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Pulphead

Pulphead

Titel: Pulphead Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Jeremiah Sullivan
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hörte, eine Tour zu den Locations angeboten. Jetzt waren sie hier. Der Fahrer stand die ganze Zeit hinter ihnen, als würde er sie uns zur Begutachtung präsentieren. Wir gaben ihnen zwei Souvenirs aus der Serie, das Skript einer alten Folge, das noch irgendwo rumlag, dazu irgendetwas anderes, an das ich mich nicht erinnere. Angesichts dieser bescheidenen Akte der Freundlichkeit brachen sie in Tränen aus, was meine Frau veranlasste, mehr Dinge zu holen und ihnen zu überreichen, weshalb sie bald noch heftiger weinten. Ich kann sie immer noch im Flur stehen sehen, diese hübschen Mädchen, wie sie weinen und lachen. Sie schenkten uns ein Glas vorzüglichen Honigs aus ihrem Land sowie eine Schlüsselkette mit Eiffelturm, die meine Tochter liebte und die bei uns immer noch in Benutzung ist. Gott segne euch, ihr Mädchen, wo immer ihr jetzt seid. Wahrscheinlich guckt ihr irgendwo One Tree .
    Die weiteste Anreise aller Zeiten hatte – wieder – ein Mutter-Tochter-Gespann aus Thailand auf sich genommen. »Peyton-Haus?« Die meisten aber kamen aus Ohio oder Florida oder so.
    Just in dieser Woche erst haben zwei aus South Carolina an die Tür geklopft. Meine Tochter und ich traten zu ihnen hinaus unters Vordach. Sollte ich ihr Alter schätzen, würde ich sagen: vorletztes Schuljahr. Man wusste gleich, dass sie sehr eng befreundet waren, denn sie sprachen kein einziges Wort miteinander. Sie starrten uns an und an uns vorbei ins Haus.
    »Kann ich Ihnen helfen?«, fragte ich.
    Das kleinere Mädchen, eine Brünette mit einem für jemanden in diesem Alter irgendwie matronenhaften Haarschnitt, sagte: »Okay . . . Wussten Sie, dass Ihr Haus mal in einer Serie vorgekommen ist?«
    »Ja«, sagte ich. »Wir haben sogar schon hier gewohnt, als sie das gefilmt haben.«
    Ihre Augen wurden groß. »Dürfen wir reinkommen?« Ich
sah hinunter zu meiner Tochter, die ganz aufgeregt war – große Mädchen!
    »Warum nicht?«
    Die Frage der Brünetten hatte mir einen kleinen, überraschenden Nostalgiestich versetzt. Wussten wir, dass wir mal in einer Serie vorgekommen waren? Wussten wir das? Der Zeitraffer-Treibsand popkultureller Vergänglichkeit, dem nichts entrinnt, hatte uns in wenigen kurzen Jahren mit sich gerissen. Wir waren zur Anekdote geworden. Diese Mädchen waren, kurz bevor das College sie trennen würde, gekommen, um etwas zu besichtigen, an das sie sich erinnerten, aus einer Zeit, als sie jünger gewesen waren und die Serie zusammen gesehen hatten. Peyton gibt es heute nicht mehr in der Serie. Hilarie und Chad Michael Murray haben es beide nicht in die jüngste Staffel geschafft. Vertragsstreitigkeiten, wie es hieß. Chad hat in einer wilden Vermischung von Leben und Kunst ein Mädchen von einer örtlichen Highschool geheiratet, der New Hanover High, die nur ein paar Meter die Straße runter liegt. Als sie sich kennenlernten, war das Mädchen noch Schülerin. Chad musste mit der Hochzeit warten, bis sie volljährig war. Einmal, als wir eines Abends vor einem Dreh etwas zu spät das Haus verließen, hatten wir ihn im Vorgarten gehört, wie er ihr am Handy Tipps für den Hochschulzulassungstest gab.
    Hilarie ist immer noch in Wilmington, sie hat eine eigene Produktionsfirma, Southern Gothic. Letztes Jahr haben wir sie in einem richtigen Film gesehen, Provinces of Night, nach einem Buch von William Gay. Val Kilmer hat auch mitgespielt. Hilaries Part war der eines »oft bewusstlosen Junkies«, und sie machte ihre Sache gut. Sie kann schauspielern. Sie wird ihren Weg gehen.
    Die Mädchen wollten den Keller sehen – sie erinnerten sich gut an die Abschlussballfolge –, aber ich sagte nein. Als Wiedergutmachung fotografierte ich sie.
    Nachdem sie weg waren, ging ich mit meiner fast fünfjährigen Tochter durch den Flur zurück. Sie ist ein entzückendes Kind geworden. Hat einen kleinen, braunen Helm aus weichem Haar und erinnert mich an das Marsmännchen aus der Serie Looney Tunes  – Sie wissen schon, der »Illudium PU -36 Explosive Space Modulator«. Nur hinsichtlich der Silhouette natürlich. Außerdem schreitet sie äußerst bedachtsam durch die Gegend.
    »Daddy«, fragte sie, »warum wollten die Mädchen unser Haus sehen?«
    »Erinnerst du dich, dass ich dir erzählt habe, dass unser Haus mal in einer Fernsehserie war?«
    »Ja.«
    »Diese Mädchen mögen die Serie und wollten sich ansehen, wo sie gemacht worden ist.«
    Sie blieb stehen.
    »Ist unser Haus immer noch im Fernsehen?«, wollte sie wissen.
    »Na ja«,

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