Pubertät – Loslassen und Haltgeben
Entwicklungen im letzten Jahrzehnt hinzuweisen, sondern auch auf Gesichtspunkte, die sich unveränderlich und kontinuierlich durch die Diskussionen ziehen, mit denen über Medien und ihre Auswirkungen auf Heranwachsende gestritten wird.
Und da fällt auf, dass Eltern Medien als heimliche Gegner, als lästige Miterzieher, empfinden, die den ohnehin schon schwierigen Erziehungsalltag weiter verkomplizieren.
Eltern benutzen Medien häufig als Sündenbock, der für Schwierigkeiten in der Familie verantwortlich gemacht wird. Sie sind davon überzeugt: «Wenn es die Medien nicht gäbe, wäre das Alltagsleben konfliktfreier!»
Eltern sind nicht selten der Auffassung, Pubertierende wären den Medien schutzlos ausgeliefert, sie würden passiv konsumieren, sich wahllos berieseln lassen. Deshalb – so die Schlussfolgerung – sei es die elterliche Aufgabe, die Heranwachsenden vor den Einflüssen der Medien zu schützen.
Unbestreitbar sind natürlich Veränderungen, die ich an zwei Medienbiographien veranschaulichen möchte:
Max, 13 Jahre, geht auf die Gesamtschule, sieht regelmäßig fern («Kommt drauf an, mal mehr, mal weniger. Aber so zwei Stunden am Tag, würde ich sagen!»), hört Radio («Meistens Musik, hör ich aber am Computer»), hat einen MP 3-Player («Tolles Gerät!»). Seine CDs und Videokassetten hat er unlängst verkauft («Sind mir nicht mehr so wichtig!»), liest Sport- und Computerzeitschriften («Die sind mir wichtig!»), Tageszeitungen verfolgt er übers Internet («Da sind die Infos aktueller!»), hat natürlich einen eigenen Computer auf seinem Zimmer («Damit geht das Lernen leichter und schneller!» – «Klar, die Spiele sind auch wichtig! Mit den Freunden und so!» – «Chatten ist toll! Skypen find ich langweilig! Da versende ich lieber ’ne SMS!»).
Daraus geht hervor: Max besitzt seit vier Jahren ein Handy: «Da gibt’s die meisten Reibereien. Meine Eltern meckern deswegen viel. Ich würde das Handy zu viel benutzen. Und für überflüssige Gespräche. Aber meine Mutter quasselt ja auch viel mit dem Ding. Nur die darf das!»
Das größte Problem gebe es, wenn er Musik hören würde. «Meinen Eltern ist das zu laut. Aber ich spür die Musik gut im Bauch, wenn es dröhnt. Cooles Gefühl. Dann kann ich schnell alles vergessen.»
Bei Beatrix sieht der Mediengebrauch ähnlich aus. Auch sie hat vom Fernseher bis Computer im eigenen Zimmer alles, was Heranwachsende besitzen müssen, um «in» zu sein: das Handy, den MP 3-Player , den Zugang zum Internet, «alles, was man eben so braucht», erklärt sie. Aber sie lese auch viel, vor allem Bücher, mit denen sie sich zurückziehen und allein sein könne. Am Computer, dem Zugang zum Internet, schätze sie vor allem, dass man schnell auf Informationen zurückgreifen könne («Manchmal sind das aber auch zu viele Infos, und man sieht den Wald vor lauter Bäumen nicht!»). «Ganz toll finde ich die communities,chatten, Freunde kennenlernen oder Kommentare reinstellen. Wikipedia finde ich klasse, da kann man Nachrichten abrufen und wieder was formulieren.» In einem Teil des Gesprächs meint sie: Bei ihr gebe es häufig Zoff wegen des Fernsehens oder des Computers. «Der Hauptgrund ist, dass meine Eltern sich darauf nicht einlassen und meinen, sie müssten uns bevormunden. Dabei haben sie keine wirkliche Ahnung. Wenn die sich mehr interessieren würden für das, was wir am Computer so toll finden, gäb’s, so glaube ich, nicht ständig diesen Streit.»
Beatrix macht auf einen zentralen Gesichtspunkt aufmerksam, den Erwachsene häufig verkennen: Medien faszinieren, sie haben eine emotionale Bedeutung. Mit ihnen kann man sich zugleich als Onliner von den Offlinern einer früheren Mediengeneration, die ganz anders aufgewachsen ist, abgrenzen. Der Mediengebrauch Jugendlicher zeichnet sich durch zwei Tendenzen aus: Sie gehen nicht allein mit einer Medienvielfalt um, sie setzen diese Medien auch nebeneinander und funktional ein: Musik während der Hausaufgaben oder des Aufräumens, die Zeitung beim Essen, das Fernsehen, während man im Computer noch Infos sucht … Die parallele Nutzung kennzeichnet den gegenwärtigen Mediengebrauch von Jugendlichen. Diese Medienkompetenz der Heranwachsenden verunsichert viele Eltern, haben Kinder doch von früh an gelernt, mit den verschiedensten Medien umzugehen.
Sie wissen, wie und wo man sich ihnen zuwenden kann, was die Medien mit einem machen (Langeweile vertreiben, ablenken, in Spannung versetzen),
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