Pulphead
der Miz, hat er weniger Kalorien). »Du isst irgendwo was, und dann hörst du: ›Der Typ da vorne, genau DER ! Was geht, Alter?‹ Tom Cruise passiert so was nicht. Selbst einem zweit- oder drittklassigen Schauspieler passiert so was nicht. Aber sie denken, dass sie uns kennen, also können sie auch kommen und sagen, was sie wollen . . .«
Fast hätte ich den Miz darauf hingewiesen, dass er für Leute wie mich wahrscheinlich weniger ansprechbar rüberkommen würde, wenn er sich nicht von Clubs wie dem Avalon dafür bezahlen lassen würde, mit uns zu feiern, aber das wäre mir echt arschlochmäßig vorgekommen gegenüber einem Typen, der mir über die Jahre so viel Freude bereitet hatte. Und außerdem stimmten ihm Melissa und Coral zu. Coral war in der Back to New York -Staffel dabei, zusammen mit Miz. Die beiden sind für meine Generation so was wie Ozzie und Harriet, obwohl sie, soweit ich weiß, nie etwas miteinander hatten (zum großen
Ärger von Millionen). Ihre Freundschaft begann wackelig. Eines Morgens beim Frühstück, irgendwann 2001, war das Gespräch auf das altbewährte Thema Weiße und Schwarze gekommen. Dem Miz war herausgerutscht, dass sein Vater in seinem Sandwichladen in Ohio nur ungern Schwarze anstellte, weil die innerstädtischen Schulen dort schlecht und die Schwarzen »begriffsstutzig« seien. Coral – die schwarz, schön und auf eine irgendwie beängstigende Weise intelligent war – fand das nicht so cool. Ihre gnadenlosen Bemühungen, Mike als Idioten dastehen zu lassen (als der er sich sowieso schon fühlte), wurden zum wichtigsten Handlungsstrang der Staffel. Aber dann trafen sich die zwei bei The Real World/Road Rules Challenge wieder, gewannen gemeinsam die erste Staffel, und obwohl sie noch keine gemischtrassigen Drillinge produziert haben, herrscht zwischen ihnen schlicht und einfach echte Zuneigung. Coral sagt »Mikey« zum Miz.
Melissa ist halb Afroamerikanerin, halb Filipina und gesegnet mit einer außerordentlichen Oberlippe, wie man in aller Unschuld nicht umhin kommt zu bemerken. Coral und Melissa sind beste Freundinnen, erzählten sie mir, sie wohnen sogar zusammen. Melissa war in der New-Orleans-Staffel. Sie ist die, der wir alle dabei zusehen konnten, wie sie damals wegen dieser zwielichtigen Sache mit den Vortragsterminen auf Julie losging (unser erster Hinweis darauf, dass The Real World wirklich das echte Leben war). Man kann nicht behaupten, dass sich Melissa und Julie je nahegestanden hätten, vor allem nicht, seit Melissa Julie einmal gebeten hatte, ihr einen Puddingbecher zu reichen, worauf Julie sagt: »Wo ich herkomme, antwortet man auf so eine Frage mit: Sehe ich aus, als wäre ich schwarz?«
Der Miz, Coral und Melissa waren gerade von einem »Vortrag« an der Texas Christian University zurückgekommen. Die drei waren zusammen mit David Burns aufgetreten (ebenfalls ein Real World -Teilnehmer, der am Myrtle Beach eine Bar na
mens Reality Bites eröffnen will, in der nur ehemalige Teilnehmer der Show kellnern – dazu muss ich schnellstens mal erwähnen, dass ich nur ein Stündchen von Myrtle Beach entfernt wohne, den Rest könnt ihr euch denken, Leute).
Jedenfalls, sie machten ihr Ding, teilten ihr Wissen, am Ende war Zeit für Fragen. Das übliche Format. Genauso üblich wie die Fragen, die von den Studenten dann tatsächlich gestellt werden, nämlich: »Kriege ich eine Umarmung?« Der Miz hat sich deshalb angewöhnt, vor dem Frageteil eine Durchsage zu machen. Er sagt: »Hinterher ist noch Meet 'n' Greet , dann gibt's auch Bilder und Umarmungen. Ihr müsst also nicht nach Umarmungen fragen.«
Also, der Frageteil lief ganz okay. Die Zeit war fast rum. Der Miz sagte: »Letzte Frage. Etwas Pikantes.« Und dann steht dieses Mädchen auf und sagt: »Da es ja jetzt keine Bilder oder Umarmungen gibt, wenn ich das richtig verstanden habe, wollte ich fragen, ob du mich vielleicht lecken willst.«
Der Miz starrte vor sich hin, offenbar beschäftigte ihn das. »Ich war wirklich fassungslos«, sagte er. »Das war immerhin die Texas Christian University.«
Ich hätte mir gewünscht, dass der Miz, Coral und Melissa menschlich irgendwie kaputter gewesen wären. Ich habe das vage Gefühl, den Lesern das schuldig zu sein. Ich habe ein paar abartige Sachen über ein paar Leute gesagt, die im Fernsehen zu sehen waren, und ich nehme die auch nicht zurück – aber diese drei kamen mir eigentlich recht normal vor. Und smart. (Okay, smart ist vielleicht nicht die
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