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Puck

Puck

Titel: Puck Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans G. Bentz
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benutzte.
    Manchmal — wenn zum Beispiel ein Extra-Honorar einlief — war Herrchen besonders guter Laune. Dann hing er sich ein Handtuch über den Kopf, kroch auf allen vieren auf dem Teppich herum und knurrte hinter dem Handtuch. Puck spielte dann Kuh mit ihm und bellte ganz entsetzlich laut. So verflogen auch die düsteren Tage des Winters. Die Zeit schien stillzustehen, aber wir ahnten, daß die Lunte weiterbrannte.

    Plötzlich war Weihnachten da und brachte für Puck gewaltige Sensationen. Zunächst fiel ihm auf, daß sich seine Götter höchst sonderbar zu benehmen anfingen. Sie schleppten, jeder für sich, Pakete an, die sie aber nicht wie sonst auspackten, sondern auf den verschiedenen Schränken verstauten. Dann wurden Mengen von Paketen gepackt, es wurde Pfeiferkuchenteig angerührt, und schließlich erreichten sie seiner Ansicht nach den Höhepunkt unerklärlichen Benehmens, indem sie ein Stück Wald, einen großen Tannenbaum, anschleppten, der zunächst auf den Hof gestellt wurde. Dort begoß ihn Puck gewissenhaft jeden Morgen, denn er gehörte ja wohl jetzt sozusagen zum Familienbesitz und mußte gegenüber den anderen Hunden als sein Eigentum markiert werden. Abgesehen davon mußte man sich, vor allem bei Dora, beliebt machen, denn die Pfefferkuchen wurden jetzt gebacken, und ihr herrlicher Geruch durchzog die ganze Wohnung. Der Trick — das hatte er bald heraus — bestand darin, daß man wartete, bis Dora eines der vollen Bleche auf den Boden stellte; dann mußte man sich artig, ohne etwa zu klauen, daneben setzen. Wenn sie nun kam und das Idyll sah, war sie so gerührt, daß sie — soweit vorhanden — die Götter herbeiholte, und die waren dann auch ihrerseits gerührt, und Puck kassierte von allen dreien.
    Schließlich wurde der Baum hereingeholt und aufs Kreuz genagelt, was zunächst Herrchen tat. Er setzte sich dazu auf den Teppich in der Bibliothek, assistiert von Puck, der jeden Splitter durchkaute, den Herrchen unten vom Baum abschnitt, weil er sonst zu dick sei. »Das Prinzip«, erklärte ihm Herrchen, »besteht darin, daß man weder zuviel noch zuwenig abschneiden darf, damit er nicht zu fest und nicht zu lose sitzt. Später, wenn er im Kreuz steht, kommen dann die statischen Probleme, denn das Luder ist schief, das habe ich beim Kauf nicht bemerkt. Vielleicht besorgen wir uns ein paar Sperrholzplatten. Der kleine Rudi von der Lucius-Familie hat eine Laubsäge, die pumpe ich mir, säge das Sperrholz auseinander, hole mir aus der Tischlerei Leim, klebe mir aus den Stückchen Klötze und klemme sie dort unter das Kreuz, wo es wackelt. Zunächst muß aber noch dieser Knorpel hier weg...« Damit griff Herrchen wieder zu seinem Taschenmesser. Er hatte, noch aus seiner Jugendzeit, eine Vorliebe für Taschenmesser, und Weihnachten war die richtige Zeit, in der er sie brauchen konnte. Der Knorpel war so hart, daß sich das Messer bog und Herrchen ganz rot im Gesicht wurde. Puck beobachtete das, dicht an seinem Knie liegend, und wedelte.

    In diesem Augenblick öffnete sich die Tür, die beiden weiblichen Götter erschienen und blieben vor den Männern stehen.
    »Und das alles auf dem guten Teppich!« sagte Frauchen. »Weißt du denn nicht, daß du alles voll Harz machst? Und du, Puck, mußt natürlich noch alles zerkauen und besabbern. Raus mit euch!«
    Herrchen stand sehr beleidigt auf und belehrte Frauchen über die statischen Probleme und seine Laubsägepläne. Frauchen und Dora wechselten einen Blick, dann sagte das Frauchen: »Hol mir mal den Hammer aus dem Besenschrank, den großen.«
    »Damit wirst du auch nichts ausrichten«, sagte Herrchen würdevoll, als . er den Hammer überreichte.
    »Halten Sie mal einen Moment, Dora!« sagte Frauchen, steckte das Kreuz auf den Stumpf und haute ein paarmal mit dem Hammer darauf: Das Kreuz saß fest.
    »Aber siehst du denn nicht, daß er schief ist und deshalb nicht geradestehen kann?« fragte Herrchen schadenfroh.
    Sie holte ein Buch aus dem Regal, legte es unter, und der Baum stand wie eine Kerze.
    In diesem Augenblick klingelte das Telefon. Ich wurde dienstlich abberufen und sah diese Einmischung der anderen, feindlichen und fremden Welt ausnahmsweise gar nicht ungern. Puck blickte mir nur flüchtig nach, denn die weiblichen Götter entfalteten nun eine neue, noch mystischere Tätigkeit. Aus Pappschachteln holten sie bunte Kugeln und silberne Fäden, die nach altem Staub rochen, und hängten sie über den Baum. Puck fraß, unbeobachtet, ein Paket

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