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Pulphead

Pulphead

Titel: Pulphead Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Jeremiah Sullivan
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alten, staubigen Japaner? Aber so rechnete wohl nur ein ahnungsloser weißer Baldhead .
    Ein Wellblechtor mit riesigen Rastafari-Löwen darauf öffnete sich quietschend. An einem der Flügel hing ein Blechschild, auf dem stand: » JAH B. IST BIS 15. MÄRZ NICHT DA «. Wir hatten den 6. Juli. Vermutlich war ihm die grundsätzliche Aussage ganz recht. Er stand im Innenhof, klein und genauso drahtig wie auf dem berühmten Bild, das ihn mit Dreadlocks und freiem Oberkörper beim Fußballspielen zeigt. Er trug einen vorzüglichen braunen Anzug ohne Kragen, den Sammy Davis, Jr. 1970 auf einer hippen Party hätte tragen können. Sein Bart war lang, dünn und vergilbt. Seine Dreads waren zu einer Krone zusammengerollt und mit Bändern auf dem Kopf befestigt.
    Er begrüßte uns ausgesprochen höflich, schien aber keine Zeit verlieren zu wollen. Llewis sprach er als Soldat an, als » Soldier «! Unter einer Linde hatte er Stühle für uns aufgestellt. Seine Frau Jean Watt, eine in Würde gealterte Dame, brachte Orangensaft und sagte: » Bless , bless .«
    »Also«, fing ich an. »Es ist eine Ehre, Sie kennenzulernen.«
    »Es ist eine Ehre, hier auf dieser Welt sein zu dürfen«, sagte er. »Verstehst du? Also sind wir uns einig, so we at one . Wie kann ich helfen, what's up with you, now ?«
    Man war eingeschüchtert, allerdings nicht auf unangemessene Weise. Es war schließlich Bunny Wailer, der Mann, der
Bob Marley Harmonien beigebracht hatte. Als wir ankamen, hatte ich ihn gefragt, ob wir ihn zum Essen einladen dürften, wo immer er wollte. Llewis hatte mir geraten zu erwähnen, dass das Restaurant ital sein würde, dass es also Gerichte für Rastas anbot. »Danke«, antwortete Bunny und stockte, »aber . . . der Blackheart Man ist sehr skeptisch. Er isst lieber aus dem eigenen Topf.«
    Im Notizbuch stand: »Frag ihn vor allem, was gerade passiert, die Sache mit Dudus«, aber ich hatte noch nicht einmal das Aufnahmegerät angeschaltet, ehe Bunny mir eine einstündige, mit historischen Fußnoten versehene Analyse der Dudus-Krise präsentierte, deren Wurzeln er bis zur Entstehung der Garrisons in den Sechzigern zurückverfolgte.
    Um die Situation in Jamaika und die Gründe dafür zu verstehen, dass das Land statistisch zu den gewalttätigsten Gebieten auf der Welt gehört, muss man mit dem einzigartigen System der Garrisons beginnen, nach dem die Regierung der Insel funktioniert. Bevor Sie sich jetzt schon gelangweilt abwenden – vielleicht finden sie ja allein den Gedanken faszinierend, dass sich fünfhundert Meilen von der amerikanischen Küste entfernt, auf einer mit den USA befreundeten Insel, etwas so Kaputtes ereignet. Das System der Garrisons wird – in einem jamaikanischen Bericht eines eigens dafür einberufenen Ausschusses – als »politisches Stammessystem« beschrieben. (Vor dreißig Jahren sprach Bunny in seinem Klassiker »Innocent Blood« von einem politischen Stammesmassaker.) Die Geschichte der Garrisons kann man ganz grob wie folgt zusammenfassen. Die beiden rivalisierenden Parteien der Insel – die liberale People's National Party ( PNP ) und die konservative Jamaica Labour Party ( JLP ), Jamaikas Versionen der Demokraten und Republikaner – begannen in den sechziger Jahren damit, in den ärmsten Stadtteilen Kingstons Sozialbauten zu errichten. Sobald die Häuser fertig waren, ließ die Partei, die sie gebaut hatte, ihre eigenen zuverlässigen Anhänger einzie
hen und warf jeden aus dem Viertel hinaus, der nicht für sie stimmen wollte. Familien und Freundeskreise wurden zerrissen. Kinder mussten die Schule wechseln, weil sich die Parteizugehörigkeit ihrer alten Schule geändert hatte. Viele dieser Vertriebenen landeten in illegalen Siedlungen.
    Solange all das eine Frage der lokalen Inselpolitik war, störte sich kaum jemand daran, so wie die Situation auf Jamaika auch heute kaum jemanden außerhalb der Insel kümmert, zumindest war das so, bevor Dudus zur Bedrohung wurde. Als jedoch Michael Manley, der Chef der PNP , in den Siebzigern seine Sympathien für Castro bekundete, änderten sich die Dinge. Die CIA hatte schreckliche Angst, dass der kubanische Kommunismus auch auf andere karibische Inseln übergreifen könnte. Sie unterstützten den Chef der JLP und Reagan-Anhänger Edward Seaga. Plötzlich gab es mehr – und schwerere – Waffen in den Garrisons. Es hieß nun Manley gegen Seaga, Sozialismus gegen Kapitalismus, PNP gegen JLP . Die Garrisons standen sich gegenüber und kämpften

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