Pubertaet - wenn Erziehen nicht mehr geht
Möglichkeit, oder willst du das? SOHN: Ich will es.
JUUL: Kannst du erklären, wie es die Dinge leichter machen würde?
SOHN: Immer wenn es um Lernen geht an sich oder Schule, dann kommt es bei jedem Gespräch zum Konflikt, und das hilft halt keinem von uns weiter, und deshalb soll sie mir das Thema überlassen, weil da einfach nichts zustande kommt außer Negativem. Also ich sehe da nur negative Sachen, die am Ende von Gesprächen da sind. Da ist selten was Gutes dabei herausgekommen.
JUUL: Deine Mutter redet darüber, dass sie in eurer gemeinsamen Geschichte Fehler gemacht hat. Ist das ein Thema für dich? Ist das wichtig, oder …?
SOHN: Die Fehler, die sie gemacht hat?
JUUL: Ja.
SOHN: Ob ich da jetzt noch nachtragend bin?
JUUL: Ja, ob du darüber nachdenkst?
SOHN: Doch, vor allem, wenn es dann zu Konflikten kommt, dann gibt’s da so eine Art Rückblenden bei mir, und das macht es dann auch noch mal negativer, das ist ein Konflikt.
JUUL: Kannst du ein konkretes Beispiel nennen? Was siehst du dann zurück in der Vergangenheit?
SOHN: Das möchte ich jetzt nicht sagen.
JUUL: Ok. (Zur Mutter) Du hast deinen Sohn ungefähr 500.000-mal so viele Minuten gekannt wie ich, aber für mich ist das sehr glaubwürdig, wenn er das so sagt. Für dich auch?
MUTTER: Ja.
JUUL: Warum nicht loslassen?
MUTTER: Weil eben die Schule, die Noten doch immer das Problem sind.
JUUL: Das möchte ich schnellstmöglich erklären. Die Noten sind, wie sie sind. Ob das ein Problem ist oder nicht, ist ganz individuell. Und du glaubst, sie sind problematisch.
MUTTER: Ja, wenn er die Klasse jetzt wiederholen muss. Wir haben vereinbart, dieses Jahr ist die Abschlussklasse, und er sagt auch: »Ich will das selber machen, lass mich in Ruhe.« Aber ich sehe, dass ich ihm trotzdem helfen muss, also er kann es noch nicht ganz alleine.
JUUL: Du siehst, dass du ihm helfen musst, oder sagt er, dass du ihm helfen musst?
MUTTER: Er sagt das auch, denke ich. (Sohn schaut fragend) Gut, da müssen wir uns noch mal miteinander auseinandersetzen. Aber ohne Unterstützung … Es ist ja nicht so, dass alles locker flockig wäre.
JUUL: Es ist entscheidend, dass wir über Verantwortlichkeit reden! Wenn er verantwortlich ist, und danach fragt er, dann ist er auch dafür verantwortlich zu sagen, wann er Hilfe braucht und von wem. Dann hast du die Möglichkeit an seine Tür zu klopfen und zu sagen: »Meiner Beobachtung nach brauchst du jetzt Hilfe. Ja oder Nein?«, und dann kann er Ja oder Nein sagen. Dann ist er verantwortlich. Jetzt übst du nur weniger Kontrolle aus, und das ist besser, aber es ist nicht gut genug. So, er weiß eigentlich nicht, noch nicht: Wie kann ich meine Schule schaffen, wie kann ich meine Noten erreichen, wann bin ich mit meiner Leistung bzw. meinen Noten zufrieden. In seiner ganzen Geschichte war es immer wir .
MUTTER: Ja, das ist richtig.
JUUL: Also jetzt wissen wir es. Ich glaube, das ist kein Geheimnis: Es ist Zeit (für die Eigenverantwortlichkeit) , dein Sohn meint, jetzt ist es Zeit, und jetzt müssen wir ja beide wissen: Was denkst du darüber? Bist du bereit oder glaubst du, wir haben das nicht genug durchdacht?
MUTTER: Doch, wir kriegen das schon hin. Wir haben auch Hilfen.
JUUL: Nicht ihr müsst das hinkriegen. Du musst das hinkriegen.
MUTTER: Ja, das kriege ich auch hin.
JUUL: Also loszulassen?
MUTTER: Ja, aber wir fangen erst an. Es ist halt so.
JUUL: Es gibt kein Wir.
MUTTER: Ich und mein Mann, hab ich gemeint. Und ja, es stimmt, es gibt kein Wir. Ich fange jetzt an, doch, ja.
JUUL: Und es muss nicht notwendigerweise mit Lust sein. Aber wie du das beschreibst, ist es notwendig.
MUTTER: Ja.
JUUL: Und dein Sohn war lange, lange sehr diplomatisch.
MUTTER: Ja, das stimmt. - Ich denke, wir haben auch gut miteinander gearbeitet. Es war nicht einfach, die Vergangenheit, und es hat sich eben im Schulischen auch geäußert.
JUUL: Das ist sehr schwierig für Eltern: Man sieht irgendwie, was passiert ist, und man sieht auch, wenn man so verantwortlich ist wie du: »Ich hab’ Fehler gemacht, ich hab’ bezahlt.« Wenn das alles auf dem Tisch liegt, dann wollen wir kompensieren. Wir wollen es wiedergutmachen, dass es wieder erfolgreich wird. Manchmal ist das nicht möglich und es macht die ganze Situation schlimmer. Denn dann sitzen die Kinder da und denken: »Es war nicht nur schwierig für mich, es hat mir nicht nur wehgetan, es wäre auch am besten, wenn ich nicht mehr ›Au‹ sage, weil es für meine
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