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Puls

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Titel: Puls Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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Magdalena entdeckt zu haben glaubte. Er fürchtete sich davor, was er finden könnte, und ängstigte sich davor, was er vielleicht nicht finden würde. Tom und Jordan zogen sich taktvoll in den Sitzungssaal zurück, in dem noch der Abfall der Flüchtlinge lag, die hier offenbar mehrere Nächte ausgeharrt und auf Rettung gewartet hatten, die aber nie gekommen war.
    Den angepinnten Nachrichten entnahm Clay, dass die Überlebenden zu der Überzeugung gelangt waren, sie könnten auf mehr als nur Rettung hoffen. Sie glaubten, in Kashwak erwarte sie die Erlösung. Warum gerade an diesem Ort, wenn vermutlich in der gesamten TR-90 (bestimmt aber in ihren nördlichen und westlichen Sektoren) kein Handyempfang möglich war? Darüber schwiegen die Notizen am Schwarzen Brett sich aus. Die meisten schienen vorauszusetzen, dass mögliche Leser das ohnehin verstehen würden; es war eindeutig ein Fall von »jeder weiß Bescheid, jeder geht hin«. Und selbst die Verfasser der am klarsten formulierten Mitteilungen hatten offenbar Mühe gehabt, schreckliche Angst und freudige Erregung auszutarieren und unter Kontrolle zu halten; auf den meisten Zetteln stand kaum mehr als: Folgt möglichst rasch der gelben Backsteinstraße nach Kashwak und zur Erlösung.
    Im letzten Viertel des Schwarzen Bretts, halb durch einen Zettel von Iris Nolan verdeckt, die Clay recht gut kannte (sie betreute ehrenamtlich die winzige Stadtbücherei), sah er eine Mitteilung in dem vertrauten runden Gekrakel seines Sohns und dachte: O lieber Gott, ich danke dir. Ich danke dir von ganzem Herzen. Er nahm den Zettel ganz vorsichtig ab, um ihn nicht zu zerreißen.
    Diese Mitteilung trug ein Datum: 3. Okt. Clay versuchte sich daran zu erinnern, wo er am Abend des 3. Oktober gewesen war, schaffte das aber nicht ganz. In der Scheune in North Reading oder im Sweet Valley Inn bei Methuen? Er tippte auf die Scheune, war sich seiner Sache jedoch nicht völlig sicher - alles verschwamm miteinander, und wenn er zu angestrengt darüber nachdachte, erschien es ihm, als wäre der Mann mit den Stablampen an den Schläfen auch der junge Mann gewesen, der mit abgebrochenen Autoantennen herumgefuchtelt hatte, als hätte Mr. Riccardi Selbstmord verübt, indem er Glassplitter verschluckte, statt sich aufzuhängen, und als wäre Alice in Toms Garten gewesen und habe dort Gurken und Tomaten gegessen.
    »Schluss damit«, flüsterte er und konzentrierte sich auf die Mitteilung. Sie war offenbar nicht so hastig verfasst worden wie die erste, aber die Seelenangst, die aus ihr sprach, war unverkennbar.
3. Okt.
    Lieber Dad,
    ich hoffe, dass du lebst & dies hier findest. Ich & Mitch sind heil davongekommen, aber Hughie Darden hat George erwischt, ich glaube, er hat ihn umgebracht.
    Ich & Mitch konnten bloß schneller rennen. Ich dachte, das wäre meine Schuld, aber Mitch hat gesagt woher hättest du wissen sollen, dass er ein Phoner wie die anderen ist dafür kannst du nix. Daddy es kommt noch schlimmer: Mama ist eine von ihnen, ich hab sie heute mit einem der »Schwärme«gesehen. (So werden sie genannt, Schwärme.) Obwohl sie weniger schlimm aussieht als viele andre wuste ich, dass sie mich nicht erkennen sondern mich umbringen würde, wenn ich zu ihr rauslaufe. WENN DU SIE SIEHST DARFST DU DICH VON IHREM AUSSEHEN NICHT TÄUSCHEN LASSEN: TUT MIR LEID, ABER DAS IST WAHR. Morgen oder übermorgen wollen wir nach Kashwak losziehen (das liegt im Norden), Mitchs Mutter ist hier ich könnt ihn umbringen so neidisch bin ich ihm deswegen. Daddy ich weiß, dass du kein Handy hast und alle wissen dass Kashwak ein sicherer Ort ist. Wenn du diese Nachricht liest KOMM BITTE UND HOHL MICH.
    Ich liebe dich von ganzem herzen,
    dein Sohn
    John Gavin Riddell
    Sogar nach der Schreckensnachricht, die Sharon betraf, bewahrte Clay noch die Fassung, bis er zu der Zeile Ich liebe dich von ganzem herzen kam. Selbst dann hätte er sich vielleicht noch beherrschen können, wäre das kleine »h« nicht gewesen. Er küsste die Unterschrift seines zwölfjährigen Sohns, betrachtete das Schwarze Brett mit Augen, die plötzlich unzuverlässig geworden waren - die Zettel verdoppelten sich, verdreifachten sich, verschwammen dann völlig -, und stieß einen heiseren Schmerzensschrei aus. Tom und Jordan kamen herbeigerannt.
    »Was ist, Clay?«, fragte Tom. »Was gibt's?« Er sah den Zettel -ein halbes liniertes Blatt - und zog ihn Clay aus den Fingern. Jordan und er überflogen den Text schnell.
    »Ich muss nach Kashwak«, sagte

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