Pubertät – Loslassen und Haltgeben
eigenen, vor allem gemeinsamen Wege finden.
Nachhilfe – zu Hause und professionell
Oliver, neun Jahre, hat mit seiner Mutter, Doris Speidel, die Zeiten für seine Hausaufgaben vereinbart – das klappt in der Regel auch gut. Aber wenn er mit einer Aufgabe nicht mehr weiterkommt, dann bittet er seine Mutter um Hilfe. Und dann hängt der Haussegen schief: «Oliver ist ein lieber Kerl! Aber bei den Hausaufgaben», sie stöhnt laut auf, «da knallt es zwischen uns.» Und bei ihrem Mann sei es noch schlimmer: «Der dreht viel früher durch als ich!»
Mir sind nur wenige Eltern bekannt, die ruhig und gelassen über einen längeren Zeitabschnitt Kinder bei ihren Hausaufgaben begleiten können.
Wenn ich jetzt einige Hinweise gebe, wie man sich als Vater und Mutter bei der Hausaufgabenbegleitung gekonnter und angemessenerverhalten kann, so ziehen diese nicht automatisch Harmonie, Friedfertigkeit und die Abwesenheit von Konflikten nach sich, aber sie werden die Situation in der Regel merklich entspannen:
Generell ist es vorteilhafter, nicht die ganze Zeit beim Kind zu sitzen. Lassen Sie sich am Anfang die Hausaufgaben erklären! Kontrollieren Sie die Ergebnisse am Ende! Ein Zuviel an ständiger Begleitung kann das Kind auch unselbständig und abhängig von elterlicher Anwesenheit machen.
Will das Kind Tipps haben, dann geben Sie kurze, konkrete und eindeutige Hinweise. Bedenken Sie: Hilfe zur Selbsthilfe ist auf Dauer wichtig, damit der Heranwachsende selbst die Lösungen findet.
Weisen Sie bei der Ergebniskontrolle nicht zuerst auf die Fehler hin! Achten Sie mehr auf das, was ein Kind richtig gemacht hat! Der Verweis auf Schwächen, so gut er vielleicht gemeint ist, bestätigt ein Kind eher darin, was es nicht kann! Hinweise auf Wissenszuwächse ermutigen und stärken das Selbstwertgefühl.
Setzt man sich doch einmal (vielleicht auf Wunsch des Kindes) dazu, ist es ratsam, auf Kommentare und Belehrungen zu verzichten. Wenn Kinder gerade nachdenken, werden sie durch Hinweise wie «Kau nicht am Kuli herum!» abgelenkt. Bedenken Sie: Jedes Kind geht seinen individuellen Weg, hat sein eigenes Tempo. Und auch meditativer Stillstand kann Fortschritt sein! Sie sind Begleiter – nicht mehr und nicht weniger! Beschleunigen Sie nicht! Verzögern Sie aber auch nicht!
Wenn Sie merken, dass sich Ihr Kind nicht mehr konzentrieren kann, trödelt oder träumt, weil es müde, körperlich oder intellektuell ausgepowert ist, schlagen Sie eine kleinere Pause vor oder dass die Hausaufgaben zu einem späteren Zeitpunkt beendet werden. Das sollte nicht zu den «Tagestief»-Zeitenvor dem Schlafengehen oder am frühen Morgen sein. Allerdings muss man über die Begleitung bei den Hausaufgaben grundsätzlicher nachdenken. Die dabei entstehenden Konflikte haben meist weniger mit einer Unfähigkeit der Eltern zu tun als vielmehr mit der übergroßen Nähe zwischen allen Beteiligten. Eltern wie Kinder reagieren wie ein eingespieltes Ehepaar: Ein Wort gibt schnell das andere.
Das Zauberwort heißt «Distanz» – nicht zum Kind, sondern zu der Sache. Manchmal sind Bezugspersonen, zu denen die Kinder bedingungsloses Vertrauen haben, die aber eine Distanz zum Kind aufweisen, angemessenere – wohlgemerkt: nicht Bessere! – Begleiter bei den Hausaufgaben: ältere Geschwister, ältere Kinder aus dem Freundeskreis oder auch der Nachbar. Die Betreuung der Hausaufgaben abzugeben ist nicht Eingeständnis einer Inkompetenz von Vater und Mutter, sondern Zeichen von Souveränität: «Ich kann vieles. Aber bei den Hausaufgaben erfahre ich meine Grenzen!»
Nun wird es Lebensumstände geben, in denen man die Verantwortung für die Hausaufgaben nicht ans Umfeld abgeben kann. Dann sucht man sich eine professionelle Hausaufgabenbetreuung, wobei drei Aspekte zu beachten sind:
Zunächst sollte es nicht um bessere Noten gehen, vielmehr darum, dass das Kind wieder Interesse am Lernen hat und keine größeren Lücken im Unterrichtsstoff entstehen. Eine Nachhilfe, die nur beste Noten verspricht, scheint nicht besonders sinnvoll.
Beteiligen Sie das Kind an der Auswahl der Hausaufgabenbetreuung. Die «Chemie» zwischen beiden muss stimmen. Sie ist Voraussetzung für eine vertrauensvolle Arbeitsbeziehung. Häufig können diese Personen dann ähnliche Forderungen aufstellen wie die Eltern, werden aber wegen der größeren Distanz von den Kindern akzeptiert.
Auch wenn heute immer mehr Eltern die beruflichen Chancen ihrer Kinder an guten Noten festmachen: Für den
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