Pulphead
will, dass sie hier sind, für Jah B sind sie wichtig«, und alles beruhigte sich.
Die Besprechung dauerte noch eine gute Stunde. Es fing an zu regnen, und wir durften mit unseren Stühlen näher heran
rücken. Sie beteten. Dann verabschiedete man sich eine Stunde lang. Die Rastas winkten uns beim Aufbrechen herzlich zu. Bunny saß in seinem Büro, bei offener Tür, und beriet sich vertraulich mit einer der Sisters . Wir hörten ein Weinen, dann wurde gebetet, und Bunny machte seltsame Anfeuerungslaute. Es klang nach einer Erweckungszeremonie.
Als er fertig war, kam er heraus und sprach mit uns. Er sagte, dass er baden und sich auffrischen müsse, um wieder zu Kräften zu kommen. Bei unserem letzten Besuch hatte er gesagt, dass er nicht viel schlafe, dass er nachts am besten arbeiten könne.
Ich hatte ein paar ordentliche roaches in meiner Hemdtasche, nicht ganz zu Ende gerauchte Joints. Wir rauchten sie im Schatten des Hofes. Wir konnten den Gesang aus einer Kirche auf der anderen Straßenseite hören, den Klang vieler Stimmen in einer dicht verschlossenen Kiste. Bunny hatte ein altes Poster gegen eine Betonwand gelehnt, ein Porträt von Marcus Garvey. Llewis sang Burning Spears »Do you remember the days of slavery?« Nach jedem Zug sagte er » Irie «. Er war kein Rasta; es war ein wenig ironisch gemeint, so wie wir Amerikaner nach einem Schluck Whiskey etwas im Südstaatenakzent sagen. Er sagte, er habe sich mal oberflächlich mit dem Rastafarianismus befasst, nach der Highschool, aber dann sei er an einen Punkt gekommen, wo er nicht mehr an Religion glaubte. Fertig.
Bunny erschien geräuschlos als dunkle Silhouette im Licht seines Büros. Er trug eine komplette khakifarbene Haile-Selassie-Ausgehuniform des äthiopischen Militärs. Seine Dreads waren neu gewickelt. Wir sollten uns setzen. »Was war das für ein Treffen?«, fragte ich. Das sei die Versammlung einer Gruppe gewesen, die sich Millennium Council nennt, erklärte er. Darin sind Abgesandte der dreizehn Mansions des Rasta vertreten (die Mansions sind vergleichbar mit Konfessionen – Bunny ist ein Nyabinghi, einer ihrer Kirchenältesten). Sie
hatten sich getroffen, um Jamaikas Teilnahme an einer bevorstehenden internationalen Rastafari-Konferenz zu besprechen.
Er fing an, uns zu erzählen, wie er zum Rasta geworden war. »Ich kannte Rasta schon als kleines Kind«, sagte er, »aber die Rastas wurden damals Blackheart Men genannt, damit die Kinder sich von ihnen fernhielten. Sie würden dir das Herz rausschneiden und es aufessen und solche Sachen. Und wenn man nicht gehorchte oder etwas tat, was sich in der Familie nicht gehörte, dann sagten sie: »Wenn du das jetzt nicht machst, rufe ich den Blackheart Man .«
Wenn die Kinder in Kingston, in Trenchtown, nicht zu spät zur Schule kommen wollten, nahmen sie eine Abkürzung durch die zugemüllten Gassen. Dort lebten die Rastas. Die Stadt gab ihnen Brachen, um ihre Lager aufzuschlagen. »Der Blackheart Man lebte im Dreck«, sagte Bunny. »Das ist der Rastaman .« Manchmal kam einer dieser Dreadlock-Mystiker aus seinem Loch heraus, um »seinen kleinen Topf mit Wasser zu füllen«, und wenn die Kinder ihn sahen, rannten sie davon. Bunny erinnerte sich, dass einige seiner Freunde sich auf der Flucht Schnittwunden und Prellungen zuzogen. Doch aus irgendeinem Grund – vielleicht war es der Einfluss von Joe Higgs – fragte sich der junge Neville irgendwann, warum er eigentlich davonlief. Ihm war aufgefallen, dass die Rastas in Ruhe zu ihren Löchern zurückgingen, während er und seine Freunde vor ihnen wegliefen. »Als er dann rauskam, habe ich mir ein Herz gefasst, und er schaut mich an und fragt: ›Du läufst nicht weg?‹«
Bunny fragte den Mann, warum er so lebte, wie er lebte. »Als er den Mund aufmachte, merkte ich, dass er Verstand hatte wie ein Anwalt oder Arzt«, sagte er. »Dann erzählte er, dass Haile Selassie der Erste ihn inspiriert hatte, diesen Weg zu gehen. › Seek first the kingdom of Jah, and all other things shall be added. Suche das Königreich Jahs, alles andere wird sich erge
ben.‹ Rastaman . No me hear them thing out no bible. Rasta lehrt diese Dinge. Und ich habe sofort verstanden.«
Im Frühjahr 1966 kam es zum Besuch Seiner Kaiserlichen Hoheit Haile Selassie, des äthiopischen Herrschers, des schwarzen Mannes auf dem Cover des Time -Magazines, der am höchsten Tisch des weißen Mannes Platz genommen hatte, bei den Vereinten Nationen, und den viele Jamaikaner von einem
Weitere Kostenlose Bücher