Pulphead
Entscheidung, die sich negativ auf unsere finanzielle Zukunft auswirkte. Man kann es auch »ein guter Vater sein« nennen.
Ich erinnere mich an den Moment, als sie kamen, um Peytons Möbel abzuholen. Weil sie zur selben Zeit eingezogen war wie wir, hatten sich ihre und unsere Sachen in Randbereichen vermischt. Meine Frau war bei der Arbeit, und ich wusste bei einigen Teilen nicht, wem sie gehörten. Der an diesem Tag Verantwortliche hielt eine Vase hoch, die auf dem Tisch gestanden hatte. »Ehrlich, ich weiß nicht, ob sie uns gehört oder ihr«, sagte ich. Vermutlich war es ihre, aber sie hatte mir im
mer gefallen. »Wissen Sie was«, sagte der Typ, »sagen wir doch einfach, sie gehört Ihnen.«
Sie schickten Maler vorbei, was meines Erachtens Format hatte. Viele Wände hatten von Requisiten, Gaffertape und sonst was Schrammen abbekommen. Meine Frau gab den Malern eimerweise knatschbunte Farben, Farben, zu denen wir vorher niemals tendiert hätten. Das Haus sieht heute vollkommen anders aus. Es gehört wieder beziehungsweise zum ersten Mal uns. Wir brannten ein Räucherstäbchen ab. Im echten und im übertragenen Sinn.
Unsere einzige Sorge war, dass wir Hilarie irgendwie in Schwierigkeiten gebracht hatten, dass wir den Plot so beeinflusst hatten, dass Peyton nicht mehr ganz so wichtig war im Figurenarsenal. Aber als wir ihr ein paar Wochen später über den Weg liefen und sie darauf ansprachen, verhielt sie sich charakteristischerweise ultrareif und sagte: »Ich glaube, Sie haben ihr geholfen, erwachsen zu werden.« Mit »ihr« meinte sie Peyton. Die Produzenten hatten beschlossen, innerhalb der Geschichte vier Jahre zu überspringen. Sie ließen die College-Zeit einfach aus, nach dem Highschool-Abschluss ging es direkt mit dem Beginn des Berufslebens weiter, alle Figuren waren zurück in ihrer Heimatstadt, wodurch man sich diesen Studentenwohnheim-Trübsinn ersparte, der schon anderen Teenager-Serien den Garaus gemacht hat, Felicity zum Beispiel. Peyton wohnte jetzt im Stadtzentrum und arbeitete als Bandmanagerin. »Sie lebt nicht mehr im Haus ihrer Eltern«, sagte Hilarie. »Sie hat jetzt eine eigene Wohnung. Wurde auch höchste Zeit, finde ich.«
Ein Jahr ging ins Land. Wir standen in London am Flughafen, meine Frau war dort auf einer Konferenz gewesen. In der Schlange vor dem Schalter fingen wir an, uns im Was-für-eine-Erfahrung-Modus über die Serie zu unterhalten – wahrscheinlich hatten wir in einem der Hotels in Schottland eine alte
Folge gesehen. Irgendwann drehte sich die Frau vor uns um. Business-Kostüm, dunkler Haarknoten. Sie beugte sich vor und sagte in einem unbestimmbaren europäischen Akzent: »Sie haben ein wunderhübsches Haus.« Sagte es so freundlich, wie man so etwas Unheimliches überhaupt nur sagen kann. »Sind Sie ein Fan der Serie?«, fragte meine Frau. »Oh ja«, sagte die Dame, »ich verpasse keine Folge.« Sie wusste ganz genau, wie Peytons Haus aussah. Sie beschrieb es uns. Das weiße Treppengeländer, den Flur.
Zu diesem Zeitpunkt hatten wir uns schon daran gewöhnt, dass Fans vorbeikamen und häufig sogar an die Tür klopften. In der ersten Zeit verhielten sie sich leidenschaftlicher, oder sagen wir: unverfrorener. Sie wollten Fotos von sich, Fotos von sich mit uns, von uns und dem Haus, von ihnen und dem Haus, eins nach dem anderen. Zu neunzig Prozent waren es Frauen, Teenagermädchen und Frauen Anfang zwanzig, und viele hatten ihre Mutter dabei. Einer der wenigen Männer, ein großer, dünner Kiffertyp, gab mir einen halben Dollarschein und bat mich, ihn drinnen in irgendeinem Ausstattungsgegenstand am Set zu verstecken. Ich legte ihn in eine kleine, afrikanisch anmutende Holzschale, die wir und Peyton neben der Haustür stehen hatten. Die Schale besaß einen Deckel. Er bedankte sich überschwenglich und sagte, dass er jetzt mit seiner Freundin, einem Peyton-Fan, in dem Wissen zu Hause sitzen könne, dass sich die andere Hälfte des Dollarscheins in ihrem Haus befinde. Als sie Peytons Sachen holen kamen, war sie immer noch drin, ich habe nachgesehen.
Niemand war jemals wirklich unverschämt oder hätte uns Angst gemacht. Einmal hatten wir diese belgischen Mädchen, die in vielleicht etwas ungesundem Ausmaß auf die Serie fixiert waren. Sie kamen zu sechst, mit einem libanesischen Taxifahrer, der sie vom vier Minuten entfernten Flughafen hergefahren hatte. Er hatte sie offensichtlich direkt am Gepäckband aufgesammelt und ihnen, als er sie über One Tree Hill
reden
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