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Pubertät – Loslassen und Haltgeben

Pubertät – Loslassen und Haltgeben

Titel: Pubertät – Loslassen und Haltgeben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan-Uwe Rogge
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Gesichtspunkt wird insbesondere von Müttern vertreten. Eltern, die sich die Argumente dieser dritten Haltung zu eigen machen, nehmen sich viel Zeit für ihre Kinder, setzen sich intensiv mit dem Computergebrauch auseinander.
    Aufgrund der verschiedenen Gespräche, die ich mit Eltern über den Computergebrauch geführt habe, kann man eine Faustregel formulieren: Je stärker die Computernutzung in ein kommunikatives Umfeld (Familie, Geschwister oder Gleichaltrige)eingebunden ist, umso anspruchsvoller und ergänzender stellt sich die Nutzung des Computers dar. Dabei darf nicht übersehen werden: Der Umgang mit Lernprogrammen oder kreativen Möglichkeiten des Computers ist altersbedingt: Je älter die Kinder sind, umso differenzierter die Computer.
    Befragt man Jugendliche, so sind diese vom Computer fasziniert, ihm aber nicht verfallen. Befürchtungen und Horrorprognosen aus den achtziger Jahren, wonach der Computergebrauch zwangsläufig zu einer Verringerung sozialer Kontakte bei Pubertierenden führen muss, lassen sich für die Mehrzahl der Heranwachsenden nicht bestätigen. Im Gegenteil: Die Computer-Kids sind zumeist eingebunden in die Gruppe Gleichaltriger, pflegen enge Freundschaften, tauschen sich aus und sind vielseitig interessiert.
    Heranwachsende nehmen Computerspiele nicht wahl- und kritiklos an. Sie verfügen über fundierte Beurteilungskriterien bei den Spielgeräten. Die listige Weise, wie Computerspielprogramme verändert und kopiert, wie Codes geknackt werden oder in Datenbanken eingedrungen wird, weist zudem darauf hin, dass sich bei einem Teil der jugendlichen Computerspezialisten der Umgang mit Technik und die Entfaltung von sozialer Kreativität nicht ausschließen müssen.
    Die Computerkultur von Jugendlichen hat aber noch eine weitere Funktion. Computerspiele bieten – wie Kleidung, Haarschnitt, Musikvorlieben oder sprachliche Rituale – eine Chance, sich nach außen, d.   h. von Erwachsenen, abzusetzen, um sich damit gleichzeitig nach innen, bezogen auf die Gruppe der Gleichaltrigen, zu finden. Gute Computerspiele stellen eine Möglichkeit dar, sich eigener Qualifikationen zu versichern und sich einen Platz im System der Gleichaltrigen zu verschaffen. Darüber hinaus zeigen sich im Umgang mit den Computerspielen auch Spuren eines «neuen» Alltags. Heranwachsende beherrschen das Spielangebot besser und routinierter als Erwachsene, sie wissen umVor- und Nachteile eines Produkts und setzen es entsprechend ein. Das gilt ebenso für das Verhältnis der Generationen untereinander. Die Macht-Ohnmacht-Relation, die manches Eltern-Kind-Verhältnis prägt, erhält beim Umgang mit dem Computerspiel Risse. So werden die Spiele seitens der Heranwachsenden nicht selten genutzt, um eine eigene Identität zu finden oder sich pädagogischer Bevormundung zu entziehen.
     
    Ordnet man die Gespräche mit Pubertierenden über ihren Umgang mit dem Computer, so lassen sich typologische Motive benennen. Computerspiele können eingesetzt werden,
um Eigenständigkeit und Selbständigkeit auszudrücken,
um Normen und Werte (z.   B. Leistung, Geschicklichkeit) zu dokumentieren,
um Leistungen zu bringen, die Erwachsene nicht zeigen können und die sie daher ausgrenzen,
um Körperlichkeit und Gefühl zu erleben,
um gefühlsmäßige und psychosoziale Defizite auszugleichen,
als Inbegriff von Unterhaltung und Kreativität,
als Hobby und Einübung in den produktiven Umgang mit Technik.
     
    Viele Eltern und pädagogischen Fachkräfte stehen den Computerspielen ablehnend, ohnmächtig, hilflos, insgesamt wenig verständnisvoll gegenüber.
    «Ich finde diese Beschäftigung abartig. Das ist doch absolut langweilig. Da findet keine produktive Auseinandersetzung mehr statt.»
    «Jugendliche werden auf technische Problemlösungen verwiesen. Das Menschliche bleibt doch außen vor.»
    «Ich finde, dass der Computer vieles vorgibt. Er verspricht Spaß. Aber im Leben, beim Lernen ist eben nicht alles Spaß. Da musst du auch viel Frust aushalten.»
    Dieser Einstellung will ich einige Aussagen von Pubertierenden gegenüberstellen:
    «Also, Spiele sind eine echte Herausforderung. Am Anfang verliert man, aber dann wird immer alles besser.»
    «Baller-Spiele mache ich zwar auch, aber spannender sind solche, wo man nachdenken muss, Strategien entwerfen.»
    «Klar, wenn ich zwei, drei Stunden vor dem Gerät hocke, bin ich sehr angespannt. Aber das vergeht dann auch schnell.»
    «Ich find’s toll. Man hat Erfolgserlebnisse; wenn du

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