch sei ich, nur weil ich diese Scheißmusik nicht hören mag.»
    «Hören Sie denn die Musik auch?» will ich wissen.
    «Zwangsläufig! Aber wieso fragen Sie?»
    «Wegen der Scheißmusik!» lächle ich sie an. «Sie haben einen Wortschatz wie Ihr Sohn!»
    «Sehen Sie, wie das abfärbt!» Sie empfindet meine Bemerkung als wenig hilfreich.
     
    Man kann mit unterschiedlichen Auffassungen über Musik auch anders umgehen, wie folgende Begebenheit beweist. Zwei Jugendliche stehen in der U-Bahn . Sie sehen schrill gekleidet aus und tragen einen riesigen Ghettoblaster bei sich, aus dem laute Techno-Musik dröhnt. Einige Fahrgäste werden unruhig, sagen aber nichts. Aber der wachsende Unmut ist spürbar. Eine ältere Frau, so um die 65, wendet sich den beiden ruhig zu: «Einen interessanten Recorder habt ihr da. Was ist das denn für eine Marke?» Wortlos, aber freundlich dreht ein Jugendlicher sein Gerät zu der Frau und weist auf die Marke, indem er seinen Finger draufhält. Die Frau lächelt. «Und was ist das da für ein Knopf?» Darauf dreht der Jugendliche die Musik erst lauter, dann leiser: «Zum Laut- und Leisestellen!» Die Frau schmunzelt. «Könnt ihr das etwas leiser stellen? Mir gefällt diese Musik nicht so besonders.» – «Klar, Ihnen sollen ja nicht die Ohren abfallen!», lacht einer der beiden und dreht den Sound etwas zurück. Dann setzen sich die beiden Punks zu der Frau und beginnen ein Gespräch.
    Fast jede Art von Musik, die Pubertierende anspricht, fordert schnell die Kritik der Erwachsenen heraus und wird unweigerlich zum Gegenstand kulturkritischer Erörterungen – nach dem Motto: schlimm, schlimmer, am schlimmsten. Mit jedem musikalischen Trend ist man – glaubt man den kulturkritischen Apokalyptikern – einen Schritt weiter auf dem Weg zur multimedialen Hölle.
     
    «Wenn ich das so höre», so eine Mutter, «dann muss ich das ja wohl hinnehmen, wenn meine Tochter wieder ihre Musik laut stellt. Weil das gut für sie ist, wie Sie sagen.» Sie blickt mich an. «Dann muss ich mich wohl unterordnen.» Und mit ironischem Unterton fügt sie hinzu: «Sonst kriegt sie wohl ’ne

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