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Pulphead

Pulphead

Titel: Pulphead Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Jeremiah Sullivan
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empfand, dieses Geschöpf mit all seinen Warnstufen, Überlebensausrüstungen und dem ganzen Quatsch, mit dem es einem ständig in den Ohren liegt, während es mit der linken Hand Atombomben baut und Kriege anzettelt, aus meiner Vorstellungswelt verbannt zu haben. Ich führte mir vor Augen, dass die permanent drohende Katastrophe das Menschsein ausmacht und dass das eben der Preis ist für den Besitz von Bewusstsein, weshalb ich beschloss, ab jetzt unbeschwerter zu leben und mir von niemandem vor der Zukunft Angst machen zu lassen, denn in Wahrheit ist zu sterben ja das Schlimmste, was einem passieren kann, und der Tod kommt so oder so, da kann man sich noch so sehr sorgen und bemühen. Es ist also schlichtweg unvernünftig, nicht einfach nur zu denken: Scheiß drauf. Man muss nicht gleich den ganzen Tag Nelkenzigaretten rauchen oder in Hafenspelunken ungeschützten Sex mit Transen haben, aber genauso wenig muss man diesen Dingen abschwören, wenn man sich mit ihnen besonders lebendig fühlt. Was ich sagen will: Nur Mut! Damit – und auch nur damit – liegt man eigentlich nie falsch. Solcherlei Gedanken hatten eine derart erbauliche Wirkung auf mich, dass ich mich in der Hoffnung, Ihnen die Beschwer
lichkeit Ihres Weges zu erleichtern, richtiggehend darauf freute, sie mit Ihnen zu teilen.
    Dann stellte man mir einen Menschen namens Marcus Livengood vor.
    Good day, sunshine.
     
    Eine Frage, die in letzter Zeit an den besseren Biologieinstituten heiß diskutiert wurde, ist die: Wenn wir uns immer breiter machen und ständig noch größere Teile des Planeten roden, abbrennen, verschmutzen, besetzen und dazu bringen, zu heiß, zu trocken oder sonstwie ungeeignet für wild lebende Tiere zu werden – führt das nicht unausweichlich dazu, dass es häufiger zu Begegnungen zwischen Menschen und Restbeständen wirklich wild lebender Fauna kommt? Welche Folgen hat das, und zwar nicht nur für uns, sondern auch für sie? Nach welchen Veränderungen, Anpassungen und Reaktionen sollten wir bei den Tieren selbst Ausschau halten, jetzt, wo der Druck dieses globalen biologischen Endspiels bei einzelnen Lebewesen ankommt? Ich denke hier nicht an minimale evolutionäre Entwicklungsschritte bei existierenden Arten, sondern an stressbedingte Verhaltensänderungen, die sogenannte »phänotypische Plastizität«. Wir wissen, dass das bei diversen Tiergruppen vorkommt, auch wenn es selten beobachtet wird. Oder besser: selten beobachtet wurde. Heute scheinen solche Veränderungen im Verhalten plötzlich überall aufzutreten, wie selbst sporadische Zuschauer von Naturdokumentationen bezeugen können. Quer durch alle möglichen Arten und Habitate müssen wir feststellen, dass Tiere – pauschal gesprochen – plötzlich Sachen machen, die wir bislang nicht von ihnen kannten.
    Ich rede ein bisschen um den heißen Brei herum, weil sich beim Schreiben über dieses Thema ein hoffentlich nachvollziehbares Unbehagen einstellt, schließlich schreit die ganze Sache förmlich nach Quacksalberei und Naivität. Darüber hin
aus sollte mittlerweile klar geworden sein, dass ich keinen Gefallen daran finde, Leute in Angst und Schrecken zu versetzen. Folgendes aber kann ich Ihnen sagen: Diese Sache ist kein Humbug, und vernünftigen, informierten Menschen fällt es eher schwer als leicht, sie unter den Tisch zu kehren. Sie werden – da kann die kleine Gemeinde der Forscher, Analytiker und Blogger, die sich bislang dazu geäußert und erste Schritte unternommen hat, ihre Dimensionen zu kartieren, noch so zurückhaltend und unbekannt bleiben – in den nächsten zehn, zwanzig Jahren sehr viel mehr darüber hören. Sogar die Leute am Future of Humanity Institute werden nicht anders können, als dieser Geschichte ihre Aufmerksamkeit zu schenken, selbst wenn sie ihre Ursprünge an Orten nimmt, die – aus der Perspektive der akademischen Welt – recht weit entfernt liegen von den kopfsteingepflasterten Wegen Oxfords.
     
    Centerbrook im Süden Ohios verkörpert den Typ Kleinstadt-College, wie ihn jeder kennt, der im Mittleren Westen aufgewachsen oder zur Schule gegangen ist. Im 19. Jahrhundert wurde es zunächst als Berufsfachschule gegründet, als normale oder technisch orientierte Schule, der ihr universitärer Rang erst über die Zeit zuwuchs, als qualifizierte Akademiker aus dem Nordosten hierher zurückkamen, um sich zur Ruhe zu setzen oder ihre Mutter zu pflegen, und man hier noch einen Fachbereich gründete und da noch einen Professor

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