Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Puck

Puck

Titel: Puck Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans G. Bentz
Vom Netzwerk:
begriffen hatte, verhielt sich so ruhig wie ein erschrockener Mistkäfer und gab Vater sogar diplomatisch ein schnelles Küßchen. Dann, in einem unbewachten Augenblick, sprang er auf und raste, über seine eigenen dicken Beinchen stolpernd, davon, so schnell er konnte. Puck holte ihn mit einem einzigen Satz ein und warf ihn von neuem um. Der Kleine weinte. Darüber schien Puck Reue zu empfinden und machte ganz auf neckisch. Er warf sich dem winzigen Sohn zu Füßen, der die Situation sofort begriff und sich unbarmherzig auf den Vater stürzte.
    Nebeneinander betrachteten wir tief gerührt das Schauspiel. »Siehst du«, sagte Frauchen, »es gibt doch einen Vaterinstinkt, auch bei Hunden!«
    »Ja, Oma!«
    Sofort blitzte sie mich an: »Los — alle ins Haus!«
    Puck verstand den Befehl umgehend und galoppierte ihr voran, sich häufig nach ihr umdrehend, ganz krumm vor Ergebenheit. Cocktail, ohne jede Ahnung, worum es sich handelte, quetschte sich durch die Hecke vor dem Haus und begann die Blumen abzumontieren. Frauchen stieg über die niedrige Hecke, wobei ihr Strumpf eine prächtige Laufmasche erhielt, und hob den Kleinen hoch. »Du könntest dich wirklich auch mal rühren«, sagte sie zu mir.
    »Ja...«, erwiderte ich abwesend.
    Immerzu mußte ich auf Puck sehen. Er war wieder aus dem Hausflur gelaufen und sah mit einem merkwürdigen Blick auf Frauchen und den Kleinen. Ich fühlte, was in ihm vorging: Das hier war also kein Spielzeug, was man ihm mitgebracht hatte, sondern ein gefährliches Wesen, das die Liebe seiner Götter auf sich lenkte, diese Liebe, die einzig und allein ihm gehörte.
    Und als nun Cocktail in der Küche abgesetzt wurde, trat überraschend die Katastrophe ein. Unter dem entzückten >Ah!< und >Oh!< Doras wackelte die kleine weiße Wurst zielbewußt auf Pucks Futternapf zu, der wie üblich nur zu einem Viertel geleert war. Gerade noch rechtzeitig sah ich Pucks Gesicht: Es war eine böse Grimasse, die Lefzen hochgezogen, die Reißzähne entblößt, die Nase kraus. Im nächsten Augenblick stürzte er sich auf Cocktail, der unter seinem Biß aufschrie. Der ganze Hund verschwand in Pucks Schnauze, aber da hatte ich ihn am Genick, riß ihn hoch und gab ihm zwei Ohrfeigen, die mir im nächsten Moment bitter leid taten.
    Ich zerrte Puck ins Bad und schloß es ab. Die beiden Frauen standen ganz versteinert da, der Kleine aber hatte den Zwischenfall schon wieder vergessen und enterte gerade Vaters Napf. Mit allen vieren watete er darin herum, gurgelte und schmatzte, daß man es weithin hörte. Die Reiskörner purzelten ihm rechts und links aus der Schnauze.
    »Wir müssen ihm einen eigenen Futternapf aufstellen«, sagte Frauchen, und Dora holte einen Blechnapf, den sie mit einem Teil von Pucks Portion füllte. Cocktail jedoch, der diese strategische Umgruppierung benutzt hatte, um inzwischen ein Würstchen zu produzieren, beroch seinen Napf nur flüchtig, und steuerte dann unbeirrbar wieder Pucks Schüssel an, deren Eigentümer derweil wild an der Badezimmertür kratzte und schließlich in wütendes Bellen ausbrach.
    Was tun? In diesem Augenblick, wo alles wild durcheinander ging, klingelte es wie üblich, und es kam auch noch Besuch. Es war Onkel Albert, der schon der Rechtsanwalt meines Vaters war, lange Zeit hindurch hartnäckiger Junggeselle, jetzt mit einer bedeutend jüngeren und sehr lebenslustigen Frau verheiratet, die ihm soeben einen kräftigen Buben geschenkt hatte. Onkel Albert besaß einen todsicheren Instinkt dafür, zehn Minuten vor dem Essen zu kommen. Während wir noch die notwendige und unvermeidliche Einladung murmelten, war er schon im Eßzimmer, stellte die Aktenmappe an die Wand, setzte sich hin und drehte sich erwartungsvoll zu Dora um, die noch ein Besteck auflegte: »Nett, Kinderchen, nett! Was gibt’s denn?«
    Während ihm das Menü erklärt wurde, beobachtete ich Cocktail, der hinter den mächtigen Beinsäulen Doras hereingewackelt kam, zweimal über sich selbst fiel und dann Onkel Alberts Mappe ansteuerte. Er beroch sie ausführlich und versuchte dann, weiß Gott, an ihr das Bein zu heben. Es gelang ihm nicht, und er fiel noch zweimal dabei um. So tat er es eben auf die weibliche Art und umgab die eine Ecke der Mappe mit einer Pfütze. Langsam wich er vor ihr zurück, als sie sich ausbreitete. Dann legte er sich an den trockenen Teil der Mappe und begann mit schwärmerisch verdrehten Augen das Leder anzuknabbern. Ich warf Frauchen einen Blick zu, sie beschäftigte den Gast,

Weitere Kostenlose Bücher