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Pulphead

Pulphead

Titel: Pulphead Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Jeremiah Sullivan
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einmal richtig angefangen. Wir einigten uns, die Gelegenheit zu nutzen und ein bisschen von dem Weed zu rauchen, das ich gekauft hatte. Wir wollten ganz sicher sein, dass es kein Scheiß war, dass wir Bunny nicht aus Versehen damit beleidigten. Wir waren so etwas wie die Vorkoster des Königs. Aber wo konnte man hier gefahrlos kiffen? Anders als Sie vielleicht denken, ist Jamaika kein Ort, an dem man einfach im Park herumliegen und den ganzen Tag Ganja rauchen kann.
    Llewis sagte, er kenne da ein paar Clubs. Wir fuhren eine Weile in Richtung Stadtrand. Ein Sicherheitsmann empfing uns am Tor und ließ uns rein. Es gab eine große Bar im Freien. »Stört's, wenn wir rauchen?«, fragte Llewis. Stört nicht, sagte der Typ. Unter einem riesigen Ganja-Verbotsschild bauten wir eine zweiblättrige Tüte. Drinnen war ein Stripclub, hier drau
ßen war alles entspannt. Die Mädchen hatten keine Kunden. Dudus hatte den Tourismus in Kingston auf dem Gewissen. Sie sahen gelangweilt aus und kamen immer wieder nach draußen. Natürlich boten wir ihnen ein paar Züge vom Joint an, was ihnen offensichtlich gestattet war, also rauchten sie. Wir gaben ihnen Trinkgeld dafür, dass sie existierten. Sie kamen alle vom Land. Es war traurig, wie billig ihre Dessous waren, und genauso traurig war der grausam scheppernde amerikanische Achtziger-Pop, den sie im Club spielten, schlimmstes American-Top-40-Albtraumzeug.
    Sie rollten einen Fernseher nach draußen. Gerade lief ein Weltmeisterschaftsmatch. Ich hatte gar nicht darüber nachgedacht, dass Llewis ja auf das Spiel hätte verzichten müssen, wenn wir unseren Zeitplan mit Bunny eingehalten hätten – sein geliebtes Deutschland gegen Spanien. Er hatte auf dieses Spiel sogar Geld gewettet, wie sich herausstellte. Llewis war ein feiner Kerl. Und jetzt, wie durch Magie, konnten wir das Spiel trotzdem gucken, während wir rauchten, tranken und auf unser Treffen mit Bunny warteten. Wir mussten uns ein paar Stunden um die Ohren hauen.
    Das Gras war tatsächlich sehr stark. Eine Zeit lang war ich ziemlich durcheinander. Vielleicht lag es daran, dass die Niederlage der Deutschen eine besonders niederschmetternde Wirkung auf Llewis hatte. Er wurde nicht damit fertig. Ihm kam es nicht nur verkehrt, sondern völlig irrsinnig vor, dass Spanien gewonnen hatte. Die Litanei von fachlichen und moralischen Erklärungen, die er den wenigen in der Bar versammelten Gästen und den Tänzerinnen ausbreitete, wurde zum Vortrag. Er hielt eine Vorlesung. Er wechselte jetzt komplett in Patois, und die anderen antworteten ihm in Patois. Ich verstand nur wenig von dem, was sie sagten, aber trotzdem nahm ich meine Aufgabe wahr, Llewis der Überlegenheit der Deutschen zu versichern.
    Ziemlich verkatert aßen wir im T. G. I. Friday's zu Abend,
Llewis war leicht mürrisch. Doch als wir zum hoffentlich letzten Mal an diesem Tag zu Bunny fuhren, hörten wir wieder »Diseases«, und »Diseases« würde selbst einen trockenen Trinker an einem Freibierstand aufmuntern.
    Llewis brachte mir etwas bei. Wenn in Jamaika dein Highschool-Team verliert, sagte er, skandiert man beim Verlassen des Spielfeldes traditionell: » We no feel no way ! Wir fühlen nichts!« Damit ist gemeint, dass wir uns nichts draus machen, es war uns eh scheißegal. Ich spürte die tiefe psychologische Bedeutung dieses Gesangs und ließ mich von Llewis nicht zweimal bitten, ich machte mit und schlug im Takt aufs Armaturenbrett. Den ganzen restlichen Weg zu Bunnys Haus sangen wir, Llewis schien so seine Enttäuschung vertreiben zu können.
    Jetzt war es dunkel. Wir klopften ans Tor. Derselbe Typ kam, und diesmal sagte er, Jah B habe Anweisungen gegeben, uns reinzulassen. Wir betraten den Innenhof und sahen Bunny mit einer Reihe anderer Rastafaris um einen Tisch versammelt. Sie hielten ein Reasoning ab, wie Bunny es nannte. Er gestikulierte in unsere Richtung und sagte, das Treffen sei bald zu Ende. Es lief schon seit sieben Stunden.
    Der Typ brachte zwei Stühle, stellte sie weitab vom Tisch in eine Ecke des Hofes, und bedeutete uns, dass wir uns setzen sollten. Da saßen wir, während sie weiter ihre Angelegenheiten besprachen. Llewis und ich hatten das unangenehme Gefühl, fehl am Platz zu sein. Einige der anwesenden Frauen sagten ganz klar, dass sie uns nicht dahaben wollten. Einmal standen wir auf und versuchten deutlich zu machen, dass wir auch gerne draußen warten könnten, aber der Mann, der uns hereingelassen hatte, sagte zu den Frauen: »Jah B

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